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Rugby: Eric Marks zwischen Klausurstress und Bretagne

Rugby : Eric Marks zwischen Klausurstress und Bretagne

Der Aachener Eric Marks spielt seit 2019 für den RC Vannes in der zweiten französischen Rugbyliga. Das Coronavirus legte den Spielbetrieb auch in Frankreich zwischenzeitlich auf Eis, nach einer rekordverdächtig langen Vorbereitung ist dem 23-Jährigen und seinen Teamkollegen jetzt der Start in die Saison 2020/21 geglückt.

Es war Anfang März, als Eric Marks eine Nachricht auf sein Handy bekam. „Es hieß, dass der Trainingsbetrieb erst einmal für einen Monat ausgesetzt ist“, sagt der 23-jährige Rugbyprofi vom französischen Zweitligisten RC Vannes. Der Aachener hatte gerade seine Tasche gepackt, wollte aus seiner Heimatstadt zurück nach Frankreich reisen. „Ich war während einer regulären einwöchigen Spielpause Ende Februar nach Aachen gekommen, um meine Klausuren zu schreiben und meine Familie und Freunde zu Hause zu besuchen. Da wusste ich allerdings noch nicht, dass sich mein Aufenthalt hier bis Ende Mai strecken sollte“, sagt Marks.

Training im Aachener Wald

Das Coronavirus setzte auch dem Rugby-Spielbetrieb in Frankreich ein Ende – Marks, mit elf Jahren zum Rugby gekommen und beim heimischen RC Aachen groß geworden, wurde angewiesen, während des Lockdowns individuell zu trainieren. „Es war zunächst natürlich nicht klar, wie es mit der Saison weitergehen wird. Wir haben dann Laufpläne bekommen, und ich bin hier in Aachen in den Wald gegangen, um etwas für meine Fitness zu tun und vor allem die Zeit totzuschlagen“, erinnert sich der 1,96-Meter-Hüne. Schließlich wurde klar: Die Saison wird wie auch die vieler anderer Sportligen in Deutschland und sämtlichen weiteren Ländern abgebrochen. Es gab keine Aufsteiger und auch keine Absteiger. Der RC Vannes fand sich nach 23 absolvierten Spielen auf Platz acht der Pro D2, der zweiten französischen Rugbyliga, wieder.

Eine lange Vorbereitung

„Das alles führte dann natürlich dazu, dass die Vorbereitungszeit auf die neue Saison sich sehr lange hingezogen hat. Ende Mai durfte ich wieder nach Frankreich, wir haben zuerst einen Monat ohne körperlichen Kontakt trainiert und dann Ende Juni wieder wie gewohnt“, gibt Marks zu Protokoll.

Der Start in die Spielzeit 2020/21 ist dem Aachener und seinen Teamkollegen durchaus geglückt: Aus fünf Spielen holte Vannes vier Siege, einmal mussten die Bretonen sich bisher geschlagen geben, momentan steht das Team auf Platz vier. „Wir hatten viele Zu- und Abgänge vor der Saison, haben jedoch einen wunderbaren Mix aus jungen und erfahrenen Spielern im Team. Wir sind auf einem guten Weg. Auch das Training macht Spaß, es herrscht dort nur positive Stimmung“, beurteilt Marks, der 2016 zum Erstligaklub La Rochelle nach Frankreich wechselte, bevor er 2019 in Vannes anheuerte und dort mittlerweile zum Stammspieler avanciert ist, die aktuelle Situation.

Im zweiten Jahr mit seinem neuen Verein möchte der Zweite-Reihe-Stürmer die Aufstiegs-Playoffs erreichen, für die sich die ersten sechs Teams der Tabelle qualifizieren. Er weiß jedoch auch: „Wir haben noch 26 Spiele vor der Brust, unsere gute Platzierung bedeutet im Moment gar nichts.“ Trotz Corona kann der RC Vannes in der neuen Saison weitestgehend auf seine Fans bauen. In Frankreich, das von der Pandemie bekanntlich stärker betroffen ist als Deutschland, dürfen bis zu 5000 Zuschauer die Sportereignisse besuchen.

