Herzogenrath/Düsseldorf : Faulturm-Experten aus Herzogenrath bauen im Untergrund
Herzogenrath/Düsseldorf Natürlich war Klaus Degen am Ende einer der ersten Fahrgäste, die in die neue Düsseldorfer U-Bahn stiegen. Die 3,4 Kilometer lange Wehrhahn-Linie ist Mitte Februar offiziell in Betrieb genommen worden.
843 Millionen Euro hat das Projekt gekostet, sechs unterirdische Stationen wurden gebaut — und Klaus Degen hat bei jedem Halt der Jungfernfahrt gedacht: „Das sieht wirklich toll aus.“
Klaus Degen, zusammen mit Waldemar Rogowski Geschäftsführer des Herzogenrather Unternehmens „Degen + Rogowski Fassadentechnik“, und sein Betrieb verantworten die Fassaden von zwei der sechs Stationen in Gänze und waren in allen sechs für das sogenannte Kontinuum verantwortlich, eine Element mit Wiedererkennungswert, das in allen U-Bahnhöfen auftritt.
Das „Degen + Rogowski“-Team um Guido Hänel-Schega als technischen Leiter des Projekts stand dabei vor einer seltenen Herausforderung: Denn U-Bahnen werden in diesem Land nur selten gebaut, und wenn, dann sind die Anforderungen — Stichwort Brandschutz — gigantisch. Und dann wurde vor Ort nicht nur mit den Architekten (Netzwerkarchitekten aus Darmstadt) sondern auch mit Künstlern zusammengearbeitet, die die Stationen gestalteten. „Es ist schon spannend, wenn ein Ingenieur auf Kunst trifft.
Das Projekt hat uns viel Freude bereitet“, sagt Degen. Und so sorgten sie dafür, dass Ralf Broegs Ideen des roten Strahls und des Theatervorhangs eindrucksvoll umgesetzt wurden. Insbesondere der rote Theatervorhang —samt Faltenwurfoptik — aus bedruckten Keramikplatten zieht die Blicke auf sich.
Die Herzogenrather Firma Degen + Rogowski hat sich als Experte für komplizierte Fassaden und speziell für den Einsatz von Keramik bundesweit einen Namen gemacht. Die Düsseldorfer U-Bahn — die Firma hatte sich ganz normal auf die öffentliche Ausschreibung beworben — ist das jüngste Highlight auf der Referenzliste des Herzogenrather Betriebs mit seinen rund 30 Mitarbeitern.
Begonnen hatte alles in Dortmund, wo Klaus Degen, gelernter Architekt, vor 32 Jahren bei einer Firma arbeitete, die Isolierungen anbot. Dort wurde er mit seinem ersten Faulturm konfrontiert, also einem dieser eierförmigen Gebilde, die an Kläranlagen stehen. In solchen Faultürmen werden Tausende Kubikmeter Klärschlamm erhitzt, um, wie es der Name schon sagt, auszufaulen. Das Prinzip ist etwa das Gleiche wie im menschlichen Darm.
Das Potenzial erkannt
Degen erkannte das Potenzial, Faultürme würden bald schon überall im Land gebaut. Er machte sich selbstständig, der Plan ging auf, 1993 fand er in Waldemar Rogowski einen Partner. Es mögen mittlerweile fast 300 Faultürme in ganz Deutschland sein, hinter deren Fassade Degen und Rogowski stehen. Sogar in London haben sie welche (für RWE) bekleidet, wie es tatsächlich heißt.
Wenn Waldemar Rogowski auf Deutschlands Autobahnen unterwegs ist, dann ist er immer wieder von Stolz erfüllt. Denn er sieht die vielen Faultürme, die er und seine Mitarbeiter, viele kommen aus seiner polnischen Heimat, mit ihren meist glänzenden Hüllen versehen haben. Die an der A 4 bei Düren sind darunter, auch die in Eschweiler und in Jülich. Ebenso die der größten Kläranlage Deutschlands in Hamburg. Zwei Jahre haben sie an den Faultürmen gearbeitet, normalerweise brauchen sie sechs Wochen für einen normalen Faulturm.
Von der A 40 aus kann Rogowski das neue Landesarchiv sehen. Wie ein riesiger Zahn wächst es aus den alten Speicherhäusern am Duisburger Hafen. Es viel diskutiert worden über diesen Bau, weil die Kosten in den sprichwörtlichen Himmel wuchsen. Doch das ist eine andere Geschichte. Rogowski achtet an dieser Stelle viel mehr auf die Spitze des Bauwerks, die nach Ziegeln aussieht, aber weit komplexer ist — und von seiner Firma montiert wurde.
In Mainz findet er die Neue Synagoge. Der gebürtige Düsseldorfer Architekt mit Büro in Köln, der an der RWTH Aachen studiert hat, schuf eine bemerkenswerte Form, und: eine hochkomplexe Fassade. Zehn Jahre lagen zwischen Entwurf und Bau, am Ende hat Rogowski mit seinen Mitarbeitern 8000 einzelne Elemente millimetergenau zusammengesetzt. „Wir haben wirklich sehr gute Leute“, sagt er.
Und damit zurück nach Düsseldorf: Bei der Eröffnung der Wehrhahn-Linie wurde am Ende stellvertretend ein Arbeiter geehrt. Es war Zbiegniew Bajek von Degen + Rogowski.