Bergheim : Energiewende setzt RWE zu
Bergheim Matthias Hartung redete Klartext: „Zusätzliche Belastungen — ganz gleich, von wem sie erdacht werden — sind für uns nicht verkraftbar. Das Ende der Fahnenstange ist erreicht.“ Was der Vorstandsvorsitzende der RWE Generation damit auf den Punkt bringt, sind die aus seiner Sicht enormen Probleme, die die Energiewende seinem Unternehmen zu schaffen mache.
Bei der Vorstellung der jüngsten Geschäftszahlen am Mittwoch im Bergheimer Schloss Paffendorf mahnte Hartung eine „neue Dialogkultur“ mit Blick auf die energiepolitischen Rahmenbedingungen an.
Die Entwicklung auf dem Strommarkt verschärfe die Situation konventioneller Kraftwerke erheblich, machte der Manager deutlich. So habe das betriebliche Ergebnis der RWE Generation in den ersten drei Monaten des Geschäftsjahres 2014 um 25 Prozent unter dem Vorjahreszeitraum gelegen. Es sei von 744 Millionen auf 559 Millionen Euro gesunken. Bis zu 30 Prozent der RWE-Kraftwerke könnten angesichts drastisch gesunkener Börsenstrompreise wegen des wachsenden Anteils regenerativer Energien aus ihren Erlösen „nicht einmal die Kosten für Brennstoff und CO2-Zertifikate decken“, so Hartung. Deshalb seien Kraftwerke übergangsweise oder sogar dauerhaft vom Netz genommen worden, darunter Vorschalt-Gasturbinen in Weisweiler mit einer Energiemenge von 540 Megawatt, insgesamt mehr als 12.600 MW.
RWE nehme weiter „jeden einzelnen Block kontinuierlich kritisch unter die Lupe“. Um rote Zahlen zu vermeiden, werde das Kostensenkungsprogramm, das bereits Einsparungen von mehreren hundert Millionen Euro erzielt habe, fortgesetzt. Hartung: „Wir kämpfen mit allen Mitteln gegen diese äußeren Umstände.“
Neue dunkle Wolken am Horizont sieht er in der Ankündigung aus Berlin, dass sich ab 2017 im Zuge der EEG-Reform vor allem die Bedingungen für die Tagebaue verschlechtern sollten. Bislang sind sie von der EEG-Umlage befreit. Käme eine volle Beteiligung, könnte dies zu Kosten von bis zu 250 Millionen Euro führen. Hartung: „Das wäre nicht verkraftbar, denn die wirtschaftliche Situation ist schon jetzt prekär.“ Zudem bestehe die Sorge, dass auch für die Kraftwerke künftig für den Strom zumindest in Teilen EEG-Umlage bezahlt werden müsse, den sie ausschließlich für sich selbst erzeugen. „Das wäre so“, sagte Hartung, „als müsste man für die im Garten angebauten Kartoffeln für den eigenen Verzehr Mehrwertsteuer bezahlen.“
Hartung forderte ein schnelles neues „Strommarktdesign“, womit auch für die Bereithaltung von Kraftwerkskapazitäten zum Ausgleich der Stromproduktion, wenn Photovoltaik und Windräder nicht liefern können, gezahlt werden sollte. „Wir benötigen ein Modell, damit Versorgungssicherheit einen Wert bekommt.“ Wann das angekündigte Gesetz wirksam werde, sei nicht absehbar. Dass dieser Prozess so viel Zeit in Anspruch nehmen solle, sei „angesichts der Tatsache, dass schon jetzt so viele Kraftwerke unter Wasser sind, allerdings äußerst problematisch“, forderte Hartung eine „Rückkehr zu mehr Verlässlichkeit“.
Die Zahl der Mitarbeiter bei RWE Generation sank binnen Jahresfrist schneller als geplant, um 1250 auf knapp 16 500. In den Betrieben im Revier und in der Kölner Verwaltung sei die Zahl auf 9975 zurückgegangen. Dennoch werde weiter über den eigenen Bedarf hinaus ausgebildet.
Die Menge der geförderten Braunkohle sank mit gut 24 Millionen Tonnen um rund vier Prozent, die Stromproduktion sank um 3,5 Prozent. Kritisch merkte Hartung an, dass die Entscheidung der Landesregierung, den vierten Umsiedlungsabschnitt von Garzweiler II nicht zu realisieren, „ohne uns getroffen“ worden sei. Hartung forderte, dass es für den Tagebau keine zeitliche Begrenzung bis 2030 geben dürfe.