Aachen : Konjunkturumfrage der IHK: Erwartungen sind negativ
Aachen Jürgen Drewes hofft auf die V-Formation. Die ist nämlich nicht nur bei Vogelschwärmen beliebt, sondern auch bei Ökonomen, wenn sie bildlich beschreiben wollen, wie die Überwindung einer Rezession verlaufen kann.
Bei der V-Formation geht es vom linken oberen Punkt des Buchstabens steil bergab nach unten zu dem Punkt, der die Rezession markiert. „Aber von dort aus geht es ohne langes Verharren am Tiefpunkt auch wieder steil bergauf”, sagt der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Ein großer Teil der Unternehmen in der Region zweifelt zurzeit daran, dass sich ihre Lage wie in der V-Formation entwickeln wird. Jedenfalls nicht, wenn es nach der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Aachen geht, deren Ergebnisse am Mittwoch vorgestellt wurden. Rund 380 Unternehmen mit 38.500 Beschäftigten in Stadt und Kreis Aachen und den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg haben über ihre aktuelle Geschäftslage und ihre Erwartungen Auskunft gegeben.
Deutlich zeigt sich: Die weltweite Rezession, ausgelöst durch die Finanzkrise, hat auch Aachen erreicht. „Die stark exportorientierte Wirtschaft in unserem Kammerbezirk kann sich der globalen Konjunkturentwicklung nicht entziehen”, sagt Drewes. Sei es vor einiger Zeit noch so gewesen, dass die Region der gesamtdeutschen Konjunktur sowohl im positiven als auch im negativen Sinne nachhing, sei nun die gleiche Entwicklung wie in der restlichen Bundesrepublik zu verzeichnen.
„Die Geschäftserwartungen haben sich dramatisch verschlechtert. Über die Hälfte der Unternehmen rechnet mit rückläufigen Geschäften.” Laut Umfrage rechnet nur noch jedes zehnte Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten mit einem besseren Geschäftsverlauf. Das ist der niedrigste Wert, den die IHK Aachen seit 15 Jahren ermittelt hat.
Dabei gibt es durchaus Positives zu berichten, wenn man lediglich danach gehen könnte, wie die Unternehmen in der Region ihre Geschäftslage aktuell beurteilen. Denn diese ist der Umfrage zufolge besser als im Herbst 2005, dem Beginn des zurückliegenden Booms. So gibt es für die Dienstleistungsbranche im Kammerbezirk Aachen überdurchschnittlich gute Zahlen: 43 Prozent der befragten Unternehmen bezeichnen ihre Lage als gut, nur zehn Prozent als schlecht. Die Lage der Dienstleister sei deutlich besser als die der Industrie, sagt Drewes. „Allerdings hängt die Branche bei der weltweiten konjunkturellen Lage auch ein wenig nach.”
Und die hat die Industrie durchaus schon zu spüren bekommen: Seit dem Herbst verzeichnen die Unternehmen einen starken Rückgang ihrer Geschäfte. Einer der Gründe liegt an der geringeren Auslastung der Produktionskapazitäten: Sie sank durchschnittlich um sechs Prozentpunkte auf 75 Prozent. Für die zurückliegenden sechs Monate meldet mehr als die Hälfte der Unternehmen rückläufige Umsätze. „Trotz der negativen Entwicklung melden aber immerhin noch 27 Prozent der Industrieunternehmen eine gute Geschäftslage”, sagt Jürgen Drewes.
Die Ergebnisse zur Geschäftslage des Handels schließlich zeigen, dass sich die Situation dort seit der Umfrage im Herbst 2008 kaum verändert hat: 29 Prozent melden eine gute Lage, ebensoviele eine schlechte. Regional sind allerdings deutliche Unterschiede zu erkennen. Dabei sticht der Kreis Heinsberg hervor, wo überdurchschnittlich viele befragte Händler ihre Situation negativ bewerten.
Chancen auf dem Weltmarkt
Die Erwartungen sind hingegen bei Industrie, Dienstleister und im Handel gleich schlecht. Daran dass der Abschwung kommt, zweifelt niemand. „Wie stark er ausfallen wird, lässt sich gegenwärtig nicht sagen”, erklärt Drewes. Deshalb warnt er auch davor, sich gegenseitig mit Pessimismus anzustecken.
Man müsse unterscheiden zwischen tatsächlichen wirtschaftlichen Problemen und der Angst davor. Dass 37 Prozent der Befragten für dieses Jahr mit einem Rückgang ihrer Beschäftigtenzahlen ausgehe heiße nicht, dass es demnächst Tausende von Arbeitslosen geben werde. „Wir sind besser gerüstet als bei Rezessionen in der Vergangenheit”, sagt er. Die Unternehmen wollten und könnten auf Instrumente zurückgreifen, um ihre Mitarbeiter auch in der schwierigen Phase weitgehend zu halten.
Im schlimmsten Fall, sagt Drewes, verlaufe der Weg aus der Krise nicht V-, sondern U-förmig. „Dann ist die Verweildauer unten entsprechend länger.” Aber dass es wieder aufwärts geht, bezweifelt er nicht. „Die Wirtschaft im Kammerbezirk hat in den vergangenen Jahren durch erhöhte Flexibilität und permanente Produktoptimierung ihre Chancen auf dem Weltmarkt stetig verbessert und dabei ihre Eigenkapitalquote gesteigert.”