2019 ... Nur Mut! : Neues Leben für die Linnicher Traditionsbrauerei
Linnich Frank Albrecht will die Brauerei und Brennerei Jacob Rainer & Sohn in dem kleinen Örtchen bei Linnich neu beleben. Das Lambertusbräu will er als Stück Kulturgut erhalten.
„Ich habe keine Angst vor 2019“, sagt der Diplom-Biologe, der im Dezember seine Doktorarbeit an der RWTH Aachen verteidigt hat und jetzt eine Betriebsübernahme im kleinen Örtchen Welz bei Linnich wagt. Allerdings führt ihn sein Weg nicht in die Wissenschaft, sondern an den Sudkessel der traditionellen Brauerei und Brennerei Jacob Rainer & Sohn. Völlig aus der Luft gegriffen sei das nicht, findet Albrecht: „Ich habe mich sechs Jahre lang wissenschaftlich mit Hefe beschäftigt, warum soll ich jetzt nicht produktiv mit Hefe arbeiten?“
Festivalbegleiter
Die Brauerei, vor allem bekannt für ihr Lambertus-Bier, blickt auf eine mehr als 190-jährige Geschichte in der Jülicher Börde zurück. Albrecht, der in Dürboslar aufgewachsen ist, kennt die Brauerei noch aus Jugendzeiten: „In der Region ging man nach Welz“, sagt der heute 37-Jährige. Auch während seines Studiums fuhr das „dunkle Lambertus“ regelmäßig mit auf Festivals und seit 2017 – Albrecht zog nach dem Studium mit seiner Frau Anne und dem Nachwuchs wieder aufs Land – holte er sich hin und wieder das Bier in seiner Siphonflasche ab.
„Als der Inhaber mir erzählte, dass er die Brauerei altersbedingt aufgeben will und keinen Nachfolger in der Familie hat, ließ mich der Gedanke nicht mehr los, den Betrieb selbst zu übernehmen.“ Im Januar 2018 fanden die ersten Gespräche statt: Was kostet der Laden? Was verdient man an einem Hektoliter Bier? Wie hoch sind die Produktionskosten? „Wir haben Zahlen ausgetauscht, viel diskutiert und uns kennengelernt“, erzählt Albrecht von den Treffen mit Berthold Rainer, der die Privatbrauerei in dritter Generation führt. Als die erste Planung stand, war klar: Die Himmelsrichtung stimmt. Seit September packen er und seine Frau auf dem Betriebshof mit an, im Oktober absolvierte Albrecht außerdem eine Fortbildung zum Diplom-Biersommelier.
„Wir werden sehr viel lernen müssen. Eine Brauerei ist ja kein Automat, den man irgendwo hingestellt hat und dann schauen wir einfach ins Handbuch. Sie ist ein gewachsener Organismus“, erklärt er. „Wir müssen nicht nur verstehen, welches Rohr wohin führt, sondern auch wie die betrieblichen Abläufe funktionieren.“ Und trotzdem: Schlaflose Nächte habe er keine. Es komme zwar vor, dass er nachts anfange zu kalkulieren, ob etwas Sinn mache. „Stress ist das aber nicht. Vielmehr treibt mich das an“, so der zweifache Familienvater.
Brauereisterben überlebt
Den Umsatz wolle man jetzt so weit nach vorne bringen, dass eine Finanzierung über eine Bank oder einen Investor möglich werde, erklärt Albrecht den Plan. „Dann werden wir die Familie Rainer ausbezahlen und zu einem späteren Zeitpunkt auch das Wohnhaus übernehmen.“ Ob sich die Investition denn lohne? „Es handelt sich hier um ein Stück Kulturgut, das man erhalten sollte“, entgegnet Albrecht. „Die Privatbrauerei Rainer ist eine der zwei letzten traditionellen Brauereien im Altbezirk Aachen, die das Brauereisterben der 80er Jahre überlebt haben. Das kommt ja nicht von ungefähr.“
Außerdem verweist er auf den Craft-Beer-Trend aus den USA, der auch hierzulande wieder für Neugründungen im Brauereigewerbe sorgt: „Die Kunden wollen kein Bier von der Stange, sie interessieren sich für Vielfalt. Das gibt den kleinen Brauereien Aufwind.“ Gerade habe er sich Bauteile für ein Sudhaus mit etwa zwei bis drei Hektoliter Arbeitsvolumen angeschafft, um solche Spezialbiere im kleinen Maßstab auszuprobieren. „Das letzte Fest hat Welz noch nicht gefeiert“, ist er sich sicher.
Für 2019 haben sich die Albrechts viel vorgenommen: das Rebranding des Sortiments, neue Flaschen für die Spirituosen, Flaschenabfüllung für das Bier und ein Onlineshop. Auch die angegliederte Gaststätte, die vor zwei Jahren geschlossen wurde, soll wiederbelebt werden: „Wir hoffen auf eine Wiedereröffnung im ersten Quartal.“ Dann soll an der Kreisstraße in Welz auch wieder „wahrnehmbar“ gebraut werden – zurzeit stehe das 50-Hektoliter-Sudhaus nämlich still. „Um die Laufkundschaft bedienen zu können, wird das Lambertus in einer anderen Brauerei nach unserem Rezept gebraut. Das soll natürlich nicht so bleiben.“ Was aber bleiben soll, ist das bewährte Sortiment: „Wir haben nur Produkte, hinter denen wir voll und ganz stehen.“