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Die Zweite Liga der Lateinformationen: Wie die Mutter so der Sohn

Die Zweite Liga der Lateinformationen : Wie die Mutter so der Sohn

Simon Schmitz möchte mit der Lateinformation des TSC Schwarz-Gelb Aachen in die Erste Bundesliga aufsteigen. Die Tanz-Leidenschaft von Britta Jungen-Schmitz „geerbt“.

Er möchte genau da hin, wo sie schon war. Einmal in der Ersten Bundesliga antreten, einmal bei den Deutschen Meisterschaften im Finale stehen. Und die DM im November und die Erste Bundesliga 2023 könnten zur Wirklichkeit werden. Denn Simon Schmitz führt mit dem TSC Schwarz-Gelb Aachen nicht nur die Zweite Liga der Lateinformationen an, schon vor dem letzten Turnier am Samstag im westfälischen Borken haben sich die Aachener für das Aufstiegsturnier am 21. Mai in Nienburg qualifiziert.

„Ich habe immer gehofft, dass meine Kinder Spaß am Tanzsport bekommen“, freut sich Britta Jungen-Schmitz, dass ihr mittlerer Sohn ihre Leidenschaft teilt. Bei einem Tanzkurs Mitte der 80er Jahre war sie selbst in die Hände von Petra Heiduk, damals TSC-Cheftrainerin, geraten, die die talentierte 16-Jährige für die kurz zuvor gegründeten Formationen begeisterte. 1987 kam sie ins B-Team von Schwarz-Gelb, stieg mit diesem von der Landesliga bis in die Erste Bundesliga auf und wurde bei der DM Vierte. Es war der erste Höhenflug des Clubs, dessen A-Team, in dem sie Reserve war, 1992 den ersten von vier Weltmeistertitel holte.

Auch wenn Britta Jungen 1993 ihre Karriere beendete, hält die Liebe zum Tanzsport bis heute. „Ich habe meine drei Jungs oft mitgeschleppt, doch während Max und Paul Fußball spielen wollten, hat Simon sich von Anfang an fürs Tanzen interessiert“, freut sich seine Mutter. Was zwei Gründe für den Filius hatte: Zum einen lag ihm das Spiel mit dem Ball nicht so, „Tanzen finde ich einfach besser“, und zum anderen „wollte ich lieber etwas mit Mädchen zusammen machen“, gesteht Simon Schmitz lachend.

Schon vor der Einschulung ging er in die Kindergruppe von Sandra Grein, damals mit Ehemann Rico eins der Top-Paare in der Formation des Tanzsportzentrums Aachen. Aber die Mädchen – „irgendwann wollte er lieber Paartanzen machen“, blickt seine Mutter lachend zurück. Es fand sich eine Partnerin bei Grün-Weiß Aquisgrana – für Standard. „Doch die wollte dann irgendwann, kurz vor dem Aufstieg in die B-Klasse, lieber Fußball spielen“, sagt Simon Schmitz einigermaßen verständnislos.

Da fügte es sich gut, dass Holger Reißer 2017 den Formationssport bei Schwarz-Gelb Aachen neu beleben wollte. „Wir kennen uns, seit Britta angefangen hat, zu tanzen“, so Reißer, inzwischen Cheftrainer des TSC, der damals selbst im A-Team tanzte. E nahm den erst 13-Jährigen unter seine Fittiche, der zuerst zwei Saisons im B-Team tanzte und seit 2019 zum A-Team gehört. Mit gerade einmal 18 Jahren ist Simon Schmitz aktuell der jüngste Mann in der Mannschaft, „aber zum Glück habe ich mit Laura Karsch eine erfahrene Partnerin“.

Der Formationstanzsport hat sich in den vergangenen 30 Jahren gewaltig weiterentwickelt. „Oh weh“, entfährt es Simon Schmitz, was nicht auf die Tanzkünste seiner Mutter, die er von gerne immer wieder angeschauten Videos kennt, bezogen ist, sondern auf das Aussehen der Tänzer. „Diese Klamotten mit den ganzen Rüschen, das war schon krass. Und die Musik, meistens Musicals, das wäre nicht so mein Ding. Unsere aktuelle Musik ,Music was my first love‘ ist zwar auch schon einige Jahre alt, aber irgendwie zeitlos.“

 Voluminöse Kleider: So sah das Formationstanzen 1990 aus, als Britta Jungen-Schmitz selbst noch aktiv war.
Voluminöse Kleider: So sah das Formationstanzen 1990 aus, als Britta Jungen-Schmitz selbst noch aktiv war. Foto: Peter Jungen

Nicht nur die Kleidung, auch das Tanzen selbst hat sich stark verändert: „Die Choreographien sind heute sehr viel athletischer und schneller. Wenn man früher fünf Pirouetten am Stück gedreht hat, war das schon gut, heute drehen manche Teams bis zu 20“, ergänzt Britta Jungen-Schmitz, die die Entwicklung über die Jahre immer verfolgt und kaum eine DM verpasst hat. „Und es war eine Sensation, als Petra Heiduk das wandernde Roundabout erfunden hat – heute wird hin und her mit wechselnden Bildern gewandert, ein Bodenwischer dazwischen, und weiter geht’s.“ Die 51-Jährige unterstützte Reißer in den ersten Jahren mit Dorothee Söndgen als Co-Trainerin beim B-Team und hilft auch heute immer wieder aus, wenn die jetzigen Trainer Nils Reißer und Laura Bülles, zusammen auch ein Paar im A-Team, verhindert sind.

Was geblieben ist – und das ist die Heiduk-Schule – bei Britta Jungen-Schmitz und Holger Reißer die Vorliebe für das Tänzerische, das auch die erste von Reißer komplett entwickelte Choreographie unterstreicht, mit der Aachen bisher alle Turniere in der Zweiten Liga gewinnen konnte. Und mit der der Aufstieg gelingen soll. „Ich erinnere mich an eine Autofahrt, da war Simon ein halbes Jahr im Team“, blickt Holger Reißer zurück. „Da habe ich gesagt, ich möchte mal gerne mit Dir eine DM erleben, Du als Tänzer und ich als Trainer.“

Nur zwei Hürden gibt es noch: Es muss mindestens Platz zwei beim Aufstiegsturnier herausspringen, wobei Walsrode und Bietigheim, die führenden Formationen in Nord und Süd, ebenfalls sehr stark sind. Und dann hängt es vom Studium ab, denn momentan bastelt Simon Schmitz nebenbei noch sehr erfolgreich am Abitur. „Der Aufstieg war von Beginn an unser Ziel, wir wollten die alten Bundesliga-Zeiten beim TSC wiederbeleben. Und ich möchte gerne selbst Bundesliga tanzen“, sagt der 18-Jährige, der auf Lehramt studieren möchte – ganz wie die Mama.