Düsseldorf : Thoben warnt vor Blockade von Großprojekten
Düsseldorf Angesichts einer drohenden Verschärfung der Arbeitslosigkeit hat Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsministerin Christa Thoben (CDU) vor einer Blockade industrieller Großprojekte gewarnt.
„Bürgerproteste dürfen nicht dazu führen, dass wir in einer unübersichtlichen weltwirtschaftlichen Lage einen Investitionsstau produzieren”, sagte Thoben am Donnerstag bei der Vorlage des Jahreswirtschaftsberichts der Landesregierung in Düsseldorf. Die schnelle und verlässliche Abwicklung von Investitionsvorhaben sichere Arbeitsplätze.
Thoben kritisierte insbesondere den Widerstand gegen den Bau neuer Kohlekraftwerke und die anhaltende Debatte um die Kohlenmonoxid- Pipeline des Bayer-Konzerns. Die Sorgen der Menschen würden in den aufwendigen Genehmigungsverfahren „so weit es möglich ist” berücksichtigt. „Das muss reichen”, sagte die Ministerin.
Sie kritisierte erneut die EU-Regelungen für den Emissionshandel, die den Bau neuer Kohlekraftwerke erschwerten. In Nordrhein-Westfalen gibt es Proteste und Widerstand gegen zahlreiche geplante oder bereits im Bau befindliche Kraftwerke. In Düsseldorf lehnt auch die örtliche CDU den Bau eines neuen Kohlekraftwerks ab.
Die Arbeitslosenzahl in NRW wird nach Prognose des Rheinisch- Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI) bis zum Jahresende um rund 140.000 auf etwa 866.000 steigen. Das Institut rechnet in seiner Schätzung für den Jahreswirtschaftsbericht mit einem Schrumpfen der NRW-Wirtschaft um zwei Prozent.
Damit würde sich Nordrhein-Westfalen im Konjunktur-Gleichschritt mit dem Bund bewegen. Bei der Prognose seien allerdings die seit Dezember weiter verschlechterten Zahlen und das Konjunkturpaket der Bundesregierung nicht berücksichtigt, sagte der RWI-Konjunkturexperte Roland Döhrn. Das Statistische Landesamt meldete am Donnerstag einen Einbruch der NRW-Exporte im November um 17 Prozent.
Thoben warnte allerdings vor Pessimismus. Die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen sei gut gerüstet. Die Unternehmen könnten auch dank der höheren Qualität und Flexibilität ihrer Mitarbeiter die „schwierige Lager besser bewältigen als früher”. „Strukturpolitische Sonderfaktoren”, durch die NRW bei der Wirtschaftsentwicklung früher hinter dem Bund zurückgeblieben sei, wirkten nicht mehr.
Die Ministerin sieht ihre Politik der Stärkung des Industriestandorts NRW durch eine Studie des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bestätigt. Laut IW-Studie für den Wirtschaftsbericht ist der Anteil der Industrie und der mit ihr verbundenen Unternehmen an der Wertschöpfung in NRW seit Mitte der 90er Jahre von 27 auf 33 Prozent gestiegen.
„Von einer Deindustrialisierung des Landes kann also wirklich nicht gesprochen werden”, sagte IW-Direktor Michael Hüther. Die Industrie sei auch im ländlichen Raum ein „Jobmotor”. Die Politik müsse deshalb deutlich machen, „dass die Industrie hier gewünscht ist”.
Die Grünen reagierten empört auf die Äußerungen Thobens zu den Großprojekten. „Es ist eine Frechheit die Konjunkturkrise gegen den Umweltschutz und den Bürgerwillen auszuspielen” sagte ihr Umweltexperte Johannes Remmel. Für SPD-Fraktionsvize Marc Jan Eumann zeigt der Jahreswirtschaftsbericht, dass es „verheerend” war, „dass die Landesregierung kein eigenes NRW-Konjunkturpaket geschnürt hat”.