3G am Arbeitsplatz : Wenn der Kollege den Corona-Test überwacht
Aachen Wer zur Arbeit will, muss geimpft, genesen oder getestet sein. Die Unternehmen müssen das kontrollieren – was einigen Aufwand mit sich bringt. Eine Umfrage in der Region.
Seit dem vergangenen Mittwoch gilt auch am Arbeitsplatz bundesweit die 3G-Regel: Arbeitgeber dürfen Beschäftigten laut Infektionsschutzgesetz nur Zugang zu Betrieben gewähren, wenn diese geimpft, genesen oder getestet sind. Geimpfte und Genesene müssen am Arbeitsplatz ihren Status belegen – etwa mit dem gelben Impfpass, per Impfzertifikat über eine App oder Genesenennachweis. Ungeimpfte, die nicht von zu Hause arbeiten können, müssen einen tagesaktuellen Test oder einen maximal 48 Stunden alten PCR-Test vorlegen. Arbeitgeber müssen die 3G-Regel laut Gesetz täglich kontrollieren und auch dokumentieren.
Klar ist: Es sind nicht die Impf- oder Genesenenzertifikate, die den Betrieben die meiste Arbeit bescheren, sondern Tests bei Ungeimpften. „Das Ganze zieht bei uns einen ziemlichen organisatorischen Aufwand nach sich, weil wir eigenen Mitarbeitern die Möglichkeit geben wollen, sich im Werk zu testen – zumal die Öffnungszeiten von Testzentren häufig nicht zu den Schichtzeiten im Vollkonti-Betrieb passen“, berichtet Alexander Stern, Geschäftsführer der Papierfabrik Schoellershammer in Düren. Also wurden Mitarbeiter geschult, um Selbsttests unter Aufsicht abzunehmen. Und es wurde genau festgelegt, welcher Mitarbeiter bei welchem Kollegen den Test durchführt.
Gereon Frauenrath, Geschäftsführer der A. Frauenrath Bauunternehmen GmbH in Heinsberg, begrüßt die Einführung der 3G-Regel am Arbeitsplatz, „um unsere Mitarbeiter*innen besser schützen zu können“, wie er sagt. „Es ist zunächst organisatorischer Aufwand notwendig, aber anschließend hat sicher jeder ein sichereres Gefühl.“ Bei Frauenrath verlaufe die Kontrolle „abteilungsweise digital über die Vorgesetzten ohne externe Hilfe“, erklärt der Geschäftsführer.
Ein firmeninternes Kontrollsystem dürfte die Regel sein. Wobei Wilfried Haas, Juristischer Referent bei den Vereinigten Unternehmer-Verbänden (VUV) Aachen, von Mitgliedsunternehmen berichtet, die auf die Idee gekommen sind, beschäftigungslose Türsteher für die Abnahme der Coronavirus-Tests anzuheuern. Auch sei mancherorts der Einsatz von technischen Hilfsmitteln wie Scannern diskutiert worden. Haken dabei: „Die Hersteller dieser Geräte haben aktuell Lieferzeiten bis Januar“, berichtet Haas.
Schoellershammer will bei der 3G-Kontrolle zunächst ohne externe Hilfe auskommen. „Wir haben aber auch die Möglichkeit in Betracht gezogen, einen Wachdienst mit eigenem Container zu beauftragen. Dann wird es empfindlich teurer als die Kosten für die Tests, die wir ja ohnehin schon übernehmen“, berichtet Alexander Stern.
Bei der Elteba Elektrotechnik-Elektrobau GmbH in Heinsberg hat man sich dagegen entschieden, eigene Corona-Tests anzuschaffen. Die wenigen Ungeimpften müssen daher vor Dienstbeginn ein Testzentrum aufsuchen. „Wir hoffen, dass sich die ungeimpften Mitarbeiter aufgrund des erhöhten Aufwandes in nächster Zeit zu einer Impfung bereiterklären“, sagt Geschäftsführer Guido Randerath. Einige seien über die neue Regel anfänglich überrascht gewesen, jetzt klappe die Kontrolle ohne großen Aufwand. Auch der Elteba-Chef begrüßt 3G am Arbeitsplatz „zum Schutz unserer Mitarbeiter und zur Motivation der noch nicht Geimpften“.
