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Kleine Betriebe werden verdrängt: Aldi & Co. kassieren Agrarsubventionen in Millionenhöhe

Kleine Betriebe werden verdrängt : Aldi & Co. kassieren Agrarsubventionen in Millionenhöhe

Große Agrarholdings kaufen riesige Flächen auf, erhöhen die Bodenpreise und verdrängen so kleinere bäuerliche Betriebe. Die Bundesregierung hat das Problem erkannt, wie aus einem Regierungspapier hervorgeht.

Große Agrarholdings, hinter denen Konzerne wie Aldi, RWE oder auch der Möbelhersteller Steinhoff stehen, kassieren über ihre Tochterfirmen jährliche EU-Agrarsubventionen in mehrfacher Millionenhöhe. Das geht aus einer Antwort des Bundeslandwirtschaftsministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen-Fraktion hervor, die unserer Redaktion vorliegt. Demnach erhielten Unternehmen, an denen Aldi-Nord und Aldi-Süd über Stiftungen beteiligt sind, EU-Agrarhilfen von über fünf Millionen Euro allein im Jahr 2019. Auch die RWE Power AG profitierte von 2018 und 2019 von jeweils 330.000 Euro an EU-Agrarmitteln.

Gleichzeitig kaufen die Agrarholdings der Konzerne seit Jahren systematisch landwirtschaftliche Böden auf und sorgen so für einen drastischen Anstieg der Bodenpreise. Sie stiegen in den vergangenen 15 Jahren in Deutschland um mehr als 300 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern sogar um über 500 Prozent, wie aus der Antwort hervorgeht. Die erhebliche Verteuerung der Böden trug dazu bei, dass kleinere Agrarbetriebe häufig aufgeben mussten: Seit 2005 nahm die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe von knapp 400.000 auf 275.000 im Jahr 2016 ab, so das Papier.

Aus Sicht der Grünen müssen Bundesregierung und EU dringend umsteuern, um das Höfesterben und das umstrittene Geschäftsgebaren der großen Agrarholdings über Anteilsverkäufe, so genannte Share Deals, zu stoppen. „Die Bundesregierung kennt seit Jahren die Problemlage auf dem Bodenmarkt, tut aber nichts. Der Ausverkauf der bäuerlichen Landwirtschaft an Aldi, Steinhoff und Co. muss gestoppt werden“, sagte Grünen-Agrarpolitiker Friedrich Ostendorff.

„Wir brauchen eine Preisbremse am Bodenmarkt und eine handfeste Regulierung von Share-Deals (Anteilskäufen), um bäuerlichen Betrieben und auch neuen Betrieben den Zugang zu Land zu ermöglichen“, sagte er. Auch „das Abgreifen von Agrargeldern in Millionenhöhe durch Investoren“ müsse beendet werden. Die Agrarholdings würden mit ihren Boden-Anteilskäufen regelmäßig die Grunderwerbssteuer umgehen, so Ostendorff.

Auch die Bundesregierung sieht mittlerweile immerhin Handlungsbedarf. So heißt es in der Antwort des Landwirtschaftsministeriums: „Nach Auffassung der Bundesregierung sollten die EU-Agrarzahlungen an verbundene Unternehmen eingeschränkt werden.“ Man setze sich daher in den Verhandlungen auf EU-Ebene für die Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020 dafür ein, dass die Mitgliedstaaten zukünftig Unternehmensverbünde mit ihren landwirtschaftlichen Tochterunternehmen als einen Antragsteller werten können. „Sie wären dann von eventuellen Kürzungen der Direktzahlungen stärker betroffen und würden die Umverteilungsprämie nur einmal erhalten.“

(dpa)