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Steuerratgeber: Vom Finanzamt ermittelte Immobilienwerte rechtzeitig überprüfen

Steuerratgeber : Vom Finanzamt ermittelte Immobilienwerte rechtzeitig überprüfen

Wenn das Finanzamt den Wert eines Grundstücks ermittelt, wirft das oft genug Fragen auf. Steuerberaterin Ruth Bohnenkamp erklärt, was dabei zu beachten ist.

Heute geht es um Häuser, Wohnungen, unbebaute Grundstücke und andere Liegenschaften, die im Wege der vorweggenommenen Erbfolge verschenkt oder vererbt worden sind. Genauer gesagt um die Frage, ob eine solche Übertragung Erbschaft- und Schenkungsteuer auslöst.

Um diese Frage beantworten zu können, werden die Immobilienwerte in einem förmlichen Verfahren durch das Finanzamt, in dem das Grundstück liegt, gesondert ermittelt. Die festgestellten Werte, die den Bedachten per Bescheid mitgeteilt werden, sollen in etwa dem Verkehrswert entsprechen, so die Forderung der Karlsruher Verfassungshüter.

Ein aktuelles Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts legt nahe: Hinterfragen Sie die Wertansätze des Finanzamts innerhalb der einmonatigen Einspruchsfrist, die auch für Feststellungsbescheide gilt, und nehmen Sie diese nicht als gegeben hin. Die Werte können aus verschiedenen Gründen zu hoch festgesetzt worden sein, was zu viel bezahlte Erbschaft- und Schenkungsteuer nach sich ziehen würde. Sie können gegen einen fehlerhaften Feststellungsbescheid vorgehen, und zwar rechtzeitig. Wenn die Ein-Monats-Frist abgelaufen ist, ist es für eine nachträgliche Korrektur meist zu spät, so der Tenor der Entscheidung des Hannoveraner Gerichts (Az. 3 K 112/19). 

Zum Sachverhalt des Urteils: Der Kläger und sein Bruder hatten bereits 2012 zu je gleichen Teilen acht kleinere Grundstücke von ihrem Vater mit einer Gesamtfläche von 784 Quadratmeter im Wege der vorweg genommenen Erbfolge erhalten. Das Finanzamt hatte seinerzeit aufgrund der Mitteilung des Notars über den Eigentumswechsel an den Grundstücken einen Feststellungsbescheid über die Werte erlassen in Höhe von insgesamt 174,785 Euro erlassen. Wegen seines persönlichen Freibetrags bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer in Höhe von 400.000 Euro (Übertragung von einem Elternteil) blieb die Schenkung beim Kläger steuerlich zunächst folgenlos.

Dies änderte sich, als der Kläger 2017, also innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums, für den das Finanzamt den Freibetrag gewährt, von seinem Vater 400.000 Euro einer Forderung, die sein Vater gegen ihn hatte, von diesem erlassen bekam und der Forderungsverzicht dem Finanzamt ordnungsgemäß als Schenkung angezeigt worden war. Das Finanzamt addierte dann zutreffend die Hälfte der 2012 erhaltenen Schenkung, also 87.392 Euro hinzu. Bei der Summe von 487.392 Euro berücksichtigte es den Freibetrag von 400.000 Euro und ermittelte 87.392 Euro an steuerpflichtigem Vermögen. Entsprechend der Steuerklasse I berechnete es rund 9600 Euro Schenkungsteuer.

Gegen den Steuerbescheid wehrte sich der spätere Kläger. Seiner Ansicht nach waren die für die kleinen Grundstücke seinerzeit vom Finanzamt festgestellten Werte viel zu hoch. Denn es handelte sich keinesfalls um Baugrundstücke, so die Annahme des Finanzamts, sondern um Zufahrten und Wege. Es dürften dafür lediglich 15 Euro pro Quadratmeter angesetzt werden. Die Werte insgesamt lägen bei 11.760 Euro, wobei die Hälfte auf ihn entfalle. Für 5880 Euro geschenktes Vermögen fielen 406 Euro Schenkungsteuer an (sieben Prozent bei Vermögen bis 75.000 Euro). Damit wiederum war das Finanzamt nicht einverstanden. Die eigens für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer bekannt gegebenen Werte seien bestandskräftig bekannt gegeben worden und daher bindend.

Das Niedersächsische Finanzgericht überzeugte die Begründung des Klägers nicht. Es gab dem Finanzamt Recht und wies die Klage ab. Die Bewertung von Schenkungen und Erbschaften richte sich nach dem Bewertungsgesetz und dies sei hier zutreffend angewandt worden. Zwar werde in der Wissenschaft die Ansicht vertreten, dass bei zusammenzurechnenden Erwerben wie diesen eine Fehlerkorrektur wie vom Kläger gefordert möglich sein müsse. Dies könne aber niemals gelten, so das Gericht, wenn der Feststellungsbescheid schon bestandskräftig sei. Bitter für den Kläger, der rund 10.000 Euro Schenkungsteuer für eine Schenkung bezahlen muss, die seiner Meinung nur halb so viel wert war. Ob es bei diesem Urteil bleibt? In letzter Instanz entscheidet der Bundesfinanzhof, wo der Kläger Revision eingelegt hat (BFH, Az. II R 35/21).

Tipp: Falls Ihr Fall mit dem des Klägers vergleichbar ist, legen Sie Einspruch gegen Ihren Erbschaft- bzw. Schenkungssteuerbescheid ein und berufen Sie sich auf das BFH-Verfahren. Ihr Fall ruht, bis die höchste Steuerinstanz entschieden hat. Gibt sie dem Kläger am Ende Recht, erhalten auch Sie zu viel gezahlte Steuern zurück.