„Wir haben normal im Durchschnitt ungefähr 7500 Zuschauer, also merkt man die Einschränkungen nicht allzu sehr“, findet Marks. Es gebe jedoch auch Vereine, die Konzepte für mehr Fans im Stadion entwerfen. Jede Woche werden Marks und seine Kollegen drei Tage vor dem Spieltag auf das Virus getestet. „Sobald ein oder zwei Spieler positiv getestet werden, müssen diejenigen in Quarantäne. Bei zu vielen Spielern, denen eine Infektion nachgewiesen wird, muss dann die ganze Mannschaft zwei Wochen den Betrieb aussetzten“, erklärt der 113-Kilo-Mann. Aufgrund der aktuell steigenden Infektionszahlen gebe es pro Spieltag häufig zwei bis drei Spielabsagen. „Es ist eine schwierige Zeit. Wir müssen aber lernen, damit umzugehen. Wie die Saison jedoch zu Ende gehen soll, ob sie verlängert wird oder ob es wieder keine Auf- und Absteiger geben wird, weiß ich beim besten Willen nicht“, betrachtet Marks die Zukunft als ungewiss.

Zusätzlich zu seinem Dasein als Rugbyspieler in einer französischen Profiliga studiert Marks seit 2014 Bauingenieurswesen an der RWTH Aachen. Das bringt viel Stress mit sich, der 23-Jährige hat jedoch gelernt, sich in Sachen Zeitmanagement und Organisation stetig zu verbessern. „Ich habe im Sommersemester leider nur eine Klausur schreiben können, die ich aber zum Glück bestanden habe. Durch die Spontanität, die die Lage aktuell hergibt, ist oft nicht klar, wann ich in Aachen bin und Klausuren schreiben kann. Da müssen dann oft Extraprüfungen organisiert werden“, erläutert Marks.

In der Regel ist er alle drei Monate in seiner Heimatstadt, um seine Kontakte zu Hause zu pflegen. Auch beim RC Aachen, dort, wo alles angefangen hat, hilft der Profi, wo er kann. „Ich biete mich immer an, beim Training hier mitzumischen und habe stets eine helfende Hand für meinen Heimatclub“, sagt er. Marks, der 2018 mit der deutschen Nationalmannschaft um die WM-Teilnahme kämpfte, sieht für den Rugbysport durchaus Potenzial in dem vom Fußball regierten Deutschland.

„Hier kann etwas aufgebaut werden. Das Problem ist, dass Rugby in Deutschland zu wenig bekannt ist. Das muss schon in Schulen anfangen, die jungen Leute müssen den Sport früh kennenlernen. Das machen auch einige Vereine: Unter dem Motto ,Get into Rugby’ besuchen sie Klassen und stellen unser Spiel vor. Ich habe aber beobachtet, dass sich die Lage zum Beispiel in Sachen TV-Übertragungen deutlich gebessert hat. Jetzt müssen nur noch mehr finanzielle Mittel gefunden werden, die auch in den Deutschen Rugby-Verband fließen müssen“, kennt der Vannes-Akteur den Ansatzpunkt in seinem Heimatland.

Die Lage in der Nationalmannschaft gestaltet sich aktuell schleppend. „Beim DRV gibt es aktuell einen Umbruch, viele Sponsoren sind abgesprungen. Für Ende des Jahres sind jedoch wieder zwei Trainingsspiele angesetzt. Und die EM soll ja 2021 stattfinden. Ich persönlich werde bei den Spielen im Dezember vermutlich nicht dabei sein, da mein Verein mich dafür nicht freistellt. Die Priorität liegt auf Frankreich, da Rugby dort einfach populärer ist. Das heißt aber nicht, dass die Nationalmannschaft für mich Geschichte ist“, stellt Marks klar. Der Fokus liegt jedoch auf Vannes – und auf dem nächsten Spiel in der Pro D2.