Leserbriefe : Zehn Autoren, zehn Themen, zehn Meinungen
Meinung Wie die Überschrift schon verrät, gibt es bei den Leserbriefen in der heutigen Ausgabe kein großes Über-Thema. Vielmehr geht es in den Leserbriefen um Laschets Besuch in Moria, den Krieg in Syrien, die Kommunalwahl und vieles mehr.
Peter Mogga aus Stolberg reagiert auf den Kommentar zur Kommunalwahl „Bewährungsprobe bestanden“ von Thomas Thelen:
Ja, die Wahl ist unter diesen Bedingungen, wie üblich in Deutschland, auch ohne Corona, sehr diszipliniert gelaufen. Sogar den zur Verfügung gestellten Kugelschreiber sollte ich aus dem Wahlbüro mitnehmen, damit er nicht gefährlich wird. Daneben aber haben die deutlich mehr zu sehenden Wahlplakate mit wenig aussagekräftigen, kaum lesbaren Inhalten wohl nicht dazu geführt, dass die Wahlbeteiligung sich nach oben entwickeln konnte. Wie Herr Thelen auf eine „ordentliche Wahlbeteiligung“ kommt, entzieht sich mir allerdings bei knapp über 50 Prozent. Allerdings hat er recht, wenn er vom fehlenden „grundsätzlichen Interesse der Menschen an der Politik“ spricht, das wohl bei Kommunalwahlen noch weniger vorhanden ist.
Schließlich ist die Wahlbeteiligung bei Bundestagswahlen in Deutschland noch nie unter 70 Prozent gewesen, 1972 sogar bei über 90 Prozent. Stellt sich die Frage nach der Bedeutung der basisdemokratischen (!?) kommunalen Politik, die nicht wie Bundes- und Weltpolitik jeden Tag über die Fernseh- und Smartphone-Ebenen in dem Maße transportiert wird. Es braucht dringend viel mehr, eventuell andere, beteiligungsorientiertere, bürgernahe neue Formate bis hin zur politischen Bildungsarbeit aus den Rathäusern, Schulen, VHS und Parteien heraus sowie einer intensiveren Basisarbeit an den Haustüren, die übrigens auch in Corona-Zeiten mit Maske möglich war. Parteipolitische Bildungsarbeit vor Ort findet meines Wissens so gut wie gar nicht mehr statt. Wie soll denn eine Vermittlung an die Bürger und ein Diskurs mit den Bürgern erfolgen, wenn ich nicht fit bin, und Leistungen, Ziele, Visionen und Programme aus den Parteien heraus vermitteln kann?
Josef Stiel aus Eschweiler beschäftigt der Bericht „Ein Mekka des Reitsports an 365 Tagen“ zum neuen Projekt „CHIO Aachen Campus“, das der Aachen-Laurensberger Rennverein vorgestellt hat mit den Bereichen Exzellenz, Training, Jugend, Ausbildung, Digitales:
Dem ALRV kann man zu dieser Konzeption nur gratulieren. Die Einrichtungen sind viel zu schade, um nur punktuell genutzt zu werden. Was die Erweiterung in Richtung Gelände Polizeipräsidium angeht, hätte ich für die/den neue(n) Oberbürgermeister(in) und den neuen Rat allerdings einen anderen Vorschlag: Ich bin nämlich der Meinung, dass der Tivoli als Fußballstadion abgewickelt werden sollte. Er könnte vom ALRV übernommen und genutzt werden, unter Umständen nach Umbau oder sogar Abriss und Neubau. Für das Gelände des Polizeipräsidiums aber schlage ich vor, ein kleineres überdachtes Hallenstadion zu bauen, das als Mehrzweckhalle auch von den Ladies in Black genutzt werden kann und ganzjährig für verschiedenste andere Veranstaltungen zur Verfügung steht.
