1. Wirtschaft

Lindt-Deutschland-Geschäftsführer: „Verlässlichkeit ist der Schlüssel“

Lindt-Deutschland-Geschäftsführer : „Verlässlichkeit ist der Schlüssel“

Adalbert Lechner, Geschäftsführer Lindt & Sprüngli Deutschland, spricht im Interview über Mitarbeiterzufriedenheit. Für ihn müssen vor allem die Führungskräfte mit gutem Beispiel vorangehen.

Der beliebteste Arbeitgeber in Deutschland: Dass Lindt & Sprüngli in einer Studie des Marktforschungsunternehmens Statista und des Magazins „Stern“ unter deutschlandweit 47.500 Beschäftigten zum Ruf von Arbeitgebern auf Platz eins gelandet ist, hat nach Angaben des Schokoladenherstellers mehrere Gründe. Die Angestellten hätten gute Bewertungen unter anderem zu Themen wie „Es herrscht ein Klima von Fairness und Vertrauen“; „Gute Leistungen werden anerkannt und gelobt“ und „Mein direkter Vorgesetzter trifft klare und nachvollziehbare Entscheidungen“ abgegeben, erklärte Lindt. AZ/AN-Chefredakteur Thomas Thelen sprach mit Adalbert Lechner, Geschäftsführer von Lindt & Sprüngli Deutschland, über das gute Ergebnis und die Rolle moderner Führungskräfte.

Herr Lechner, was macht für Sie einen guten Arbeitgeber aus?

Adalbert Lechner: Entscheidend sind in erster Linie zufriedene Mitarbeitende und ein nachhaltig erfolgreiches Geschäftsmodell. Arbeit, die Sinn stiftet, mit der sich die Mitarbeitenden identifizieren können und ein Betriebsklima, das unpolitisch und ergebnisorientiert ist und die Leistung jedes Einzelnen wertschätzt.

Es heißt, der Fisch stinkt vom Kopf: Was ist in der Führungsetage Ihres Unternehmens passiert, damit es in der Umfrage zu einer derart guten Bewertung kommen konnte?

Lechner: Aus meiner Sicht ist die Verlässlichkeit für Mitarbeitende, die wir durch Kontinuität im Managementteam geschaffen haben, hier der Schlüssel. Vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen allen Abteilungsleitern fördert die Teamarbeit und das „Wir“-Gefühl. Der gemeinsame Nenner hierbei ist die Ergebnisorientierung. Flache Hierarchien und ein direkter Draht zur Belegschaft sind uns wichtig und werden offensichtlich honoriert.

Ein modernes Unternehmen folgt der Philosophie der „flachen Hierarchien“. Was fällt Ihnen spontan zu diesem Begriff ein?

Lechner: Kurz zusammengefasst heißt das: immer in Kontakt mit allen bleiben, offene Türen für alle Mitarbeitenden, aktiv das Gespräch suchen – in der Kantine, bei Firmen­events. Keinen Elfenbeinturm bauen. Die Lindt & Sprüngli Gruppe ist dezentral organisiert – das bedeutet für jeden einzelnen lokal einen großen Gestaltungsspielraum, aber auch hohe Eigenverantwortung und kurze Entscheidungswege.

Die moderne Führungskraft wird von jenen, die das Arbeitsleben längst hinter sich haben, eher kritisch gesehen, nach dem Motto: Die Chefs von heute sind zu verständnisvoll und lassen sich auf der Nase herumtanzen. Ist da etwas dran?

Lechner: Ich bin seit über 30 Jahren Führungskraft und habe meine Aufgabe immer darin gesehen, das Team zum Erfolg zu führen. Das bedeutet, die Stärken und Schwächen des Teams zu kennen und jeden optimal einzusetzen. Dafür ist Interesse an Menschen, Vertrauen und Respekt notwendig. Und die Führungskraft muss Begeisterung für das gemeinsame Ziel entfachen. Dieses Ziel schweißt das Team zusammen und setzt Energie frei – ein Bedürfnis, auf der Nase herumzutanzen, entsteht dann erst gar nicht. Verständnis für die Anliegen der Mitarbeitenden halte ich für eine Stärke unseres Betriebsklimas, das menschlich familiär ist.

Könnte es sein, dass es heutzutage sogar komplexer und schwieriger ist, eine Mannschaft zu führen?

