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Würselen: Unternehmer Kemal Sahin appelliert an EU

Würselen : Unternehmer Kemal Sahin appelliert an EU

Seinen Pass ziert kein Adler. Und doch hat er seinen Erfolg hierzulande begründet. Sein türkischer Familienname heißt übersetzt Falke. Und doch fühle er sich manchmal den Tauben näher.

Sagt Kemal Sahin, Chef der Sahinler Group. Ein Friedensbotschafter, ein Vermittler zwischen den christlich und islamisch geprägten Kulturkreisen möchte er sein, wenn er den Menschen seine Geschichte erzählt. Wie jetzt im Würselener Rathaus.

Bürgermeister Werner Breuer hatte den erfolgreichen Unternehmer eingeladen, den viele Würselener durchaus und gewiss mit Stolz als Sohn ihrer Stadt sehen wollen.

Denn hier legte Kemal Sahin vor 20 Jahren den Grundstein, gründete Santex Moden. Der damalige Bürgermeister hieß Martin Schulz. Heute ist Schulz Europa-Abgeordneter (SPD), trifft Sahin als solcher noch stets regelmäßig, diesmal also gar vor Publikum.

Das lauscht der Geschichte des gebürtigen Anatolen Sahin, der nach Aachen kommt, um Ingenieur zu werden. Der nach dem Abschluss in Deutschland nur als Selbstständiger arbeiten und bleiben darf.

Der bleibt und zunächst Krims-Krams verkauft - und Textilien, immer mehr Textilien. Der Menschen Arbeit gibt, immer mehr Menschen. Knapp 12 000 Mitarbeiter hat seine international agierende Holding heute.

Das Unternehmen steht mit einem Umsatz von rund 1,1 Milliarden Euro jährlich vor dem Sprung in die Top 30 der Textilbranche - weltweit. Sahins Ziel: „Weiter wachsen, neue Märkte erschließen.”

Von Unternehmens- zu Europapolitik: Sahins Heimat, die Türkei, will in die EU. „Ist sie beitrittstauglich?”, fragt Schulz. „Keine Frage”, sagt Sahin.

Das Parlament habe entscheidende Verfassungsartikel geändert, die Mehrheit der Türken wolle den Beitritt.

Und Europa? Schulz provoziert, zitiert die Gegner der Aufnahme in die EU. Ein Blick auf die Alterspyramiden: In 15, in 30 Jahren hätte die Türkei - ein islamisches Land - die meisten Euro-Parlamentarier, die meisten Sitze in den Räten... Wolle Europa das?

Sahin antwortet indirekt, argumentiert anders herum: Europas Bevölkerung schrumpfe, werde älter. Wolle man nicht bedeutungslos werden, müsse man Visionen entwickeln, Veränderungen akzeptieren, Vorurteile abbauen. Die Türkei in der EU, das sei eine große Chance, gerade für Frieden und Aussöhnung der Religionen.

Von gesellschaftlichen Visionen zurück zu wirtschaftlichen Fakten: „Die Türkei”, sagt Sahin, „wird ein riesiges Kauf-Potenzial entwickeln für europäische Güter.”

Gerade weil dort so verhältnismäßig viele junge Menschen lebten. Ein wachsender Absatzmarkt - ein Land, das bei EU-Beitritt eine eigene Dynamik entwickeln würde.

Denn seine Heimat spekuliere nicht auf EU-Subventionen, entgegnet Sahin Skeptikern. Die Türkei brauche Vertrauensbildung. „Der Falke” ist optimistisch, dass „die Adlerträger” dabei entscheidend mithelfen.