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Herzogenrath: Aixtron-Übernahme steht auf der Kippe

Herzogenrath : Aixtron-Übernahme steht auf der Kippe

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel reist in der kommenden Woche nach China und Hongkong. Er werde Gespräche mit Regierungsvertretern führen, hieß es am Montag aus seinem Ministerium, in Hongkong werde er an der Asien-Pazifik-Konferenz teilnehmen.

Nähere Details gab es nicht.

Man darf davon ausgehen, dass in den Gesprächen auch der Name „Aixtron“ fallen wird. Dass das Herzogenrather Unternehmen Gegenstand von Regierungskonsultationen wird, mag ungewöhnlich klingen, hat aber nicht zuletzt mit Gabriel selbst zu tun. Denn sein Ministerium hat am Montag die bereits erteilte Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Übernahme von Aixtron durch den chinesischen Investor Fujian Grand Chip Investment (FGC) einkassiert. Das Ministerium trete jetzt wieder in das Prüfverfahren ein, teilte ein Sprecher gegenüber unserer Zeitung mit.

„Die Bundesregierung hat bis dahin nicht bekannte sicherheitsrelevante Informationen erhalten“, ergänzte Gabriels Staatssekretär Matthias Machnig. Zusammen mit anderen Ressorts seien die Informationen geprüft worden, das habe zur Rücknahme der Unbedenklichkeitsbescheinigung geführt. Was diese Informationen konkret beinhalten, sagte er nicht.

Damit steht das Geschäft auf der Kippe. Dass der Aixtron-Aktienkurs am Montag heftig einbrach, verdeutlicht, wie unerwartet die Nachricht aus Berlin kam. Auch bei Aixtron hatte man nicht damit gerechnet. „Wir sind überrascht“, sagte Unternehmenssprecher Guido Pickert. „Wir werden mit den Behörden zusammenarbeiten, um die Bedenken auszuräumen.“

Schwieriger Prozess

Der chinesische Investor hatte sein 670 Millionen Euro schweres Kaufangebot Ende Juli abgegeben. Zuletzt hatte es noch so ausgesehen, als ob er am Ziel ist. Bis Ende vergangener Woche waren ihm rund 65 Prozent der Anteile angeboten worden. Die Annahmefrist war am Freitag ausgelaufen, die Annahmeschwelle lag bei 50 Prozent plus einer Aktie.

Der Prozess verlief allerdings nicht reibungslos. Zahlreiche Aixtron-Aktionäre hatten auf der Hauptversammlung im Frühjahr gegen die Übernahmepläne gewettert. Das Angebot von sechs Euro pro Aktie sei zu niedrig, man fürchte den Abfluss von Know-how, hieß es damals. Entsprechend zäh verlief die Annahme des Angebots. Der chinesische Investor reagierte, reduzierte die Mindestannahmeschwelle und verlängerte die Frist.

Auch die Aixtron-Geschäftsleitung intensivierte ihre Werbung für eine Annahme des Angebots. Vorstandschef Martin Goetzeler erklärte Anfang des Monats gegenüber unserer Zeitung, käme das Geschäft nicht zustande, könne eine „kleinere Aixtron mit weniger Mitarbeitern, gestrafftem Produktportfolio und geringerem Wachstumspotenzial“ die Folge sein.

Das Herzogenrather Unternehmen, das Maschinen für die Chipindustrie herstellt, steht massiv unter Druck. Verzögerte Aufträge, Preisdruck und hohe Entwicklungskosten machen ihm zu schaffen. Aixtron schreibt Verluste. Dazu trug auch bei, dass der chinesische Kunde San‘an Optoelectronics einen Großauftrag zusammengestrichen hatte. San‘an finanziert nun indirekt auch das Übernahmeangebot mit, wie der Investor Liu Zhendong, der hinter FCG steht, eingeräumt hatte.

Von dem Investor versprechen die Herzogenrather sich einen besseren Zugang zum chinesischen Markt und Kapital für Forschung und Entwicklung. Der wiederum hatte zugesichert, Aixtron operativ unangetastet zu lassen.

Dass nun wieder ein Fragezeichen hinter der Übernahme steht, hat auch politische Gründe. Eigentlich waren chinesische Investitionen in Deutschland immer willkommen. Für Aufsehen hatte zuletzt die Übernahme des Augsburger Roboterbauers Kuka durch den chinesischen Hausgerätehersteller Midea gesorgt. Hier hatte Gabriel letztlich auf eine vertiefte Prüfung verzichtet. Aber die Diskussion droht zu kippen.

Einen Grund sehen Diplomaten und Geschäftsleute in Peking auch in der „Asymmetrie“ zwischen der Offenheit der deutschen Wirtschaft für chinesische Investoren und den eher noch wachsenden Hürden für deutsche Firmen in China. So pocht der Minister seit Monaten auf eine stärkere politische Einflussnahme gegen unerwünschte ausländische Investoren, als derzeit im Außenwirtschaftsgesetz vorgesehen. Wirtschaftsverbände warnen dagegen vor Abschottung.

Wie lange die Prüfung der angestrebten Übernahme nun dauern wird, war am Montag nicht zu erfahren. Aixtron selbst erklärte, an den Plänen ändere sich derzeit nichts. Die Übernahme soll bis spätestens März abgewickelt sein. Unter Branchenexperten wachsen jedoch die Zweifel, ob die Behörden den Kauf freigeben. Im Januar hatte die US-Behörde beim geplanten Verkauf der Philips-Sparte Lumileds nach China wegen Sicherheitsbedenken geblockt — der Elektronikkonzern sitzt bis heute auf seinem Geschäft mit LED- und Autolichtkomponenten. Auch das hat Auswirkungen auf die Region: Am Lumileds-Standort Aachen sind rund 1300 Mitarbeiter beschäftigt.