Gerda Reinartz aus Stolberg reagiert auf den Leserbrief von Friedhelm Lynen von Berg aus Aachen zur Umbenennung der „Zigeunersauce“:
Auch mir geht inzwischen das Gezeter in Sachen „Political Correctness“ auf die Nerven. Auch ich kann es bald nicht mehr hören. Wohlgemerkt kann ich locker damit umgehen, dass es nun eine Paprikasoße Ungarische Art gibt – etwas anderes war die „Zigeunersoße“ ja letztlich nie –, aber das daraufhin gleich wieder die Empörung startet, dass sich Knorr eben jener Political Correctness beugt und die schönen alten Namen „wegnimmt“, das geht mir wirklich langsam so auf die Nerven!
Wessen Seelenheil davon abhängt, keine Zigeunersoße oder Negerküsse mehr kaufen zu können, der kann einem nur noch leidtun. Natürlich sind und wurden solche Begriffe nicht unbedingt rassistisch gebraucht, aber manchmal kommt es einfach auch darauf an, wie es beim Betroffenen ankommt und nicht nur, wie es gemeint war.
Was ist so schrecklich für manche Menschen daran, sprachlich ein wenig Empathie walten zu lassen und der modernen Zeit gerecht zu werden? Da bricht doch niemandem ein Zacken aus der deutschen Krone.
Josef Maintz aus Geilenkirchen merkt zum Service-Text „Die häufigsten Irrtümer im Arbeitsrecht“ von Simone Jacobs, Mitglied im Aachener Anwaltverein, an:
Arbeiten ja, aber keine Rechte! Der Artikel bedarf einer wichtigen Ergänzung. Der erwähnte allgemeine Kündigungsschutz greift nach einer Beschäftigungszeit von sechs Monaten. Aber es wurde eine wichtige Einschränkung „vergessen“, die den so gepriesenen Arbeitnehmerschutz stark einschränkt. Dieser benannte Kündigungsschutz gilt nur für Arbeitnehmer in Betrieben, die regelmäßig mehr als zehn Beschäftigte haben. Millionen Mitarbeiter in Kleinbetrieben unterliegen, man staune, keinem Kündigungsschutz, außer, wenn die Kündigung auf einem Formfehler wie zum Beispiel Nichteinhaltung der Fristen oder Willkür, Diskriminierung etc. zurückzuführen ist, was zu beweisen wäre. Eventuell Jahrzehnte gearbeitet, Lohnsteuer- und Sozialversicherung gezahlt, aber im Kündigungsfall schutzlos.
Jeder gesunde Nichtarbeitende, der etwa Sozialleistungen kassiert oder andere, die unberechtigte Bleiberechte wahren wollen, können sich durch alle Instanzen durchklagen, meist auch noch kostenfrei mit Anwaltshilfe. Und oft werden Urteile zu Ungunsten des Klägers von Behörden nicht umgesetzt. Die letzte Regierung Kohl hatte sogar „arbeitnehmerfreundlich“ den Nichtkündigungsschutz für Kleinbetriebe von sechs auf zehn beschäftigte Arbeitnehmer erweitert. Die Beschäftigten in sogenannten Kleinbetrieben dürfen gerne das Bruttosozialprodukt erhöhen. Für Politiker und Gewerkschaften wohl kein Thema. Bei einer fristlosen Kündigung hat jeder Beschäftigte ab Beginn des Arbeitsverhältnisses und unabhängig von der Betriebsgröße jedoch ein Klagerecht, um zum Beispiel eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld 1 zu verhindern.
Herbert Gran aus Eschweiler meint zum Bericht „Das Auto wird klüger als der Fahrer“ über eine schrittweise Einführung von Geschwindigkeitsreglern, die den Wagen automatisch abbremsen:
Mit welchen Zahlen wird da gespielt? In allen EU-Ländern mit Ausnahme der Niederlande gibt’s pro gefahrene Kilometer auf Autobahnen gleich viel oder mehr Verkehrstote als in Deutschland – obwohl hier bei uns auf 80 Prozent der Autobahnen kein festes Tempolimit gilt, anderswo dagegen zwischen 90 und 130 Kilometer pro Stunde! Auf allen anderen Straßen – auch in Deutschland – gilt ohnehin ein Tempolimit. Und dann soll eine Senkung des Tempos um einen Kilometer pro Stunde eine Senkung der Todeszahlen von 25.300 auf 5300 bringen? Wie will die Studie das belegen können? So genau kann die Polizei anhand von Unfallspuren doch gar nicht die gefahrene Geschwindigkeit errechnen. Das ist in meinen Augen nichts als populistische Stimmungsargumentation, um eine weitere Regulierung einzuführen. Einfacher wäre ein simpler technischer Eingriff, der die Bedienung des Smartphones oder des Navis durch den Fahrer unmöglich macht. Denn ständig sehe ich Fahrer, die auf ihren Geräten rumdaddeln, anstatt auf den Verkehr zu achten. Wie viele Unfälle geschehen dadurch? Also: Autos werden nie klüger als die Fahrer, einige Fahrer werden höchstens dümmer.
