Eigenheim : Warum beim Immobilien-Teilverkauf die Nachteile überwiegen
Analyse Aachen Das Haus ist abbezahlt, aber nun fehlt Geld. Dafür scheint es eine einfache Lösung zu geben: den Teilverkauf der eigenen Immobilie. Wir erläutern, warum bei diesem Modell die Nachteile überwiegen.
Das Haus ist abbezahlt, die Kinder sind ausgezogen, aber für einen altersgerechten Umbau der Immobilie fehlen die Rücklagen. Oder das Geld reicht nicht, um die alte Öl- oder Gasheizung gegen eine Wärmepumpe zu tauschen. Vielleicht fällt die Rente sogar so gering aus, dass sich der gewohnte Lebensstandard im Ruhestand nicht halten lässt. Für solche Fälle scheint es eine einfache Lösung zu geben: den Teilverkauf der eigenen Immobilie. Wir erläutern, warum bei diesem Modell die Nachteile überwiegen.
Wie funktioniert der Teilverkauf?
Ein Unternehmen erwirbt vom bisherigen Alleineigentümer einen Teil der Immobilie – meist zwischen 20 und 50 Prozent. Dafür zahlt die Firma den vereinbarten Kaufpreis. Dieses Geld steht zur freien Verfügung. Im Grundbuch wird nicht nur der Teilverkauf eingetragen, sondern auch ein lebenslanges Wohn- oder Nießbrauchrecht zugunsten des Verkäufers. Er kann seine Immobilie also wie gewohnt selbst nutzen oder – zum Beispiel nach dem Umzug in ein Seniorenheim – auch vermieten. Die kompletten Mieteinnahmen stehen dem bisherigen Alleineigentümer zu.
Wer bietet dieses Modell an?
Der Immobilien-Teilverkauf ist noch nicht lange auf dem Markt und wird stark beworben. Zu den Anbietern gehören Firmen wie Wertfaktor, Heimkapital, Hausanker, Deutsche Teilkauf, Engel & Völkers oder die Volksbank Teilverkauf. Sie wenden sich gezielt an ältere Menschen und versprechen finanzielle Beweglichkeit, um sich zum Beispiel Träume wie das Reisen im eigenen Wohnmobil erfüllen zu können.
Wie sieht die Gegenleistung des Verkäufers aus?
Der bisherige Alleineigentümer zahlt für die Nutzung des verkauften Teils eine Art Miete, meist Nutzungsentgelt genannt. Diese Gebühr beträgt nach Recherchen des Verbraucherportals Finanztip pro Jahr meist zwischen fünf und sieben Prozent des Wertes des verkauften Teils. Beispiel: Werden 50 Prozent eines Hauses, das 400.000 Euro wert ist, verkauft, beträgt die Auszahlung 200.000 Euro. Gilt ein Nutzungsentgelt von fünf Prozent, muss der Verkäufer also monatlich 833,33 Euro Miete für seine eigene Immobilie zahlen. Der ausgezahlte Teilkaufpreis wird binnen 20 Jahren vollständig aufgezehrt. Gerät der Verkäufer mit der Nutzungsgebühr mehr als sechs Monate in Zahlungsverzug, kann der Käufer nach Angaben der Hamburger Verbraucherzentrale das Wohn- oder Nießbrauchrecht löschen lassen und die Immobilie verkaufen.
Welche weiteren Kosten fallen an?
Sind Maßnahmen zur Instandhaltung der Immobilie notwendig, trägt der Verkäufer diese Kosten in der Regel allein, obwohl ihm ein Teil des Hauses oder der Wohnung nicht mehr gehört. Fallen aufwendige Sanierungen an, gewähren die Käufer oft einen Zuschuss, der allerdings auf das Nutzungsentgelt umgelegt wird. Obwohl die Firmen Miteigentümer werden, beteiligen sie sich nicht an der Grundsteuer.
Was bedeutet Wertsicherungsklausel?
Beim Teilverkauf von Immobilien ist im Vertrag meist eine Wertsicherungsklausel enthalten. Das heißt: Wenn die Immobilie später einmal verkauft wird, möchte das Unternehmen nicht nur seinen Kaufpreis zurück, sondern auch von der Wertsteigerung profitieren. Üblich sind Klauseln, die 17 Prozent festschreiben. Ist das Haus aber nicht im Wert gestiegen oder im Preis sogar gefallen, muss der frühere Alleineigentümer mit seinem Anteil am Verkaufserlös dafür geradestehen.
Gibt es für den Verkäufer weitere Nachteile?
Ja. Wenn die Immobilie vom früheren Alleigentümer oder seinen Erben zurückgekauft wird oder an Dritte veräußert werden soll, wird ein sogenanntes Durchführungsentgelt fällig. Nach Angaben des Portals Finanztip liegt diese Gebühr bei 2,25 bis 5,5 Prozent des gesamten Verkaufserlöses. Bezahlen muss dieses Durchführungsentgelt allein der Verkäufer, obwohl ihm nicht die gesamte Immobilie gehört und er nur seinen Anteil vom Kaufpreis bekommt.
Wie bewertet die Finanzaufsicht das Modell?
Die staatliche Finanzaufsicht Bafin warnt vor diesem Modell. „Teilverkäufe werden als schnell, unkompliziert und lebenslang sicher angepriesen. Tatsächlich halten Teilverkäufe nicht, was die Werbung verspricht“, so die Bafin. „Ein Immobilien-Teilverkauf ist für Haus- oder Wohnungseigentümer selten die beste Lösung“, urteilt Thorsten Pötzsch, Exekutivdirektor bei der Bafin. „Er ist riskant und kann teuer werden.“ Aus Verbraucherschutzsicht könne er nur warnen, den „allgegenwärtigen Werbeversprechen für Immobilien-Teilverkäufe blind zu vertrauen“.
Welche Alternativen gibt es?
Gerade im fortgeschrittenen Alter kann es die bessere Entscheidung sein, das alte Haus zu verkaufen und in eine kleinere, günstigere Wohnung zu ziehen. Mit dem Überschuss lässt sich der Lebensabend finanzieren. Möglich ist auch, die Immobilie komplett zu verkaufen und mit dem neuen Eigentümer einen Mietvertrag zu schließen. Die Warmmiete deckt dann alle Kosten ab. Wer sein Haus nicht veräußern möchte und dennoch Geld braucht, sollte über einen Baukredit nachdenken. Es gibt Angebote, bei denen nur Zinsen gezahlt werden. Zurückgezahlt wird der Kredit später, wenn das Haus verkauft oder von den Erben übernommen wird.