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Aachen: Deutsch-türkischer Wirtschaftstag lotet Chancen aus

Aachen : Deutsch-türkischer Wirtschaftstag lotet Chancen aus

„Es hat noch keine Städtekooperation gegeben, die derartig dynamisch und groß beginnt!” Aachens Oberbürgermeister Marcel Philipp (CDU) schwärmte am Montag von den aus seiner Sicht bestehenden besten Perspektiven einer gerade erst aufs Gleis gesetzten Verbindung der Kaiserstadt mit hoffnungsvollen türkischen Partnern.

Beim ersten deutsch-türkischen Wirtschaftstag im Technologiezentrum am Europaplatz kamen neben Vertretern von Industrie- und Handelskammern, Stadtverwaltungen und Hochschulen auch Abgesandte vom Bosporus, um die Chancen einer engen Verbindung auszuloten.

Im Blickfeld stehen dabei zwei Kommunen: der 400.000 Einwohner zählende Bezirk Sariyer der Metropole Istanbul nahe dem Schwarzen Meer und die 3,5 Millionen Bürger zählende Industriestadt Bursa nicht weit davon entfernt. Im Dezember soll Aachens Rat formale Verbindungen in die Türkei beschließen.

OB Philipp hatte der Region im Sommer mit einer Delegation einen Besuch abgestattet, der überaus optimistisch stimmte. In Bursa dominieren die Auto- und Textilindustrie, die Lebensmittelproduktion und der Maschinenbau, während Sariyer ein wichtiger Umschlagplatz für Fisch ist. Zudem wurden das hohe Technologiepotenzial der Region um Istanbul sowie das ausgeprägte Qualifizierungsniveau der Menschen dort hervorgehoben.

In Bursa besteht eine einflussreiche Technische Hochschule, die gerne eine enge Kooperation mit der RWTH suchen möchte. Von Aachener Seite aus warb gleichfalls Professor Christiane Vaeßen, Prorektorin für Forschung, Entwicklung und Technologietransfer der Fachhochschule, für das praxisnahe Potenzial ihrer Bildungseinrichtung.

Aachen kann zudem auf die Unterstützung durch das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium zählen. Friedrich W. Wagner, Leiter der Abteilung Außenwirtschaft, verwies auf die „vielfältigen und intensiven Beziehungen”, die es bereits zwischen Deutschland und der Türkei gebe.

Allein in Nordrhein-Westfalen gebe es 24.000 Firmen mit türkischstämmigen Unternehmern, 120.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von mehr als zehn Milliarden Euro. Er nannte Energietechnik, Telekommunikation, Transport und Logistik sowie Bauen als neue, erfolgversprechende Geschäftsfelder. Das Land werde helfen, noch stärkere Kontakte zu schaffen, sicherte er zu.

Auf das ständig wachsende Handelsvolumen zwischen Deutschland und der Türkei machte der türkische Generalkonsul Mustafa Kemal Basa aufmerksam. Seine drei Millionen Landsleute hier bedeuteten eine „unvergleichliche Dimension der Zusammenarbeit”. Er mahnte aber, dass die „Ketten an den Füßen” abgestreift werden müssten, um nachhaltig Erfolge zu haben. Damit spielte Basa auf die Visumpflicht an: Vor einer Einreise nach Deutschland müssten „45 Dokumente” vorgelegt werden - ein echtes Hindernis für effektive Zusammenarbeit.

Als Musterbeispiel deutsch-türkischer Kooperation wurde Kemal Sahin, Chef eines in Würselen ansässigen Textilunternehmens vorgestellt, der weltweit 10 000 Mitarbeiter beschäftigt. Er sieht sich als erfolgreicher Netzwerker und unterstützt auch die Aachener Anstrengungen, die Beziehungen in seine Heimat zu vertiefen. „Aachen hat eine offene Atmosphäre für Ausländer.”

Jüngster Ableger aus der Region am Bosporus ist eine kürzlich gegründete Niederlassung des Aachener Entwicklers von Motoren und Getrieben FEV, der sich „auf die Zusammenarbeit mit Freunden in der Türkei” freue.