Peter Schäfer aus Linnich beschreibt seine Erfahrungen anlässlich des Berichtes „Ryanair stoppt Flüge ab Düsseldorf“:
Alle Flüge von Ryanair ab Düsseldorf ab dem 25. Oktober würden gestrichen, und betroffene Kunden bekämen ihr Geld erstattet. So berichten Sie.
So sieht die Erstattungspraxis von Ryanair in Wirklichkeit aus: Den Betroffenen werden auf seitenlangen E-Mails Fluggutscheine schmackhaft gemacht. Am Ende, für den flüchtigen Leser kaum wahrzunehmen, ein Hinweis, wie das Geld zurückgefordert werden kann. Aber einfach ist auch das nicht. Hat man dann die erforderlichen Daten eingegeben, erhält man eine Eingangsbestätigung, das Geld aber noch lange nicht. Zwar ist Ryanair nach EU-Fluggastrechteverordnung 261 (Anm. d. Red.: Hilfe und Informationen gibt es auf einer offiziellen Website der Europäischen Union) zur Zahlung innerhalb von sieben Tagen verpflichtet. Das kümmert den irischen Billigflieger aber wenig. Mindestens zwei Monate vergehen, in denen in regelmäßigen Abständen, ja richtig, die Fluggutscheine angepriesen werden. Begründet wird die lange Zeit mit der „Tausendfachen Menge an Anfragen“ aufgrund der Ausfälle durch das Coronavirus. Für die EDV des Billigflieders wäre sofortige Erstattung jedoch eine Kleinigkeit.
Direkte Kontakte mit Kunden meidet Ryanair wie der Teufel das Weihwasser. Live-Chats, die man nur durch langes Suchen auf einer Roboterseite findet, sind meist fruchtlos. Bei unangenehmen Fragen beenden die Agenten den Dialog, weil angeblich keine Fragen mehr dort ankommen. Erhält man dann nach gut zwei Monaten eine Mitteilung über die erfolgte Erstattung, vergehen weitere zwei Wochen bis zum Geldeingang auf dem Kreditkartenkonto. Wer also mit Ryanair ab Düsseldorf gebucht hat, kann sich auf eine lange Wartezeit einstellen.
Rolf Janßen aus Würselen antwortet auf den Leserbrief von Thomas Kohnen aus Aachen zum Thema Kohleausstieg und regenerative Energien:
Der in diesem Leserbrief angeschlagene Ton ist nicht hinnehmbar! Zuerst wird die Person von Herrn Dr. Helmut Alt diffamiert und dann werden seine Aussagen nicht in den Mittelpunkt einer Diskussion gestellt.
Was hat eine Prognose mit dem Wissen um eine gesicherte Stromversorgung zu tun? Ist dem Verfasser überhaupt bekannt, dass das „alte Wissen“ des Herrn Dr. Helmut Alt auch heute noch weltweit die Grundlage der Stromversorgung ist und auch nach wie vor so gelehrt wird? Die von den Herren Ampère, Kirchhoff, Ohm und Volta im 19. Jahrhundert geschaffenen Berechnungsgrundlagen zu den Physikgesetzen gelten bis heute. 8760 Stunden gesicherte Stromversorgung pro Jahr verdanken wir diesem Basiswissen. Eine ausschließlich regenerative Energieversorgung könnte nur mit der Möglichkeit von Speicherkapazität gewährleistet werden, die allerdings den Strompreis maßgeblich stark ansteigen ließe.
