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Aachen: IHK-Forum: Sie halten die Fäden in der Hand

Aachen : IHK-Forum: Sie halten die Fäden in der Hand

Die gängigen Vorurteile kennt Jürgen Meyer noch aus seinem Maschinenbaustudium. Textiltechniker? Das sind die, die in ihren Vorlesungen Schals stricken. Und überhaupt ist diese ganze Textiltechnik doch antiquierter Kram.

Und so tritt Meyer, General Manager bei der Firma Saurer Schlafhorst aus Übach-Palenberg, beim 43. Unternehmerforum von Industrie- und Handelskammer Aachen und Aachener Zeitung auch an, um das Gegenteil zu beweisen.

Nämlich, dass die Textilmaschinen aus Übach-Palenberg „Hightech vom Feinsten“ sind. Meyer und sein Kollege Jan Röttgering, ebenfalls General Manager bei Saurer Schlafhorst, zeichnen beim IHK-Forum — moderiert von AZ-Redakteur Amien Idries — die Herausforderungen für ein Traditionsunternehmen nach, das auf dem globalen Markt agieren muss, um zu überleben.

Das Unternehmen

Schlafhorst kann auf eine lange Unternehmensgeschichte zurückblicken: 1884 gründet Wilhelm Schlafhorst die Firma in Mönchengladbach. 1963 siedelt das Unternehmen sich auch in Übach-Palenberg an. 1991 übernimmt die Saurer Gruppe Schlafhorst und weitere Textilmaschinenhersteller, 2007 steigt OC Oerlikon ein. Eine schwierige Zeit: Der Umsatz geht zurück, Arbeitsplätze werden abgebaut, die Standorte Mönchengladbach und Übach-Palenberg zusammengelegt. „Oerlikon wollte uns nur finanztechnisch optimieren. An unserem Unternehmen an sich waren sie gar nicht interessiert“, bilanziert Röttgering die Zeit unter dem Schweizer Konzern.

Die Übernahme

Umso glücklicher ist er, dass man mit der chinesischen Jinsheng-Gruppe 2013 einen Investor gefunden hat, der „den Markt kennt“. Klar, gibt Meyer zu, die Bedenken innerhalb der Belegschaft seien groß gewesen. Doch Jinsheng habe es schnell geschafft, diese zu zerstreuen: In Übach-Palenberg investierten die Chinesen in eine 7000 Quadratmeter große Logistikhalle — ein klares Bekenntnis zum Standort und den rund 1100 hiesigen Mitarbeitern, wie Meyer sagt. Und: Die Deutschen halten auch nach der Übernahme im wahrsten Sinne des Wortes weiter die Fäden in der Hand — jedenfalls, was das technische Know-how angeht.

Und wie klappt die Zusammenarbeit mit den chinesischen Kollegen? Natürlich gebe es kulturelle Unterschiede, sagt Röttgering. Doch er schätzt mittlerweile den „Chinese Way“, die Art, wie die Chinesen Geschäfte machen: „Sie treffen Entscheidungen schnell und setzen sich ambitionierte Ziele.“ Für ihn ein guter Gegenpol zu der typisch deutschen Zurückhaltung.

Erst im Oktober waren Meyer und Röttgering in China. Derzeit wird die Westregion dort mit einem staatlichen Förderprogramm neu erschlossen. Davon profitiert auch Saurer Schlafhorst als Teil der Jinsheng-Gruppe. Ob sie bei ihrem China-Besuch einen großen Deal abgeschlossen haben, fragt Moderator Idries. Röttgering will nur so viel verraten: „Es gab dort ein großes Geschäft, das uns auch noch in den nächsten Jahren begleiten wird.“

Der Markt

Wie wohl jedes Unternehmen will auch Saurer Schlafhorst wachsen. Der Markt konzentriert sich vor allem auf China, Indien und die Türkei. Pro Jahr kommen laut Meyer neun Millionen Spindeln auf den Markt. In diesem Jahr stellt Saurer Schlafhorst eine Million, also knapp zehn Prozent, davon her. Das Ziel seien 20 Prozent. Dank des „Chinese Way“ sind Meyer und Röttgering zuversichtlich, das bald zu schaffen.