Aachen : Schiedsrichter: Streiken statt pfeifen?
Aachen Ein Schiedsrichter macht sich Sorgen. Das verwundert in Zeiten von Hoyzer & Co. kaum jemanden. Wäre nicht die Zielgruppe eine Klientel, die nicht gerade zum erklärten Freundeskreis der Männer an der Pfeife zählt: „Fußball muss ein einfaches Spiel bleiben. Wenn wir alles überwachen, hätten die Stammtische auch nichts mehr zum diskutieren.”
Bernd Heynemann heißt der Mann, der sich um die Ernennung zum Ehren-Stammtischler bewirbt. Früher war der Magdeburger FIFA-Schiedsrichter, heute ist der 51-Jährige Bundestagsabgeordneter - und da weiß man halt, wo sich der fußballliebende Deutsche aufhält, wenn er nicht gerade im Stadion die Schiedsrichter auspfeift oder daheim vor dem Pantoffelkino seine Wutausbrüche zelebriert angesichts der obskuren Entscheidungen der ehemaligen Kollegen.
Um ein einfaches Spiel also geht es Heynemann, meint damit aber nicht die unsägliche Abseitsregelung, die sich die Sportart immer noch leistet, obwohl die Protagonisten allwöchentlich den Beweis antreten, dass sich diese Passage des Regel für Menschen einer korrekten Umsetzung entzieht. Nein, dem Ex-Schiri grausts beim aufkommenden Jubel-Gesang: Chip, Chip - hurra! Er zieht der Hightech im Ball das träge menschliche Auge vor, das nicht nur beim Abseits, sondern oft auch bei der Entscheidung Tor oder nicht Tor, auf oder hinter der Linie überfordert ist.
Ebenso wie der Vorsitzende des DFB-Schiedsrichter-Ausschusses, Volker Roth, befürwortet der Magdeburger Maßnahmen, mit denen sich die Unparteiischen gegen den Prügelknaben-Status wehren könnten. „Der Streik ist ein legitimes Mittel. Aber ich denke, dass es vorher einen runden Tisch geben muss, an dem alle Parteien sitzen.”
An dem ist derzeit kein Platz für Jürgen Jansen. Er wird mit einer eckigen Variante vorlieb nehmen müssen - bei weiteren Verhören. „Wir ermitteln im Manipulationsskandal weiterhin gegen gut 20 Personen. Herr Jansen ist eine davon”, erklärte Staatsanwalt Michael Grunwald. Noch am Dienstag hatte Volker Roth die Rückkehr Jansens als Schiedsrichter angekündigt. Er sollte behutsam in der Regionalliga und in der 2. Liga aufgebaut werden.
Zyniker könnten für den Essener nun eine neue Karriere als JVA-Schiri ausmalen. Dort könnte der 44-Jährige dann auch womöglich auf Bernd Heynemann stoßen. Nicht als Zellen-Mitbewohner - bei der Vorstellung seines (Schiedsrichter-)Buches, das er auf der Leipziger Buchmesse präsentierte: „Momente der Entscheidung”.