Düsseldorf : Autozulieferer in NRW suchen nach Auswegen aus der Klemme
Düsseldorf Für die nordrhein-westfälischen Autozulieferer hätte es zum Jahresende kaum schlimmer kommen können. Eine der stärksten Wirtschaftsbranchen der Landes mit rund 200.000 Arbeitsplätzen ist durch die weltweite Krise bei den Autobauern in die Klemme geraten.
Zwei bedeutende Firmen, die TMD Friction aus Leverkusen und die Tedrive Germany in Düren, haben in den vergangenen Tagen den Gang zum Insolvenzgericht angetreten.
Andere Hersteller wie Delphi in Wuppertal oder Hella in Lippstadt schicken ihre Beschäftigten frühzeitig in den Weihnachtsurlaub und meldeten Kurzarbeit an.
„Wenn die Motoren in der Automobilindustrie stottern, kracht es im Getriebe der Zulieferer”, beschrieb der Geschäftsführer des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Klaus Bräunig, am Donnerstag im WDR die derzeitige Lage in der Branche.
Dass sich Produktionsstopps der Autohersteller überhaupt so schnell bei Zulieferern bemerkbar machen, hat mit der sogenannten Just-in-Time-Fertigung zu tun. Danach werden bei den Produzenten die angelieferten Teile der Systemlieferanten kostenschonend nicht mehr aufs Lager genommen, sondern sofort verbaut.
Kommt es zu Verzögerungen an einer Stelle, ist sofort die gesamte Fertigungskette betroffen - die Teilehersteller bleiben auf ihren Produkten sitzen.
Rund 770 Unternehmen in Nordrhein-Westfalen beliefern nach Angaben des Wirtschaftsministeriums die Autoindustrie - unter anderem mit Türschlössern, Lichtanlagen und Achsen, mit Lenksystemen, Bremsen, Kolben oder Bezügen. Nach Angaben der IG Metall in NRW und des Wirtschaftsministeriums sind in der Branche rund 200.000 Menschen beschäftigt.
Das ist rund ein Viertel aller Stellen in der deutschen Autozulieferindustrie. Offizielle Zahlen über das Umsatzvolumen sind wegen der Überlappungen mit anderen Branchen unvollständig. Experten taxieren den Jahresumsatz auf eine Größenordnung von 70 Milliarden bis 100 Milliarden Euro.
Thomas Monsau vom NRW-Wirtschaftsministerium, dort unter anderem zuständig für die Autozulieferer, gehört nicht zu den notorischen Schwarzmalern. Eigentlich sei die Branche in NRW nach den Rationalisierungen in den vergangenen Jahren gut aufgestellt, sagt er.
„Aber dem weltweiten Trend kann sie sich nicht entziehen”. Wie es 2009 weitergeht, werde unter anderem davon abhängen, ob die Maßnahmen der Bundesregierung zur Kaufstimulierung greifen. Dabei will der Experte nicht ausschließen, dass das eine oder andere Unternehmen noch in die Insolvenz getrieben werden könnte.
„Die Situation ist dramatischer als wir angenommen haben”, sagt Thomas Wängler von der Industrie- und Handelskammer Wuppertal- Solingen-Remscheid. In dem Bezirk haben besonders viele Hersteller ihren Standort - klingende Namen wie Edscha (Remscheid), Draka (Wuppertal), Hella (Lippstadt), WKW (Wuppertal), Delphi Deutschland oder Achsenbauer BPW (Wiehl).
Im kommenden Jahr rechnet Klaus Appelt, bei der Kammer für Innovation, Umwelt und Raumordnung zuständig, nicht mit einer Trendwende. Und doch sieht er einen Silberstreif am Horizont: Der fallende Euro und der niedrige Ölpreis könnten ebenso zu einer Entlastung beitragen wie die nach wie vor gute Nachfrage aus den BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) mit ihren riesigen Absatzmärkten.