Lechner: Der Wunsch, durch Arbeiten etwas Sinnvolles zu tun und damit Geld zu verdienen, war immer gegeben. Früher spielte das Geld noch eine größere Rolle, heute ist der Sinn für viele wichtiger geworden. Unser Unternehmen bereitet Menschen weltweit Freude mit feinster Schokolade, schafft magische Glücksmomente, wir sind innovativ und unternehmerisch, wir haben eine faszinierende Marke – da ist die Sinnhaftigkeit leicht zu vermitteln – auch für jüngere Menschen. Die Mitarbeitenden sind stolz, für eine Premiummarke wie Lindt zu arbeiten und erhalten von ihrem sozialen Umfeld oftmals positive Rückmeldung. Der Glanz der Marke Lindt ist gleichzeitig für alle Ansporn und Verpflichtung, täglich unser Bestes zu geben und höchste Qualitätsstandards zu verfolgen. Die Stärke der Marke steht auch hinter dem nachhaltigen Erfolg unseres Unternehmens, was den Mitarbeitenden ein Gefühl der Sicherheit vermittelt. Und diese Erfolge zelebrieren wir gemeinsam mit allen Mitarbeitenden, was ein Gefühl der Zugehörigkeit und Verbundenheit mit dem Unternehmen schafft.

Was macht den idealen Chef für Sie aus?

Lechner: Nur wer sich selbst führen kann, kann auch andere führen. Daher muss eine Führungskraft zunächst mit sich selbst im Reinen sein. Man sollte das Leben lieben, an Menschen interessiert sein, begeisterungsfähig, willensstark, zielstrebig und konsequent sein. Und man sollte sich immer treu bleiben, sprich authentisch sein.

Sich einen modernen Anstrich zu geben, ist eine Sache, das, was selbst tatsächlich im eigenen Unternehmen lebt, eine andere: Das Thema Glaubwürdigkeit spielt eine entscheidende Rolle . . .

Lechner: Absolut: Vorbildwirkung ist das wichtigste Führungsinstrument. Das Management muss ja in jedem Unternehmen die Interessen aller Anspruchsgruppen bedienen. Die Mitarbeitenden sind eine davon. Aktionäre, Lieferanten, Kunden, Kommunen und die Gesellschaft sind andere Beispiele für Anspruchsgruppen. Hier muss man die Balance finden, meines Erachtens gehen gute Unternehmensergebnisse immer einher mit hoher Zufriedenheit aller Anspruchsgruppen und erfreulicherweise ist die Mitarbeiterzufriedenheit auch bei hohem Leistungsdruck gut, wenn Erfolge erzielt werden. Als börsennotiertes Unternehmen haben wir sehr anspruchsvolle Ziele. Selbstzufriedenheit und Trägheit haben daher bei uns keinen Platz. 

Gibt es auch Grenzen? Kann es den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in einem Unternehmen auch zu gut gehen?

Lechner: Wenn die Mitarbeitenden zufrieden und die Ergebnisse schlecht sind, dann sollte man etwas ändern.

Letztlich wird ein Unternehmen eine gute Zufriedenheit unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nicht nur durch ein gutes Klima herstellen können. Welche Anreize schaffen Sie im Unternehmen zusätzlich?

Lechner: Das Angebot an freiwilligen Sozialleistungen ist vielfältig: kostenlose Schokoladenpakete und vergünstigter Personalkauf, Betriebsrente, diverse Angebote zur betrieblichen Altersvorsorge, betriebliche Krankenzusatzversicherung mit Arbeitgeberbeteiligung, Jubiläumsgelder, Kantine mit frisch zubereiteten, gesunden Gerichten, Sommerfest (mit Familienangehörigen), Weihnachtsfest, Mitarbeiterportal mit integrierten Rabattangeboten des Handels, Gesundheitsvorsorgeprogramme wie Beratungstage und Rückentraining, eigener medizinischer Dienst im Hause, Jobfahrrad und demnächst Jobticket zu vergünstigten Preisen, aktuell selbstverständlich rigorose Hygienemaßnahmen zum Pandemieschutz, umfangreiche Trainingsangebote und Weiterbildungsmaßnahmen für alle Mitarbeiter – intern und extern, online und offline. Internationale Entwicklungsmöglichkeiten, Jobrotation und vieles mehr.

Mal angenommen, eine Mitarbeiterin liest dieses Interview und wäre an einer Stelle anderer Meinung als Sie, dürfte Sie Ihnen das offen und ehrlich mitteilen?

Lechner: Ich bin sicher, sie würde das machen. Auf unserer Betriebsversammlung wird nicht mit Kritik gespart. Zusätzlich führen wir regelmäßig Mitarbeiterbefragungen durch, um auch anonym seine Meinung äußern zu können.

Wie schafft man Vertrauen?

Lechner: Durch aufrichtige Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit. Ebenso durch ständigen Dialog. Die Führungskräfte müssen für die Mitarbeitenden nahbar und greifbar sein und offen auch über Missstände im Unternehmen und eigene Fehler sprechen. Die Werte des Unternehmens dürfen nicht nur gerahmt an der Wand hängen, sondern müssen täglich gelebt werden.