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Aachen: Lage des Landes nicht schlecht

Aachen : Lage des Landes nicht schlecht

Trotz des Reformbedarfs auf dem Arbeitsmarkt oder im Unternehmensteuerrecht; Michael Wirtz, Präsident der Industrie- und Handelskammer (IHK) Aachen, ist überzeugt vom „Produkt Deutschland”.

Denn „positiv, jedenfalls im Großen und Ganzen, ist die Lage der deutschen Wirtschaft”, sagte er am Dienstag vor der IHK-Vollversammlung. Würde sich der Konsum beleben und würden aufgeschobene Investitionen auf den Weg gebracht werden, „dann könnte das Jahr 2005 deutlich erfolgreicher verlaufen als bisher allgemein erwartet”.

Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft „hat unser Nachwuchs ein Anrecht auf beste Bildungschancen”. Hier dürften auch die regionalen Unternehmen nicht nachlassen, nachdem 2004 Industrie, Handel und Dienstleister die Zahl der Lehrstellen um zwölf Prozent auf 400 gesteigert hätten.

Doch es sei erschreckend, sagte Wirtz, dass - vier Jahre nach der ersten Pisa-Studie - zwölf Prozent eines jeden Jahrgangs ohne jede Qualifikation blieben, weil sie nicht ausbildungsfähig seien - „Folge des katastrophalen Versagens von Schule und Elternhaus”.

Skeptisch steht der Kammerpräsident den verkürzten Regelstudiengängen an den Hochschulen gegenüber, die mit dem Grad eines Bachelor abgeschlossen werden. „Einen nennenswerten Bedarf” sieht Wirtz nicht. Die Wirtschaft benötige vielmehr „umfassend ausgebildete, selbstständig denkende und handelnde Absolventen”.

Auch die RWTH Aachen brauche eine ausreichende Zahl qualifizierter Studenten mit dem nächsthöheren Abschluss Master. „Alles das steht auf dem Spiel”, sagte Wirtz. Für die „Elite-Universität” RWTH forderte der Pharma-Industrielle eine ausreichende finanzielle Förderung, sprach sich aber auch dafür aus, neben der Elitenförderung den Bildungsauftrag für die Masse normal begabter Studenten nicht zu vernachlässigen.

Die Begeisterung für die Einführung von Studiengebühren kann der Kammerpräsident nicht teilen. Er befürchte, dass sich dann die Bundesländer aus der Finanzierungsverantwortung für die Hochschulen zurückziehen könnten, und es sei fraglich, ob dann noch Chancengleichheit für Begabte aus einkommensschwächeren Schichten gegeben sei.

Wirtz unterstrich die zentrale Rolle der Hochschulen für den regionalen Strukturwandel - durch die Heranbildung von Akademikern, durch Technologietransfer in die Betriebe und Existenzgründungen aus den Hochschulinstituten heraus. Die Region insgesamt zeige hier zwar seit jeher Eigeninitiative, wie die Projekte „GründerRegion” und „AC2” zeigten, doch es fehlten hierzu entsprechende Förderprogramme des Landes.

Deutlich verbessert werden müssten auch die Finanzierungsbedingungen für den Mittelstand. Der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht warf der IHK-Präsident vor, den Geschäftsbanken durch Auflagen die Kreditvergabe unnötig zu erschweren. Entwickle ein Unternehmen ein neues Produkt oder erschließe einen neuen Markt, sei dies nach Auffassung der Bankenaufsicht „ein besonderer Risikofall”.

Und angesichts leerer öffentlicher Kassen befürchtet Wirtz, dass eine Pkw-Maut wohl unumgänglich zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur sein wird. „Eine sicherlich nicht angenehme, aber unvermeidliche Diskussion.