Aachen : Für jeden Azubi einen Job - unbefristet!
Aachen Die IG Metall will es zur Regel machen, dass Unternehmen ihre Ausgebildeten unbefristet übernehmen müssen. Das gehört zu den Forderungen, mit denen Deutschlands größte Gewerkschaft in die Tarifrunde 2012 geht.
„Unsere Forderung steht unter dem Motto der Jugend ein Stück Zukunft geben”, sagt Franz-Peter Beckers, 1. Bevollmächtigter der IG Metall Aachen. Ein Drittel der Unter-35-Jährigen in Deutschland habe noch nie in einem festen Arbeitsverhältnis gestanden, sondern hangele sich von einem befristeten Vertrag zum nächsten. Zukunftsplanung, etwa eine Familie zu gründen oder ein Haus zu bauen, sei so kaum möglich. „Unbefristete Verträge sollten wieder Normalzustand sein statt große Ausnahme”, sagt Beckers. Im übrigen sei es ja auch nicht so, dass eine unbefristete Stelle ein Freifahrtsschein sei und den Jugendlichen eine unkündbare, lebenslange Beschäftigung garantiere. Auf keinen Fall wolle man erreichen, dass die Unternehmen künftig weniger ausbilden.
Dass genau dies der Fall sein wird, glaubt Martin Kannegiesser, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall. Der Forderung nach unbefristeter Übernahme von Ausgebildeten erteilte er bereits eine Absage. Wie eine Umfrage der VUV-Vereinigte Unternehmerverbände Aachen unter 300 Arbeitgebern in der Region ergibt, entspricht dies auch ihrer Haltung. Was der IG Metall vorschwebe sei weder notwendig noch zweckmäßig und zudem mit dem gleichzeitig geforderten Engagement für schwächere Jugendliche nicht vereinbar, heißt es.
„Wer langfristig ein Unternehmen erfolgreich positionieren will, muss in eine umfangreiche und solide Ausbildung investieren”, sagt Alexander Peters, Geschäftsführer der Neumann & Esser Group in Übach-Palenberg. „Aber kein Unternehmer kann heute die wirtschaftliche Entwicklung und den damit verbundenen Bedarf an neuen Mitarbeitern über drei Jahre vorhersagen und so eine Garantie für die Übernahme geben.” Zumal habe jeder gut ausgebildete Jugendliche, der nicht übernommen werden könne, vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung die besten Chancen, in einem anderen Unternehmen eine Anstellung zu finden.
Die Unternehmer weisen auch darauf hin, dass in der Metall- und Elektroindustrie bereits festgelegt ist, dass Ausgebildete zunächst für ein Jahr übernommen werden müssen. Für die Mitarbeiter, die sich dann in der Praxis bewährten, münde dies in der Regel in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
Viele der befragten Unternehmen fürchten, dass nicht mehr über Bedarf ausgebildet wird, wenn sich die IG Metall mit ihrer Forderung durchsetzt. „Wir sehen es als unsere gesellschaftliche Verpflichtung an, auch über den Eigenbedarf auszubilden, um jungen Menschen eine solide Ausbildung und damit einen Start ins Berufsleben zu ermöglichen. Das heißt, dass wir nicht alle unbefristet übernehmen können”, sagt Wolfgang Breme, kaufmännischer Geschäftsführer von Aixtron in Herzogenrath. „Ein Zwang zur Übernahme ist aus unserer Sicht kontraproduktiv und schadet jungen Menschen, die einen Ausbildungsplatz suchen.”
Dazu sagt Franz-Peter Beckers: „Betriebe, die über den eigenen Bedarf ausbilden, sollen von der Regel ausgenommen werden.” Gleiches gelte auch für Unternehmen, die sich in einer wirtschaftlich schwierigen Situation befänden.
Die Befragten sind sich einig, dass eine verbindliche Übernahmepflicht jeden Leistungsanreiz in der Ausbildung abschaffen würde. Wer die Übernahme sicher habe, müsse sich auch nicht mehr anstrengen. „Das wäre genauso, als ob die Aufnahme in die 5. Klasse des Gymnasiums gleichzeitig das Bestehen des Abiturs garantiere”, sagt VUV-Geschäftsführer Ralf Bruns.
Beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), zu dem auch die IG Metall gehört, hält man die Ablehnung der Arbeitgeber für unzeitgemäß. „Mit Blick auf den demografischen Wandel und den daraus wachsenden Fachkräftebedarf ist die unbefristete Übernahme nach der Ausbildung das beste Signal der Arbeitgeber, um junge Menschen für sich zu gewinnen”, sagt Ralf Woelk, Vorsitzender des DGB NRW Region Süd-West.
Erste Verhandlungenab Anfang März
Am 6. März starten in den ersten Bezirken die Tarifverhandlungen. Mit dabei sind der langjährige Pilotbezirk Baden-Württemberg sowie Niedersachsen und die Mittelgruppe Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland. Das heißt aber längst nicht, dass hier schließlich auch die finalen Verhandlungen geführt werden.