Sternberg/Berlin : Deutsche Biokraftstoffbranche vor dem Aus
Sternberg/Berlin Der deutschen Biokraftstoffbranche droht nach Ansicht ihres Branchenverbandes trotz staatlich geförderter Millioneninvestitionen der vergangenen Jahre das Aus. „Es ist fünf vor zwölf, das haben in der Politik bisher nur wenige verstanden”, sagte der Vorsitzende des Verbandes der deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB), Kurt Stoffel, der Deutschen Presse- Agentur dpa. Hauptgrund sei die auf 21 Cent pro Liter gewachsene Steuerlast für Biodiesel, bei stark gesunkenen Marktpreisen für Diesel auf Mineralölbasis.
„Der Biodieselmarkt für Lkw wurde zum Erliegen gebracht”, erklärte Stoffel. Von bundesweit etwa 50 Anlagen produzierten noch acht bis zehn größere Werke, die nur zur Hälfte ausgelastet seien. Etwa zehn Werke seien bereits in Insolvenz, die anderen versuchten mit Kurzarbeit über die Runden zu kommen.
Die von 2004 bis 2007 entstandene Branche - betroffen seien rund 5000 Beschäftigte in den Werken und bei Zu- und Auslieferern - sei von der Umweltpolitik der Bundesregierung enttäuscht. „Das ist ein enormer Vertrauensverlust auch für Investoren”, sagte Norbert Rethmann, Aufsichtsratsvorsitzender des Entsorgungskonzerns Rethmann (Selm), „Klimaschutz scheint kein Maßstab mehr zu sein.” Rethmann betreibt in Deutschland neben seinen Entsorgungsaktivitäten auch drei Biodieselwerke. Im mecklenburgischen Sternberg und in Lünen (Nordrhein-Westfalen) laufe Kurzarbeit, in Malchin (Mecklenburg- Vorpommern) - wo Biodiesel aus tierischem Fett gewonnen wird - laufe die Anlage noch.
Laut Stoffel könnten in Deutschland jährlich 4,5 Millionen Tonnen Biodiesel hergestellt werden. Der Lkw-Treibstoffmarkt, der allein zwei Millionen Tonnen davon ausmache, sei jedoch wegen des Wegfalls von Steuererleichterungen völlig weggebrochen. Die Politik habe versprochen, die Biodiesel-Besteuerung abhängig vom Rohölpreis zu überprüfen. Das geschehe aber nicht. Obwohl der Bundesregierung bekannt sei, dass die Steuern zu hoch lägen, sei bisher keine Änderung geplant.
Mit dem Abschalten der Biodieselwerke drohe auch das technische Know-How, das seit 2004 in Deutschland führend entwickelt wurde, abzuwandern. „Das betrifft auch Ausrüster”, erklärte Stoffel. Rethmann ergänzt: „Wir hatten 2008 in Deutschland einen hohen einstelligen Millionenverlust beim Biodiesel.” Falls sich dies nicht ändere, müsse man die Produktion in Nachbarländer mit geringerer Steuerlast verlagern. „Wir fordern keine steuerlich subventionierte Bestandsgarantie, sondern den gesetzlichen Rahmen, auf dessen Basis wir investiert haben und wirklich nachhaltige Umweltpolitik”, erklärte Stoffel.