Aber wie funktioniert 3G bei einem riesigen Apparat mit zig Standorten und Tausenden Mitarbeitern, wie etwa der RWTH Aachen? „Die Hochschuleinrichtungen übernehmen die Kontrolle der 3G-Regelung eigenständig“, erklärt Renate Kinny von der RWTH-Pressestelle. Durch den Krisenstab der Hochschule seien „Vorlagen und Hilfestellungen zur Umsetzung“ bereitgestellt worden. Man habe seit der Einführung keine negativen Auswirkungen der neuen Regel beobachtet, sagt Kinny.
Generell sei es noch zu früh für eine Bewertung, was durch die 3G-Kontrollen auf Arbeitgeber zukommt, sagt der Jurist Haas. Jedes Unternehmen müsse seine individuelle Lösung finden. „Ein 15-Mann-Betrieb kann das natürlich leichter bewerkstelligen“, sagt Haas. Doch auch in kleinen Betrieben müsse etwa der Datenschutz gewährleistet werden. „Man kann nicht einfach den Pförtner beauftragen, diese persönlichen Daten abzufragen“, sagt er.
Und dann ist ja da noch die Frage, wie der Text der Verordnung eigentlich exakt zu deuten ist. Muss die Kontrolle vor Arbeitsbeginn erfolgen – was unter dem Aspekt des Infektionsschutzes natürlich logisch wäre? Oder reicht es aus, wenn der Vorgesetzte den 3G-Status im Laufe der Arbeitszeit überprüft? „Der Text liefert hier leider keine Eindeutigkeit“, sagt der VUV-Rechtsexperte.
Bei Schoellershammer sind von 260 Mitarbeitern 14 nicht geimpft, was eine Impfquote von rund 95 Prozent bedeutet. Einem Mitarbeiter sei das tägliche Testen zu aufwendig gewesen, also habe er sich kurzfristig am Anfang der Woche impfen lassen, erzählt Alexander Stern. Und zwei Mitarbeiter empfänden die Nasentests unangenehm und hätten lieber einen Spucktest. „Da kommen wir dann langsam mit unserer Geduld an die Grenzen“, gibt der Schoellershammer-Geschäftsführer zu.
Eine Kuriosität ist, dass Arbeitgeber zwar seit einer Woche die 3G-Regel kontrollieren sollen, aber per Gesetz den Impfstatus ihrer Mitarbeiter nicht abfragen dürfen. „Die Geimpften haben auf freiwilliger Basis einen Nachweis eingereicht“, sagt Alexander Stern. Mit dieser auf Frewilligkeit beruhenden Abfrage dürften sich viele Unternehmen aus der Bedrouille befreit haben. Auch Stern würde sich wünschen, dass er den Impfstatus seiner Mitarbeiter künftig ganz offiziell abfragen dürfte. „Ohne geht es eigentlich organisatorisch gar nicht“, findet er. Auch Gereon Frauenrath und Guido Randerath bejahen die Frage, ob sie sich diese Möglichkeit wünschen würden.
Ob sich die Firmenchefs auch eine Impfpflicht wünschen? Gereon Frauenrath plädiert dafür. „Wir denken nicht, dass sich in unserer Branche an sich eine Impfpflicht begründet“, sagt Guido Randerath. „Jedoch würde eine Impfpflicht uns allen wahrscheinlich den geschäftlichen und privaten Ablauf deutlich erleichtern und die persönliche Sicherheit deutlich erhöhen.“
Eine Impfpflicht sollte sehr gründlich abgewogen werden, sagt Alexander Stern. „In den Gesprächen stellen wir fest, dass einige echte Angst vor der Impfung haben und sich ansonsten an die Corona-Regeln halten. Es geht also nicht immer um Fundamentalwiderstand. Diese Leute würde ich – auch vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels – ungern verlieren oder sie im Worst Case einer Radikalisierung überlassen. Die Politik habe an dieser Stelle sicher keine leichte Aufgabe. „Ich hoffe, dass letztendlich ein positiver gesellschaftlicher Diskurs entsteht, der im Ergebnis eine bessere Immunisierung hat.“