Aachen : Yesterday: Nadia Zülow macht den perfekten Absprung
Aachen Sie ist gerade einmal 28 Jahre jung, doch die große Karriere hat Nadia Zülow bereits hinter sich. „Manchmal erschrecke ich mich selbst, wenn ich daran denke, wie viele große Titel ich gewonnen habe”, sagt die erfolgreichste Voltigiererin aller Zeiten.
Dreimal in Folge - 1998, 2000 und 2002 - wurde sie Weltmeisterin im Einzel-Voltigieren, 1992 stand sie mit der Mannschaft oben auf dem Siegerpodest, hinzu kamen viele Titel bei Europa- oder Deutschen Meis- terschaften.
Warum sie sich schon recht früh wieder aus dem aktiven Spitzensport zurückgezogen hat, wird Nadia häufig gefragt. Oft schwinge in den Stimmen ihrer Gegenüber Unverständnis mit, weiß sie.
Dabei hat die sympathische Neusserin mit ihrer Entscheidung selbst kein Problem. „Ich war total ausgefüllt und glücklich. Am Ende war ich einfach nur zufrieden - mit meinen Erfolgen, dass ich nie ernsthaft verletzt war und nie richtig böse Niederlagen hinnehmen musste.” Es war einfach ein guter Zeitpunkt, - 2003, kurz nach dem letzten Europameistertitel, den Nadia zu den schönsten Erfolgen ihrer Karriere zählt - um aufzuhören, findet sie selbst.
Schließlich sei das Sportlerleben nicht immer rosig gewesen. „Öffentlich werden nur die Erfolge. Den Schweiß und die harte Arbeit sieht man ebenso wenig, wie den enormen Druck, unter dem die Sportler oft stehen”, erklärt Zülow und verrät, dass auch sie manchmal gedacht habe: Du hörst auf, du hast keine Lust mehr. Um so wichtiger war für sie, die aktive Karriere an einem positiven Punkt zu beenden.
Mit dem Reitsport angefangen hat Nadia als sie fünf Jahre alt war. Eigentlich wollte sie wie viele kleine Mädchen reiten lernen, doch die Trainer legten ihrer Mutter nahe, dass die kleine Nadia es lieber mit dem Voltigieren versuchen sollte. „Ich war ein total kleiner Floh, viel zu zierlich, um schon zu reiten”, erzählt sie. „Vom Voltigieren hatte ich nie gehört, aber als es hieß, es wäre etwas mit Pferden, war ich sofort dabei.”
Ehrgeiz statt Talent
Ein Talent sei sie nie gewesen, aber das sei auch gar nicht so schlimm, gesteht Nadia. „Talente bleiben oft über kurz oder lang auf der Strecke. Ab einem bestimmten Zeitpunkt braucht man Ehrgeiz und Durchhaltevermögen. Da reicht es nicht, dass man gut ist. Man muss sich vor allem quälen können”, sagt sie. Nadia musste mehr ackern als andere, genoss den Kampf mit eigenen Grenzen.
Inzwischen hat sie an der Sporthochschule in Köln ihr Diplom gemacht, arbeitet weiter an der Uni und für den ALRV im WM-Team von Kersten Klophaus, dem Disziplinmanager für Voltigieren. In den letzten drei Jahren ist sie in die Funktionärsarbeit hi- neingewachsen - und begeistert. Dass sie bei der WM in Aachen den Aktiven nur zugucken darf, stört sie nicht. „Ich brauche das nicht mehr”, sagt Zülow, die auch heute häufig trainiert.
Nur zwei Punkte lassen bei Nadia Zülow etwas Wehmut aufkommen. Zum einen ist da der nicht erfüllte Olympiatraum. Das andere ist, dass Nadia gerne von ihrem Sport leben würde. Doch auch das ist nicht möglich.