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Thomas Thelen spricht mit Mental-Coach David Kadel über Liverpools 4:0

Interview mit Mental-Coach David Kadel : „Klopp kann Menschen Glauben einimpfen“

Das denkwürdige Champions-League-Finale war gerade erst abgepfiffen, da ging die WhatsApp-Nachricht von David Kadel an Liverpool-Trainer Jürgen Klopp auch schon raus: „Danke Kloppo für die spannendsten 90 Minuten meines Lebens“, schrieb der Mental-Coach, Comedian und Buchautor an Klopp.

Kadel kennt Klopp bereits aus Mainzer Zeiten und gilt als Vertrauter des Trainers. Mit ihm hat er den Film „Und vorne hilft der liebe Gott“ gedreht, in dem Klopp von seinem Glauben auf dem Fußballplatz erzählt. AZ/AN-Chefredakteur Thomas Thelen sprach mit Kadel.

Was ist da passiert, Herr Kadel?

David Kadel: Es wäre viel zu einfach jetzt zu sagen, da hatte eine Mannschaft etwas zu verlieren gehabt, nämlich Barcelona, und die andere Mannschaft hatte nichts zu verlieren gehabt und konnte drauflos stürmen. Das würde in 99 von 100 Fällen trotzdem schief gehen, wenn man gegen Barcelona spielt. Hallo! Barcelona! Messi! Als Erklärung reicht ein Wort: Anfield. Das ist einfach magisch. Das ist der helle Wahnsinn, was da seit Jahren passiert. Dieses Stadion ist einfach die Mutter des You’ll never walk alone.

Wieviel Anteil hat Jürgen Klopp an diesem Erfolg?

Kadel: Klopp hat ein Alleinstellungsmerkmal. Er kann Menschen Glauben einimpfen. Jürgen hat mal gesagt: „Meine Aufgabe ist es mein Selbstvertrauen auf die Mannschaft zu übertragen.“ Das kann er wie kein anderer. Ich glaube, das Geheimnis von Dienstag war, dass er den Spielern wahrscheinlich ganz deutlich in ihre Augen und in ihre Herzen geschaut hat und gesagt hat: „Habt einfach Freude daran. Wenn wir scheitern, dann lasst uns euphorisch scheitern.“ Damit nimmt er den Jungs den Druck. Ajax spielt im Moment auch so. Ich glaube, da können wir alle was von Jürgen Klopp lernen. Wenn man mit Freude und Begeisterung und Dankbarkeit an eine Sache herangeht, dann wird das auch was.

In solchen Situationen wird gerne der Begriff vom Fußballwunder bemüht. Können Sie mit dem Begriff etwas anfangen?

Kadel: Damit kann ich auf jeden Fall was anfangen. Ich bete aber nie für einen Sieg. Da halte ich es auch mit Jürgen, der mal gesagt hat: „Gott hat wichtigeres zu tun, als sich um Fußball zu kümmern.“ Aber ich muss zugeben, dass ich Dienstag oft für meinen Freund gebetet habe, dass Gott ihm Weisheit gibt, dass er die richtigen Entscheidungen trifft, dass er seinen Spielern Kraft gibt.

Was macht Klopp anders als andere?

Kadel: Er hat Empathie, das ist sein Geheimnis. Er kann sich wie kein anderer in seine Spieler hineinversetzen, bringt ihnen Wertschätzung entgegen, ermutigt sie. Er hat für jeden das richtige Wort, die richtige Geste, die Umarmung zur rechten Zeit. Das macht er genial. Man folgt ihm, man lässt sich von ihm inspirieren. Und deshalb glauben ihm seine Spieler, wenn er sagt: „Hey, das Spiel ist noch nicht vorbei, es ist noch alles möglich.“ Menschen anzünden, das kann er wie kein anderer. Am Dienstagabend hat man gesehen was passiert, wenn Menschen brennen. Wahnsinn, was die für ein Feuerwerk abgebrannt haben.

Hat er schon auf Ihre WhatsApp geantwortet?

Kadel: Er hat bestimmt 25.000 Nachrichten bekommen, geantwortet hat er mir aber noch nicht.

Und jetzt am Sonntag die Meisterschaft...?

Kadel: Da braucht es wieder ein Fußballwunder.