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Aachen/Hamburg: Jagdfeld macht Touristen für Hotelpleite verantwortlich

Aachen/Hamburg : Jagdfeld macht Touristen für Hotelpleite verantwortlich

Der Aachener Immobilien-Unternehmer Anno August Jagdfeld hat in einem Interview mit dem „Spiegel“ abenteuerliche Gründe für das Scheitern seines Grand Hotel in Heiligendamm angeführt.

Jagdfelds Überzeugung nach seien vor allem störende Zaungäste verantwortlich für die Pleite des Fünf-Sterne-Hotels an der Ostsee. „Da fahren die Leute gezielt hin, von den Seniorenresidenzen oder vom Campingplatz“, sagte Jagdfeld.

Überraschend ist vor allem der Zeitpunkt dieser Einschätzung; denn noch wenige Monate vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens Ende Februar 2012 warb Jagdfeld mit guten Erfolgsaussichten um neue Investoren. Die Neugierigen gab es in Heiligendamm aber, seit Jagdfeld es mit dem Geld seiner Investoren Ende der 90er Jahre übernommen hatte.

Etwa 1900 Anleger hatten 127 Millionen Euro in Jagdfelds Fonds investiert, um das klassizistische Prestigeobjekt renovieren zu können, weitere 50 Millionen Euro flossen über staatliche Subventionen. 2003 konnte das Hotel eröffnet werden. Doch Jagdfelds Prognosen, vor allem seine Renditeprognosen, erwiesen sich auch bei diesem Projekt schon bald als utopisch.

2009 kündigte die Luxushotelgruppe Kempinski den Betreibervertrag in Heiligendamm, weil sie keine Chance sah, das Hotel wenigstens kostendeckend zu betreiben. Insider führen als Begründung jedoch nicht neugierige Zaungäste an, mit denen viele Luxushotels zu tun haben, sondern die Abgelegenheit des Hotels. Im Gespräch mit unserer Zeitung erklärte damals ein Insider, das Grand Hotel sei „allenfalls als Touristenhotel der Drei- oder Vier-Sterne-Klasse zu betreiben“.

„Millionen verbuddelt“

Jagdfeld, der viele Investmentfonds auflegte und mehrere Totalverluste zu verantworten hat, wies die Kritik enttäuschter Anleger immer zurück. „Natürlich bedauere ich diese Entwicklung. Es ist aber niemand mit der Kalaschnikow gezwungen worden, bei uns Fondsanteile zu zeichnen. Die Anteile sind uns aus der Hand gerissen worden“, sagte Jagdfeld dem „Spiegel“.

Die Fondsanteile sind damals auch vom Finanzdienstleister AWD vertrieben worden, der wegen seiner aggressiven Verkaufsmethoden immer wieder in der Kritik stand. Und selbst der damalige AWD-Eigentümer, Carsten Maschmeyer, sagte am 10. März in der ARD-Talkshow „Jauch“: „In Heiligendamm sind Millionen verbuddelt worden, die Geschädigten sollen sich“ jedoch nicht an AWD, sondern an „den Hersteller“ der Fonds wenden, also an Jagdfeld. Jagdfelds „Fondsgesellschaft soll ihre Kunden entschädigen“, erklärte Maschmeyer.

Jagdfeld selbst räumte im Interview mit dem „Spiegel“ nun ein, dass die 1900 Grand-Hotel-Anleger im Insolvenzverfahren keinen Cent ihrer investierten Millionen wiedersehen werden. Diese Einschätzung steht ihm kaum zu. Die Geschäfte im Grand Hotel führt seit März 2012 nicht mehr Jagdfeld, sondern der Dürener Insolvenzverwalter Jörg Zumbaum. Der hatte gegenüber unserer Zeitung schon vor einem Jahr angedeutet, dass die Anleger aller Wahrscheinlichkeit nach mit einem Totalverlust zu rechnen haben.