Frankfurt : IG Metall fordert Zwangsmaßnahmen gegen die Krise
Frankfurt Die IG Metall fordert die Unternehmen auf, im nächsten Jahr auf keinen Fall mit Entlassungen auf die Krise zu reagieren. Nach Ansicht von Gewerkschafts-Chef Berthold Huber sind Instrumente und Möglichkeiten dazu vorhanden.
Oder sie müssten kurzfristig geschaffen werden. Die IG Metall plädiert, wie Huber in Frankfurt sagte, unter anderem für eine staatliche Verschrottungsprämie für Altautos, für Konsumschecks in Höhe von 250 Euro für Geringverdiener und für eine Zwangsanleihe für Vermögende, mit der ein Zukunftsfonds gespeist werden soll.
Außerdem sollen die Banken verpflichtet werden, gesunde Firmen mit ausreichenden Krediten zu versorgen. „Die Krise ist so schlimm, dass man Zwangsmaßnahmen rechtfertigen kann”, sagt der IG- Metall-Chef.
Berlin verkennt Ernst der Lage
Nach Ansicht von Huber hat die Bundesregierung die Dramatik des Konjunkturabschwungs noch immer nicht erfasst. Die Stimmung schwanke zwischen Verharmlosung und Schockstarre.
„Wenn wir jetzt nicht massiv gegensteuern, droht die konjunkturelle Krise schnell in eine große Beschäftigungskrise umzuschlagen”, sagte Huber am Donnerstag. Der IG-Metall-Chef ist am Sonntag zum Krisengipfel ins Kanzleramt eingeladen.
Mit Möglichkeiten der Tarifverträge, mit Kurzarbeit und Qualifizierungsmaßnahmen besitzen die Tarifparteien viele Instrumente, um der Krise entgegenzusteuern, sagt Huber. An die Banken appelliert er zugleich vehement, den Kredithahn nicht zuzudrehen. „Banken verweigern die notwendige Finanzierung, die Unternehmen bekommen schlicht kein Geld. Das ist ein Skandal.”
Anzeichen für Kreditklemme
Nicht nur in der Autoindustrie, auch im Schiffbau oder im Maschinenbau gebe es Anzeichen für eine Kreditklemme. Dabei seien etwa im Schiffbau die Bücher mit Aufträgen zum Teil bis ins Jahr 2013 voll. Es könne nicht sein, dass die Banken den Rettungsschirm der Regierung allein zur Sanierung ihres Eigenkapitals und zur Sicherung ihrer Gewinne nutzten. Huber plädiert dafür, den Bürgschaftsrahmen der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau deutlich zu erhöhen. In der Autoindustrie soll ein Finanzierungsfonds zur Stabilisierung der Zulieferer eingerichtet werden.
Rund 13,5 Milliarden Euro und damit den Kauf von 750.000 neuen Autos erhofft sich die IG Metall durch die Einführung einer Verschrottungsprämie von bis zu 4500 Euro für Autos, die älter sind als zehn Jahre. Das würde, so Huber, auch der Umwelt helfen.
Daneben pocht die IG Metall auf Konsumschecks für Menschen, deren Einkommen bei maximal 3675 Euro liegt. Auch durch die Anhebung der Regelsätze für Hartz IV auf 425 Euro soll der private Verbrauch angekurbelt werden.
Andererseits will die IG Metall die privaten Haushalte, die über ein Geld- oder Immobilienvermögen von mehr als 750.000 Euro verfügen, in zwei Jahren hintereinander mit einer Zwangsanleihe in Höhe von zwei Prozent auf das jeweilige Vermögen belegen.
Die Laufzeit der Anleihe soll bei 15 Jahren liegen, gezahlt werden soll der Einlagenzins, der bei der Europäischen Zentralbank (EZB) gilt. Dadurch sollen den Worten von Huber zufolge 100 Milliarden Euro für einen Zukunftsfonds „Arbeit - Bildung - Umwelt” zusammenkommen.
Der wiederum soll Kommunen und Ländern zinslose Kredite für Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Umwelt gewähren. Unternehmen sollen für Maßnahmen zur Verbesserung der Energie- und Ressourceneffizienz und andere Umweltinvestments Kredite zum EZB-Zins bekommen.
Prognose mit hoher Unsicherheit
Die Wirtschaftsflaute in den 15 Euro-Ländern wird nach Einschätzung der Europäischen Zentralbank in Frankfurt lange andauern und weitere Zinssenkungen notwendig machen. Die Finanzmarktkrise dürfte die Nachfrage weltweit und in Europa „für einen längeren Zeitraum” dämpfen, schreibt die Notenbank in ihrem am Donnerstag veröffentlichten Monatsbericht.
Die Konjunktur im Euro-Raum wird laut dem EZB-Bericht einbrechen und 2009 im Mittel real um 0,5 Prozent schrumpfen. „Die Konjunkturaussichten sind nach wie vor mit einer außergewöhnlich hohen Unsicherheit behaftet”, schrieben die Notenbanker. Wegen der Rezession in Europa hatte die EZB vor einer Woche den Leitzins so stark wie noch nie in ihrer zehnjährigen Geschichte gesenkt.
Der Zins liegt nun so niedrig wie zuletzt im Sommer 2006.
Bei einem niedrigen Leitzins können sich die Banken günstiger mit Zentralbankgeld versorgen und geben in der Regel den Verbrauchern und Firmen günstigere Darlehen. Dieser Kreislauf ist wegen der Finanzmarktkrise aber gestört.