Aachen : Nobis: Unser tägliches Brot ist Familiensache
Aachen Das Wortspiel hat einen Charme, der nicht zu leugnen ist. Es lautet auf lateinisch: „Si deus pro Nobis quis contra Nobis?” Und es bedeutet so viel wie: „Wenn Gott mit Nobis ist, wer kann dann gegen Nobis sein.” Eigentlich müsste es heißen: „Wenn Gott mit uns ist, wer kann dann gegen uns sein?” Wenn man nun aber den richtigen Familiennamen besitzt, ist auch erstere Lesart denkbar.
Michael Nobis besitzt den richtigen Familiennamen. Er ist Inhaber der gleichnamigen Aachener Bäckerei, im Firmensitz an der Charlottenburger Allee hängt gleich hinter der Eingangstür das hölzerne Familienwappen mit eben diesem Sinnspruch, der wohl eher eine Frage ist, auf die man die Antwort schon kennt: Wenn Gott für Nobis ist, wer kann dann gegen Nobis sein? Ob die Tatsache, dass der Familienbetrieb seit 150 Jahren existiert und sich regional in einem von Großbäckereien geprägten Markt behaupten kann, mit Gottvertrauen in Zusammenhang steht, ist eine andere Frage.
Von derlei Dingen spricht Michael Nobis auch gar nicht. Er, der die Geschicke der Bäckerei seit 2002 in fünfter Generation leitet, hat etwas anderes im Sinn. Wenn man sich mit ihm über das hart umkämpfte Geschäft unterhält, geht es nicht um Umsatz, Masse und Schnelligkeit. Dann geht es um Qualität, Sorgfalt und Kontinuität. „Die Kunden spüren, wie wir uns dem Produkt widmen”.
Die aktuell „angespannte Kostensituation”, die der Verband des Rheinischen Bäckerhandwerks auf steigende Energiepreise und den Tarifabschluss zurückführt, bekommt auch Nobis zu spüren. Aber: „Wir werden jetzt nicht die Gunst der Stunde nutzen”, schließt Michael Nobis pauschale Preiserhöhungen aus. Man werde jedes Produkt prüfen. Ebenfalls keine Option seien Entlassungen: „Die Ressource Mitarbeiter ist für uns so entscheidend: Da gibt es gar kein Einsparpotenzial.”
Um ein sehr gutes Produkt herzustellen, braucht es Zeit. Es dauert, bis der Teig gegangen ist und sein Aroma voll entfaltet. Es dauert, bis eine Lage frischer Printen mit selbst gerösteten Haselnussstiften so belegt ist, wie es sich der Chef vorstellt. In der Ruhe liegt die Kraft. „Da behaupte ich: Das schmeckt man, und das sieht man auch.” Im Produktionsprozess ist zum Teil immer noch Handarbeit angesagt, ebenso ein Auge fürs Detail. Das Erfolgsrezept der Familie Nobis ist kein Geheimnis: Es besteht darin, sich im Wettbewerb der Backwarenhersteller gerade von denen zu unterscheiden, die günstiger, weil industrialisierter produzieren können - durch Qualität, Sorgfalt und Kontinuität. Nobis sagt: „Wir wollen natürlich erfolgreich sein. Das ist schließlich der Zweck eines Unternehmens.”
Seinen Ursprung nahm der Erfolg 1858 mit der Gründung der Bäckerei in der Pontstraße durch Michael Nobis´ Urgroßvater Johannes Michael Nobis. Ein kleiner Familienbetrieb im Herzen der Stadt. Heute gibt es 25 Filialen und 300 Mitarbeiter. Wenn Michael Nobis an die Gründergeneration denkt, dann spürt er „ein Gefühl der Verpflichtung” diesen Menschen gegenüber, „mit voller Energie weiterzumachen”. Dass dabei nicht immer nur rein rationale Entscheidungen gefällt werden, „die auf Zahlen und Fakten basieren”, gibt er gerne zu.
Für Michael Nobis stand nie in Frage, dass er die Familientradition fortsetzen würde. Schon von frühester Kindheit packte er in der Backstube mit an. Der Weg war vorgezeichnet, erst folgte die Ausbildung zum Bäcker, dann der Abschluss als Betriebswirt im Handwerk, schließlich die Meisterprüfung. Ab 1993 war Michael Nobis Mitglied der Geschäftsführung, zehn Jahre später schied Seniorchef Josef Nobis aus. Seitdem ist er der Chef, tatkräftig unterstützt von seiner Frau Jutta, Bruder Peter und Cousin Heiner. Eine weitere Expansion kann sich Nobis nicht vorstellen: Warm sollen die Brote in die Auslagen kommen. „Diejenigen, die weite Wege fahren, können das nicht aufrecht erhalten.” Und in 150 Jahren: Wird die Firma dann noch existieren? „Warum nicht? Die Voraussetzungen dafür sind gegeben.”