Steuerratgeber : Was zählt zu den „haushaltsnahen Dienstleistungen“?
Service Beim Bundesfinanzhof ist ein Verfahren anhängig, das viele Haushalte betrifft. Das Urteil dürfte deshalb von großer Wirkung sein. Unsere Kolumnistin Ruth Bohnenkamp erklärt, worum es geht.
Sind die Kosten für Müllabfuhr und Abwasserentsorgung absetzbar? Diese Frage betrifft rund 41 Millionen Haushalte in Deutschland und liegt jetzt beim Bundesfinanzhof (BFH) zur Beantwortung vor (Az. VI R 8/22). Ohne eigenes Kostenrisiko können Sie sich an das Verfahren anhängen. Sie profitieren dann automatisch mit, falls die Münchner Richter ein steuerzahlerfreundliches Urteil fällen sollten.
Zum Hintergrund:
Steuerlich geht es um haushaltsnahe Dienstleistungen, die das Finanzamt mit 20 Prozent der Aufwendungen bis zu maximal 4.000 Euro pro Jahr fördert. Vorausgesetzt, dass die Dienstleister offiziell gegen Rechnung arbeiten. Aber was zählt zu den Tätigkeiten, für die es eine Steuerermäßigung gibt?
Der Begriff „haushaltsnahe Dienstleistung“ ist gesetzlich nicht näher definiert. Daher müssen immer wieder Gerichte bis zur letzten Steuerinstanz klären, ob ein Aufwandsposten, der mit dem privaten Wohnen in irgendeiner Art und Weise in Zusammenhang steht, steuerlich absetzbar ist oder nicht. Klar ist: Wer Hilfen beim Einkaufen, Kochen, Putzen und ähnlichen Arbeiten bis hin zur Gartenpflege in Anspruch nimmt, die gewöhnlich von Mitgliedern der Haushaltsgemeinschaft erledigt werden, wird gefördert. Aber gilt das auch für die Müllabfuhr und Abwasserentsorgung?
Im Streitfall, über den nun der BFH abschließend entscheiden muss, hatte ein Ehepaar mit Eigentumswohnung Handwerkerarbeiten sowie Aufwandsposten aus der Hausgeldabrechnung, die der Verwalter erstellt hatte, in der jährlichen Einkommensteuererklärung angegeben. Das Finanzamt forderte daraufhin Nachweise über die nicht näher erläuterten Aufwendungen in der Hausgeldabrechnung. Es stellte sich heraus, dass es um Aufwandsposten für die Entsorgung von Kompost, Restmüll sowie Niederschlagswasser ging.
Lediglich die Entsorgung des Komposts erkannte das Finanzamt schließlich an. Die Abfallentsorgung bestehe schwerpunktmäßig nicht im Einsammeln des Mülls am Haus, sondern erfolge an der Abfallentsorgungsanlage des Kreises, also außerhalb des Haushalts. Dort würde der Müll sortiert, verwertet, umweltverträglich entsorgt, so die Begründung des Finanzamts für die Ablehnung der Kosten. Ähnlich die Argumentation zu den Kosten der Abwasserentsorgung, die nicht im Haushalt der Klägerin erfolgt sei, sondern in der öffentlichen Kanalisation bzw. den Kläranlagen.
Die Frau, deren Ehemann in der Zwischenzeit verstorben war, erhob Klage vor dem Finanzgericht Münster, wo sie dann ebenfalls unterlag (Az. 6 K 1956/21 E). Allerdings ließ das Gericht die Revision zum Bundesfinanzhof zu, weil die Frage noch nicht höchstrichterlich geklärt sei, viele Steuerzahler betreffe und daher grundsätzliche Bedeutung habe.
Letztlich geht es bei nahezu allen Streitfragen zu dem Thema um die Unterscheidung, ob die Arbeit innerhalb oder außerhalb des Haushalts erfolgt ist. Aber wo genau ist die Grenze für die Förderung zu ziehen? Das Finanzgericht Münster setzte sich seitenlang mit dem Sinn und Zweck der Steuerermäßigungsvorschrift auseinander. Hauswirtschaftliche Tätigkeiten, die der Staat habe fördern wollen, seien insbesondere solche, die üblicherweise zur Versorgung der dort lebenden Familie erbracht würden.
„Haushaltsnah“ im Sinne des Gesetzes seien daher solche Tätigkeiten, die gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts bzw. Dienstleister, die an deren Stelle träten, erledigt würden und außerdem in regelmäßigen Abständen anfielen. Selbst das Herausrollen der Mülltonnen, eine Tätigkeit, die bei Wohnungseigentümern nach ständigem Streit über den Müllplan nicht selten an externe Dienstleister abgegeben wird, würde steuerlich nicht gefördert, so auch das Gericht, da diese Tätigkeit ein untergeordneter Bestandteil der „Müllentsorgung“ sei, die außerhalb des Haushalts erfolge (siehe FG Köln, Az. 4 K 1483/10 u.a.).
Nun ist die höchste Steuerinstanz gefragt, die Streitfrage abschließend zu klären. Tipp: Geben Sie die Aufwandsposten in Ihrer Steuererklärung an. Lehnt das Finanzamt die Kosten ab, legen Sie Einspruch ein (auch elektronisch über Elster möglich), berufen Sie sich auf das Revisionsverfahren beim BFH, Az. VI R 8/22 und beantragen Sie das Ruhen des Verfahrens. Sie können dabei nichts verlieren. Aber gewinnen, falls das Münchner Steuergericht zugunsten der Klägerin entscheidet.