Aachen : Handwerk: Engpässe nur beim Fachpersonal
Aachen Peter Deckers bringt die Lage der Handwerksbetriebe in der Region sinnbildlich auf den Punkt. „Nach wie vor stehen für das Handwerk alle Ampeln auf Grün. Insbesondere das Bau- und das Ausbaugewerbe geben Gas“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Aachen am Donnerstag bei der Vorstellung der jüngsten Konjunkturumfrage.
„Die Konjunkturrallye geht weiter“, sagte auch seine Stellvertreterin Nicole Tomys. Abgesehen von kleineren Dellen verliefe die Konjunkturkurve seit 2007 auf einem sehr hohen Niveau. 90 Prozent der 16 561 Betriebe (Stand Oktober 2016) bewerten für die vergangenen sechs Monate ihre Geschäftslage als „ziemlich gut“. Gerechnet hatten damit in der Frühjahrsumfrage nur 83 Prozent.
Ausgebremst werde die „grüne Welle“ lediglich von dem bereits länger bekannten Fachkräftemangel und den Nachwuchssorgen. „Der Engpass trübt in immer mehr Gewerken die Chancen auf ein noch höheres Plus in den Kassen“, sagte Deckers. Ein Überblick.
Regionen: In der Städteregion Aachen sind 91 Prozent der Betriebe zufrieden oder positiv gestimmt. Im Kreis Düren bewerten 85 Prozent der Befragten ihre Lage positiv. Im Kreis Heinsberg tun das 91 Prozent. Obwohl sehr gut, liegen die Werte in der Städteregion Aachen und im Kreis Düren damit unter denen des Vorjahres, als sie 95 beziehungsweise 87 Prozent betrugen. Im Kreis Heinsberg steigen sie dagegen von 84 Prozent um sieben Punkte. „Unabhängig von der Region gehen die Handwerksbetriebe mit ähnlich hohen Geschäftserwartungen in das Winterhalbjahr“, sagte Deckers.
Branchen: Zu 100 Prozent positiv bewerten die befragten Bäcker, Konditoren und Fleischer in der Region ihre Geschäftslage. Im Nahrungsmittelgewerbe ist diese Zahl ist damit innerhalb eines Jahres um 20 Prozent gestiegen.
Im Bauhauptgewerbe, wozu Dachdecker, Gerüstbauer, Maurer und Straßenbauer zählen, bezeichnen 92 Prozent der Betriebsinhaber ihre Geschäftslage als „gut“ oder „befriedigend“. „Im Ausbaugewerbe verläuft die Entwicklung parallel“, sagte Deckers. Dort bewerten 90 Prozent ihren Geschäftsverlauf mit „gut“ oder „befriedigend“. Zum Ausbaugewerbe gehören Elektrotechniker, Fliesenleger und Installateure.
Von den Handwerkern für den gewerblichen Bedarf — etwa Feinwerkmechaniker, Gebäudereiniger, Metallbauer — bewerten 87 Prozent ihre Lage positiv. Damit hat diese sich innerhalb eines Jahres um zehn Punkte verbessert. Auf Zuliefererbetriebe der Industrie wirke sich das Embargo der russischen Wirtschaft belastend aus, erklärte Deckers. Dennoch rechnet mit 80 Prozent die große Mehrheit damit, dass sich Auftragseingänge und Umsätze stabilisieren werden. Ein wenig abgeschwächt zeigt sich die Geschäftsentwicklung im Kraftfahrzeuggewerbe. Nicole Tomys sprach von einem „kleinen Dämpfer“. Im Vergleich zum Herbst 2015 bewerten mit 86 Prozent der Befragten vier Prozent weniger ihre Geschäftslage als „gut“ oder „befriedigend“.
Die Meisterbetriebe im Gesundheitsgewerbe, darunter Augenoptiker und Zahntechniker, bewerten ihre Geschäftslage zwar im Jahresvergleich mit 92 Prozent um fünf Punkte schlechter. „Insgesamt liegen sie aber immer noch auf einem sehr hohen Zufriedenheitsniveau“, sagte Tomys.
Schneider, Fotografen, Friseure und Kosmetikerinnen gehören zum sogenannten personenbezogenen Dienstleistungsgewerbe. Dort beurteilen 85 Prozent die Geschäftslage positiv — zwei Prozent weniger als im Herbst 2015.
Umsatz: Die starke Auftragsentwicklung schlägt sich deutlich nieder. 77 Prozent der Betriebe verbuchen gleich hohe oder sogar bessere Umsätze als bei der Frühjahrsumfrage. Absehbare Auftragseingänge und die hohe Bereitschaft der Kunden zu investieren, stimmen 81 Prozent der Befragten für das Winterhalbjahr zuversichtlich. „Seit 2000 lagen die Erwartungswerte nur in den Frühjahrsumfragen 2011 und 2014 etwas höher“, erklärte Tomys.
Beschäftigung: „Das Beschäftigungsklima im Handwerk ist sehr gut“, sagte Peter Deckers. 89 Prozent der Betriebe hielten die Zahl ihrer Mitarbeiter in den vergangenen sechs Monaten entweder stabil (72 Prozent) oder stellten neue Fachkräfte ein (17 Prozent). Wobei der Mangel an Fachkräften das Handwerk insgesamt belaste, betonte Deckers. „Noch vor fünf oder sechs Jahren war es üblich, dass Betriebe Mitarbeiter beispielsweise für die Wintermonate freistellten“, erinnerte seine Stellvertreterin.
Nachwuchs: Im vergangenen Jahr verzeichnete die Kammer bis zum 31. Dezember 2261 neue Lehrverträge. Für dieses Jahr erwartet sie einen ähnlichen Wert. Bis zum 30. September dieses Jahres gab es 2116 unterschriebene Verträge. Während für Düren ein Plus von zwei Prozent auf 439 (2015:430) verzeichnet und Heinsberg mit 485 Verträgen (2015:482) ein kleines Plus von 0,62 Prozent verbucht, fällt der Rückgang in der Stadt Aachen deutlich ins Auge: Dort waren es 402 Verträge und damit 5,63 Prozent weniger als im Vorjahresmonat, als die Zahl bei 426 Verträgen lag.
„Gründe dafür können wir bisher nicht finden, aber wenn, spielen sicherlich verschiedene Faktoren eine Rolle“, sagte Ludwig Voß, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Aachen. Im übrigen Gebiet der Städteregion waren bis Ende September 472 Ausbildungsverträge unterschrieben— ein Rückgang um vier Stellen beziehungsweise 0,84 Prozent.