Peter Huss aus Inden äußert sich zum Krieg in Syrien:
Am Bürgerkrieg haben sich viele Länder mit Kämpfern, Waffen, Geld sowie ideologischer und religiöser Unterstützung beteiligt. Jetzt, da sich der Krieg dem Ende zuneigt, sollten sich die gleichen Förderer bei der Übernahme der Flüchtlinge und bei den Kosten für den Wiederaufbau Syriens engagieren. So sollte es laufen, nicht anders!
Horst Zimmermann aus Heinsberg hat sich Gedanken um die Glaubwürdigkeit der Politiker gemacht:
Nichtwissen schützt vor Strafe nicht. Willy Brandt zeigte Größe, als er in der Guillaume-Affäre die persönliche Verantwortung übernahm und als Bundeskanzler zurücktrat. Diese Geste stärkte die Demokratie und die Glaubwürdigkeit der Politiker.
Viele Spitzenpolitiker, Spitzenmanager und Leiter von Behörden weisen oft die persönliche Verantwortung mit Nichtwissen und Versprechungen von lückenloser Aufklärung und Verbesserungen in der Sache zurück, bis man einen Schuldigen als „Bauernopfer“ präsentiert, siehe „Wirecard“-Affäre durch Minister Olaf Scholz oder im Diesel-Skandal bei Spitzenmanagern.
Auch der Tönnies-Skandal zeigt erschreckend, wie solche Fälle behandelt werden. Die Machenschaften bei Tönnies müssen geahndet und dürfen nicht vertuscht werden, wie die Handhabungen im Baugewerbe, den Banken, der Autoindustrie und in der gesamten Fleischindustrie. Die Politik greift hier nicht konsequent mit einer klaren Gesetzgebung durch.
Meiner Meinung nach hat Herr Tönnies eine Gesetzeslücke genutzt und nichts Illegales getan. Eine moralische Schuld belastet ihn aber. Banken, Industrie und Überwachungsbehörden tragen entscheidendes Mitverschulden an einem Sumpf von möglicher Korruption. Nicht grundlos erhalten Politiker Beraterverträge oder sitzen in den Aufsichtsräten. „Too big to fail“ darf nicht Fehler von Führungskräften legalisieren, sondern ist eine entscheidende Aufforderung, alles zu unternehmen, um diese Firma und die Arbeitsverhältnisse nachhaltig zu sichern.
Es gilt, wieder Vertrauen zu unseren Politikern aufzubauen und sie gegen Vorwürfe von Korruption zu schützen. Ideologiefrei und über die Parteigrenzen hinweg müssen nachhaltige und eindeutige Gesetzeslagen geschaffen werden.
Glücklicherweise haben wir genügend aufrichtige Politiker, die unser Vertrauen genießen und fähig sind, um geduldete Sümpfe auszutrocknen.
Horst Ziegahn aus Erkelenz befasst sich mit dem Text „Aufschrei der Verzweifelten“ über NRW-Ministerpräsident Armin Laschets Besuch im Flüchtlingslager in Moria:
Das war doch wieder einmal ein original Laschet: Nach seinem Besuch in Moria bekundete Laschet sein Entsetzen und Bedauern über die Zustände in dem Flüchtlingslager, wie so viele seiner Politikerkollegen, wobei man anschließend auf den Einsatz für eine Änderung der Zustände vergeblich wartete. Nachdem das Lager durch Brandstiftung zerstört wurde, stellte Laschet sich vor die Kameras und verkündete lauthals, dass NRW 1000 Flüchtlinge aufnehmen würde. Oha! Was ist das für eine konkrete Zusage?
Doch die Ernüchterung kam sofort im nächsten Satz: „Wenn es eine gemeinsame Lösung der Flüchtlingsproblematik in der EU gibt.“ Dass diese Lösung in den Sternen steht, weiß auch Laschet. Seit 2015 wird in der EU angeblich nach einem gemeinsamen Abkommen zur Flüchtlingsproblematik gerungen – es ist aber keine Einigung in Sicht. Und so kann Laschet sich vor die Kameras stellen und die Aufnahme von 1000 Flüchtlingen propagieren, denn er weiß: Dazu wird es ja nicht kommen ...