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Mönchengladbach: Starb die Hoffnung in der Winterpause?

Mönchengladbach : Starb die Hoffnung in der Winterpause?

Am Verhalten von Vögeln soll sich nahendes Unheil erkennen lassen. Am Verhalten von Journalisten auch. Vorhang auf, Presseraum des BVB nach Borussia Mönchengladbachs 0:1-Niederlage gegen Dortmund.

Borussen-Manager Peter Pander ist eingekreist von Fragestellern, sieben Meter entfernt verliert sich eine Handvoll Journalisten, die im Gespräch mit Gladbach-Trainer Jos Luhukay noch einmal die so bittere anderthalb Stunde durchgehen.

Die Deutung der sportlichen Himmelszeichen ist einfach: Borussia steht nach diesem 22. Spieltag nicht nur am, der Klub vom Niederrhein schwebt bereits mit einem Fuß über dem Abgrund und droht von diesem in Richtung 2. Liga verschlungen zu werden.

Zwangs-Parolen

In solchen Momenten ist es ein Kinderspiel, alle Aussagen der Verantwortlichen als Durchhalte-Parolen abzustempeln. Davor ist auch Luhukay nicht gefeit, der ansonsten so authentisch und analytisch herüberkommt. „Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben”, „Uns hat auch das Glück gefehlt”, „Wir müssen wieder aufstehen” sind nicht unbedingt Aussagen aus dem Wörterbuch des Heilspredigers. Aber sie sind in diesem speziellen Fall Ausdruck von Betroffenheit.

16 Tore in 22 Spielen, 20 Punkte, eine erneute Niederlage gegen einen sehr schwachen Gegner, letzter Tabellenplatz - da pinselt auch ein Fußball-Fachmann den Mönchengladbacher Horizont nicht mehr rosarot. „Ich habe doch alle Stürmer gebracht, die wir haben”, bricht das ganze Entsetzen über die wieder einmal offensive Untauglichkeit seiner Mannschaft aus ihm heraus.

Die Quintessenz: Eine personelle Lösung dieser vereinsbedrohenden Lage gibt es nicht.

Pander im Brennpunkt

Die hat man in der Winterpause vertan. Womit wir beim zweiten, besser besuchten Schauplatz im Dortmunder Presseraum sind. Es geht um Verantwortlichkeit für eine Situation, die schon seit etlichen Spielzeiten überdeutlich ist: Gladbach fehlt ein torgefährlicher Stürmer (oder mehr) und auch Seelenverwandte im Mittelfeld.

Gladbachs „Katastrophe” ist nicht „natürlich”, bahnt sich schon lange an und ist hausgemacht. „Wir haben uns schon Gedanken gemacht. Aber wir haben auch Vertrauen in die Spieler gesetzt, die wir haben”, windet sich Peter Pander.

Der Manager ist clever genug zu wissen, wie dürftig seine Argumente wirken. Zumal er vorsorglich noch am letzten Arbeitsabend von Jupp Heynckes, auch um seine eigene Position fürchtend, einen Torjäger ankündigte. Um einen Tag später beiläufig den Möchtegern-Coup kurz vor Ende der Transferliste als gescheitert zu erklären.

Drei Neue in der Winterpause: Borussen-Präsident bezeichnete sie als Verstärkungen. Diese Deutung kann er nur übernommen haben von der Sportlichen Leitung, denn ein ausgewiesener Fußballfachmann ist der Unternehmer nicht.

Das Rettungstrio also. Steve Gohouri ist die Alternative in der Innenverteidigung, die man im Sommer nicht geholt hat. Er hat eingeschlagen in einem Mannschaftssteil, der mit dem Kardinal-Problem nichts zu tun hat. Alexander Baumjohann ist ein Talent - davon besitzt Gladbach schon mehr als genug. Mikkel Thygesen ist ein Zwitter zwischen Mittelfeldspieler und Stürmer, wenn, dann ein Torvorbereiter und spielte am Samstag mit der U23 gegen Magdeburg (2:3).

„Wir haben schon deutlich schlechtere Spiele in der Hinrunde gesehen”, sagte Pander. „Aber das ist die B-Note, dafür bekommt man keine Tore und keine Punkte. Wir müssen an der A-Note arbeiten.” Damit liegt der Ball wieder bei Jos Luhukay, der für die noch anstehenden zwölf Spiele den untauglichen Versuch starten darf, den todkranken Patienten Borussia am offenen Herzen zu operieren.

Ist Torgefährlichkeit in nicht einmal drei Monaten trainierbar mit einem Klientel, das für diesen eigentlich Zweck der Sportart ungeeignet scheint?

Die größte Gladbacher Chance teilten sich Gohouri (Kopfballvorlage) und Zé Antonio, dessen Kopfball aus fünf Metern Roman Weidenfeller grandios parierte (55.) - beides Innenverteidiger. Aber ach ja, Pander verwies beim Thema Vertrauen auch noch auf Oliver Neuville (gerade aus dem Mannschaftstraining in die Reha-Abteilung zurückgestuft) und Borussias wandelndes Fragezeichen Wesley Sonck. Das ist hinter dem Belgier seit Samstag verschwunden.

In der Woche hatte Luhukay noch über negative Körpersprache referiert. Soncks Gebaren nach seiner Einwechslung war lehrbuchhaft - schlecht. „Dazu möchte ich lieber nichts sagen”, urteilte der Trainer. Sein „Ich kenne die Spieler noch nicht so lange” klang wie eine Entschuldigung für diesen Fehlgriff. Den wird Luhukay nicht noch mal begehen.

Aber er hat ja auch so noch genug zu tun. Nicht nur im Fach Torgefahr. In den ersten 20 Minuten stimmte bei Borussia speziell im Mittelfeld die Zuordnung nicht. Was laut Luhukay nicht daran lag, diesmal nicht mit einem Doppel-Sechser zu operieren.

„Wir sind nicht in die Zweikämpfe gekommen. Das hat nichts mit System oder Taktik zu tun.” Das reichte Alexander Frei, den einzigen Treffer zu erzielen (19.) - und dem Borussen-Coach noch einen weiteren Lehrauftrag zu stellen: Bissigkeit.