Technologie im Einsatz gegen Corona : Gerät aus Alsdorf holt Viren aus der Raumluft
Alsdorf Die Alsdorfer Firma CRT hat mit ihrem „RoomGuard“ ein Gerät entwickelt, das die Belastung mit Aerosolen in der Raumluft 10.000-fach verringert. Die Reinigungsquote liegt bei 99,9 Prozent. Die Luftqualität entspricht dann den Vorgaben für Reinräume, in denen beispielsweise in der Pharmaindustrie gearbeitet wird.
Dichter Qualm wabert durch den Konferenzraum. Auf dem Tisch stehen extrem genaue Messgeräte – Gesamtwert rund eine Million Euro. Sie zeigen an: Der Raum ist prall gefüllt mit kleinsten Partikeln. Aktuell sagt man dazu auch gerne Aerosole. Doch wie von Geisterhand gehen die Messwerte rapide abwärts. Waren gerade noch Abermillionen von Teilchen in der Luft, so sind es nach ein paar Minuten gerade noch ein paar tausend. Der Nebel lichtet sich flott, kurz darauf ist die Luft fast rein. Das Geheimnis hinter diesem erstaunlichen Vorgang steht auch in diesem Raum. Es ist ein viereckiger Kasten, auf dem „RoomGuard“ – übersetzt „Raumwächter“ – steht. Er sorgt dafür, dass den Partikeln ruckzuck sozusagen die Luft weg bleibt – und damit macht er auch Viren, Bakterien und Sporen den Garaus. Natürlich auch Sars-Cov-2, im Volksmund der Einfachheit halber Corona-Virus genannt.
Als Achim Thelen und Marcel Moritz das brandneue Gerät vorführen, hat es gerade auch einige Härtetests für den Alltagseinsatz erfolgreich hinter sich gebracht. Den zuvor stark mit Aerosolen kontaminierten Konferenzraum hat der „RoomGuard“, der bis zu 2000 Kubikmeter Luft pro Stunde reinigt, in zwölf Minuten nahezu vollständig von Partikeln befreit. Das Ergebnis entspreche der Luftqualität, wie man sie aus Reinräumen etwa in der pharmazeutischen Industrie kennt, sagt Thelen. Und da gelten sehr hohe Anforderungen.
Achim Thelen ist der Chef der Alsdorfer Firma CRT, was die Abkürzung für „Cleanroom Technology“ ist, was wiederum mit Reinraumtechnologie übersetzt werden kann. Marcel Moritz kümmert sich bei CRT um den Vertrieb. Der hat am Tag der Vorführung eigentlich noch gar nicht so richtig begonnen. „Wir haben aber trotzdem schon jede Menge Anfragen“, so Moritz. Kein Wunder. Gerade in Coronavirus-Zeiten sind die Einsatzmöglichkeiten breit gefächert. Konferenzräume eben, Schulklassen natürlich auch, Theater, Hörsäle, Restaurants, Wartezimmer und, und, und. Oder einfach das heimische Wohnzimmer, wenn man gerne hätte, dass 10.000 Mal weniger Aerosole und damit auch die wie Parasiten damit transportierten Keime in der Luft sind also sonst. Bei 99.9 Prozent liege die Reinigungsquote.
Nun hat man bei CRT nicht einfach mal hoppladihopp etwas zusammengeschustert, das sich aus Angst vor Corona gut verkaufen lässt. Entstanden ist der „RoomGuard“ vielmehr aus ganz persönlicher Betroffenheit. Achim Thelens Tochter ist seit ihrer Geburt gesundheitlich eingeschränkt und muss ganz besonders vor Infekten geschützt werden. Da passte es, dass der Vater sich seit jeher mit sauberer Luft beschäftigt. Thelen ist Maschinenbauingenieur in diesem Bereich, arbeitete früher unter anderem bei Krantz in Aachen. Nach deren Insolvenz ging er in die Schweiz, kam dann zurück und gründete mit seinem Partner Gerd Nagelsdiek in Alsdorf die CRT GmbH. Das war 2013. Heute zählt die Firma bereits rund 50 Mitarbeiter. CRT ist vor allem Dienstleister für gut 300 Unternehmen aus dem Pharmabereich – darunter Branchenriesen wie Roche, BASF und Bayer. Deren Reinräume beziehungsweise die Luftqualitäten dort müssen regelmäßig überprüft werden, um die nötigen Zertifikate zu erhalten. Das übernimmt CRT unter anderem mit jenen hochsensiblen Messgeräten aus den USA, die CRT praktischerweise auch vertreibt.
Achim Thelen und sein Team ließen sich trotz der hohen Corona-Zahlen im Frühjahr Zeit mit der Entwicklung ihres Geräts. Es sollte höchsten Anforderungen entsprechen und tatsächlich Aerosole weitgehend eliminieren. Über die Testreihen wird sogar von einem Kollegen eine Masterarbeit geschrieben.
Achim Thelen sagt, es werde in diesem Segment auch viel Schindluder getrieben. Mit einem Gerät für ein paar hundert Euro lasse sich ein derartiges Ergebnis nie und nimmer erzielen, der Effekt könnte sogar kontraproduktiv sein. Deswegen habe man den „RoomGuard“ nach den Maßstäben konzipiert, die auch für Reinräume gelten. Natürlich sollen auch jene Qualitätskriterien erfüllt sein, die der Bund für eine ganz neue Förderung solcher Anlagen zugrundelegt. Im September hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier ein 500-Millionen-Euro-Förderprogramm angekündigt, das noch im Oktober starten soll. Bis zu 40 Prozent Zuschuss sollen für diese Art des erhöhten Infektionsschutzes bei bis zu 100.000 Euro Anlagekosten fließen. Der „RoomGuard“ von CRT kostet indes 4000 Euro, die sich dann um besagten Prozentsatz reduzieren ließen.
Das Rad neu erfunden habe man allerdings nicht, sagt Vertriebsleiter Marcel Moritz. Vielmehr wurden hochwertige und erprobte Komponenten sinnvoll und effektiv kombiniert. Die Ausströmdüsen lassen sich je nach Raumsituation einstellen, Schallschutz sorgt für einen erstaunlich leisen Betrieb. Trotz alledem tut Achim Thelen eines nicht: Er verspricht keinen hundertprozentigen Schutz vor den Erregern. „Das wäre hochgradig unseriös“, sagt er. Wenn sich beispielsweise zwei Menschen in einem Raum anhusten, könne kein Gerät der Welt die Aerosole entsprechend schnell einfangen. Unter Beachtung von Hygiene- und Abstandsregeln bringe der „RoomGuard“ die Belastung mit Keimen aber auf ein Minimum herunter. Die Partikel sind übrigens extrem klein – zwischen 0,3 und fünf Mikrometer. Ein Mikrometer passt 1000 Mal in einen Millimeter. Deswegen „fallen“ sie nicht zu Boden, sondern schweben lange Zeit in der Luft. Viren sind noch mal ungefähr um den Faktor 1000 kleiner. Sie messen nur wenige Nanometer, brauchen für den Huckepack-Transport aber die Aerosole.
Im Konferenzraum bei CRT hat das neue Gerät zwischenzeitlich die nächste Qualm-Attacke aus einem Aerosol-Erzeuger erfolgreich zurückgeschlagen. Achim Thelen hält den Schlauch eines Messgeräts in die Abluft. Die Messwerte zeigen bei allen Partikelgrößen eine Null an. Der „Raumwächter“ hat seine Arbeit getan. Jetzt geht er von Alsdorf in die (Corona-)Welt.