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Aachen: Innovationsregion Rheinisches Revier: Und jetzt wird alles besser?

Aachen : Innovationsregion Rheinisches Revier: Und jetzt wird alles besser?

Es hat gekracht hinter den Kulissen, und der Rückzug der Industrie- und Handelskammer Aachen aus der Projektleitung der Innovationsregion Rheinisches Revier (IRR) zum Ende des Jahres ist der wohl nur vorläufige Schlusspunkt eines schon länger währendes Streits. Jetzt stellen sich grundsätzliche Fragen.

Wer kann den Strukturwandel im Revier moderieren und koordinieren? Wer kann Konzepte dafür entwickeln (oder in Auftrag geben), was nach dem Aus der Braunkohlenförderung kommen könnte? Genau mit dieser Aufgabenstellung war die IRR vor gut zwei Jahren angetreten, und sie hatte diesen Arbeitsauftrag weit gefasst — sowohl räumlich (von Aachen bis zum Rhein-Sieg-Kreis, von Krefeld bis Euskirchen) als auch inhaltlich. Dass genau das jetzt nicht mehr so sein soll, ist der Grund für den Ausstieg der IHK.

„Entlang des Koalitionsvertrags“

Die IRR soll also enger gefasst werden. Räumlich auf das Braunkohlenplangebiet, inhaltlich auf Themen „entlang der Ziele des Koalitionsvertrages“ der rot-grünen Landesregierung. Was das sein könnte? „Solarwirtschaft, Strom-Speichertechnologien, E-Mobilität, Bioökonomie, klimaneutrales Wohnen und Logistik“, antwortete am Donnerstag Günther Horzetzky, Staatssekretär im NRW-Wirtschaftsministerium. An der Formulierung „entlang der Ziele des Koalitionsvertrages“ entzündet sich indes der Ärger von IHK-Hauptgeschäftsführer Michael F. Bayer.

Man lasse sich als Kammer nicht die Themen von einem politischen Vertrag vorgeben, betonte er. Vielleicht noch gravierender ist für die IHK die räumliche Verengung. Bayer sieht darin keinen Sinn. „Das kann und wird so nicht funktionieren“, prophezeite er. Es sei nicht sinnvoll, die Expertise der Hochschulen in den Oberzentren nicht organisch einzubeziehen oder die Erfahrungen und Bedürfnisse der energieintensiven Unternehmen an der Rheinschiene.

Im IRR-Beirat (dem 43 Mitglieder angehören) und in untergeordneten Arbeitsgruppen war indes schon länger Unmut zu hören gewesen über den Zuschnitt, aber auch über die Arbeit der in Jülich angesiedelten IRR-Geschäftsstelle. Der CDU-Landtagsabgeordnete Josef Wirtz (Nordkreis Düren) etwa, Mitglied im Beirat, zählt zu den Kritikern. „Die IRR ist mit viel Tamtam gegründet worden, doch passiert ist bislang nichts. Mehr als zwei Jahre sind verschenkt worden“, sagte er am Donnerstag gegenüber unserer Zeitung.

„Lokale Akteure sind zu wenig einbezogen worden.“ Er erwarte, dass die Kommunen rund um die Braunkohletagebau künftig stärker von der IRR profitieren könnten. Bei der Suche nach einem neuen Projektträger sprechen für Wirtz viele Gründe für die bereits existierende Indeland GmbH. Die beschäftigt sich mit dem Strukturwandel rund um den Tagebau Inden, der im Jahr 2030 als erster vor denen in Hambach und Garzweiler ausläuft.

So konkret will Dietmar Nietan indes nicht werden. „Einen Plan B habe ich jetzt noch nicht in der Tasche“, sagt der Dürener SPD-Bundestagsabgeordnete, der sich überrascht von der Entscheidung der IHK zeigte und diese auch bedauert. Die Landesregierung sei nun in der Pflicht, möglichst rasch einen neuen Projektträger zu finden.

Die Grundsatzentscheidung, sich nun auf das Rheinische Revier mit den Kreisen Aachen, Düren, Heinsberg, Rhein-Erft und dem Rhein-Kreis-Neuss zu konzentrieren, hält er wie Wirtz für richtig. „Wir müssen nun Programme entwickeln, die in erster Linie einen Mehrwert für das Revier bringen. Hier muss die Musik spielen. Denn der Wandel findet vor allem vor Ort statt, nicht in Aachen, Köln oder Bonn.“

„Ins operative Geschäft“

Ähnlich sagt es der Düsseldorfer Staatssekretär. Die IRR habe ihre Aufbauphase erfolgreich abgeschlossen. Nun gehe es darum, „in das operative Geschäft einzutreten. Dazu sind Strukturen neu zu ordnen, Raumzuschnitte klar zu fassen und Themen zu fokussieren“. Auch Horzetzky geht es um den Kern des Rheinischen Reviers. Der strukturpolitische Handlungsbedarf entstehe langfristig dort. Aber „nach wie vor müssen Kooperationen mit Nachbarstädten und -regionen dann möglich sein, wenn Ziele und Strukturen der Projekte dies erforderlich machen“.

Dass es bei dem Streit neben geografischen Befind- und Empfindlichkeiten auch um Geld gehen könnte, wollte am Donnerstag niemand bestätigen. Fakt ist, dass es in Zukunft auch darum gehen wird, zusätzliche Fördertöpfe anzuzapfen. Und da schaut man als Lokalpolitiker eben ganz genau hin, wohin das Geld fließt.