Baesweiler : Winzige Eisenpartikel entlarven üble Viren
Baesweiler Die Zahlen schwellen weiter an: Schweinegrippe - und kein Ende in Sicht! Was bei Betroffenen körperliche Qualen auslöst und fürs medizinische Personal beruflicher Stress bedeutet, wirkt für die Baesweiler Firma Chemagen AG als „Konjunkturspritze” - und damit als guter Umsatzträger.
Das 25-köpfige Team um den Vorstandschef Lothar à Brassard bietet, wie berichtet, mittels chemischer Substanzen und automatisierter Verfahrenstechnik einen essentiellen Schritt, um den Schweinegrippe-Erreger H1N1 auf der Basis der Erbinformationen bereits nach etwa 40 Minuten zweifelsfrei zu entlarven.
Nachfrage verdoppelt
Große ärztliche Diagnostik-Labors greifen gerne auf das Know-how der im Internationalen Technologie- und Service-Center (ITS) ansässigen Firma zurück. Die Nachfrage habe sich in den letzten Monaten verdoppelt, betont der promovierte Chemiker à Brassard mit Blick auf die Ausbreitung der Schweinegrippe.
Aber nicht allein deren Erreger reagieren auf die Testsubstanzen und Separationstechnologie von Chemagen. Mit deren Anwendungen kommen genauso heimtückische Krankheiten wie HIV, Noroviren - sie lösen Erbrechen und Durchfall aus - sowie Adenoviren, die Erkrankungen der Atemwege verursachen, Hepatitis und andere üble Virustypen ans Licht.
Auch die in herbstlich-trüber November-Witterung steigende Zahl „normaler” Influenzafälle, der „echten Grippe”, wird dank „Chematic Magnetic Separation” - einer Abtrennung mit Magneten - sicher ermittelt.
Vor zwölf Jahren hatte à Brassard Chemagen gegründet. Seit 1998 ist die AG in Baesweiler ansässig. Im ITS auf mehrere Bauabschnitte verteilt, hat Chemagen längst den Bau eines neuen Firmendomizils am nahen Carl-Alexander-Park, der zum Anziehungspunkt für „Life Science” - Lebenswissenschaften - werden soll, ins Auge gefasst.
Tests auf Schweinegrippe werden in Arztpraxen meist als Abstrich der Nasenschleimhäute genommen. Die per Wattestäbchen gesicherte Probe wandert ins Labor, das unter Aufsicht des renommierten Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) steht.
Einschließlich des Transports liegt das positive oder negative Testergebnis der gewünschten DNA- oder Nukleinsäure-Isolierung nach spätestens vier Stunden dem Mediziner vor, der die Probe eingesandt hat.
Das Chemagen-Verfahren findet Beachtung in der Welt. In den USA entstand ein Vertriebsstützpunkt. Auch in Südkorea ist die Baesweiler Methode stark gefragt.
Lothar à Brassard ist Mehrheitseigner der Chemagen AG. Die Aachener Beteiligungsgesellschaft Intelligent Venture Capital hält die übrigen 49 Prozent. Deren Finanzkraft soll dazu beitragen, weitere lukrative Märkte insbesondere in Europa zu erschließen.
„Für uns gibt es noch viele Möglichkeiten”, sagt à Brassard. Denn jede Erkrankung gehe auf eine genetische Information zurück, sei es Krebs, aber auch der Herzinfarkt, macht der Chemiker deutlich.
Die Chemagen AG als glänzender Imageträger der Region: Ab nächsten Herbst will die Aachener Gesellschaft für Innovation und Technologietransfer (Agit) in ICE-Zügen der Deutschen Bahn mit dem Baesweiler High-Tech-Unternehmen für den Standort werben. Motto der Kampagne: „Wussten Sie schon, dass...”
Das Chemagen-Verfahren ist vielfältig einsetzbar: bei Abstrichen von Plasma, Blut, Urin und Stuhlproben - ein großer Vorzug.
Die Analysemethode gewährleistet rasches, zuverlässiges Bearbeiten großer Probenmengen, gerade im Augenblick wegen der Schweinegrippe. Maximal 96 Proben schafft ein Separationsroboter von Chemagen parallel, 500 täglich.
Ein starker Elektromagnet magnetisiert je nach montiertem Separationskopf bis zu 96 Stahlnadeln. Ein Tausendstel Millimeter Durchmesser kleine Eisenpartikel werden von den Nadeln angezogen. An der Partikeloberfläche können Nukleinsäuren des Probenmaterials effizient anbinden. Damit wird die Erbinformation des Virus etwa aus dem Blut des Patienten isoliert.
Ebenso bei Blutspendediensten, aber auch bei kriminaltechnischen Analysen der Polizei von Täterspuren kann Chemagen exzellente Ergebnisse liefern.