Köln : Overath und Caspers finden nicht zueinander
Köln Der Satz fiel eher beiläufig. Mitten im Interview. „Allerdings ist seine Bedingung, dass er die Option hat, Präsident zu werden. Und das in nicht allzu weiter Ferne”. Fritz Schramma, Kölner Oberbürgermeister, Verwaltungsratsmitglied und Fan des 1. FC Köln präsentierte sich im „Kölner Stadt-Anzeiger” als hochrangiger Sprecher Wolfgang Overaths.
Und zwischen den Zeilen ist bei jeder Schramma-Antwort zu lesen: Präsident Albert Caspers muss weg - sofort. Und wenn Manager Andreas Rettig mitgeht, wäre das auch nicht schlecht. Punkt!
Standhafter Präsident
Da der bis 2005 gewählte Caspers aber nicht zurücktreten wollte - „dummerweise” konnte der Verwaltungsrat ihn nicht einfach entlassen - is et diesmal nit jot jejange; aus Schrammas Sicht. Sein Wahlkampf-Interview verpuffte. „Wir brauchen Visionen. Wir brauchen jemanden, der Spielern und Fans Perspektiven eröffnet. Für mich ist Overath derjenige, der das schaffen könnte. Mehr als jeder andere”, so hatte Schramma seinen Freund hochgejubelt. Und der wollte angesichts der Rückendeckung des Verwaltungsrats alles.
Doch die Einigung wurde letztlich unmöglich, weil Overath definitiv das Rücktrittsdatum von Präsident Albert Caspers wissen wollte. „Es gab nur die Wahl zwischen Caspers oder mir”, sagte Overath. Der FC-Boss lehnte einen Rückzug jedoch kategorisch ab und betonte, bis zur nächsten Generalversammlung im November 2005 im Amt zu bleiben. Dabei hätte Overath weitreichendere Kompetenzen als ein Präsident haben können, doch, so Caspers, „mit dem Gefühl, noch einen Präsidenten über sich zu haben, konnte er sich nicht anfreunden”.
Einfluss fast gleich null
Der zeitliche Ablauf der Geschichte verwundert einigermaßen. Denn am letzten Donnerstag, also zwei Tage vor der 1:3-Pleite gegen 60 München, wurde der Plan auf die Schiene gesetzt. Da kommt der Verdacht auf, dass die geplante Machtübernahme Overaths auch andere Gründe haben kann als die aktuell aussichtslos erscheinende sportliche Situation. Was hätte der Alt-Internationale auf dem Platz ändern können? Die Abwehr stabilisieren? Das Spiel lenken? Vorne Tore schießen? Rein sportlich wäre sein Einfluss gegen null tendiert.
Hinter vorgehaltener Hand wird in der Domstadt der Verdacht geäußert, Kölns CDU, die ohnehin den Verwaltungsrat des Klubs dominiert, wollte die Gunst der Stunde nutzen, um mit Parteifreund Overath auch die Caspers-Nachfolge in ihrem Sinne zu regeln. Sicherlich: Allein mit seinem Namen wäre Overath ein Anreiz für potentielle neue Sponsoren gewesen (die Handelsgruppe Rewe soll interessiert gewesen sein), und das kleinste Problem war bereits gelöst: Der 60-jährige ist adidas-Repräsentant, während Köln in Produkten des aufstrebenden Konkurrenten Saller spielt. Doch aus dieser Zwickmühle befreite sich Overath selbst, reiste Montag nach Herzogenaurach, wo er die Dinge klärte.
Fakt ist: Ein wenig mehr sportliche Kompetenz würde der FC-Chefetage gut zu Gesicht stehen; Eine andere Meinung als die von Sport-Manager Andreas Rettig zu hören, dürfte befruchtend wirken. Fakt ist aber auch: Caspers, Rettig und dem für den kaufmännischen Bereich zuständigen Geschäftsführer Claus Horstmann hat der Klub es zu verdanken, dass er heute überhaupt wieder leben und in der Bundesliga atmen kann und darf.
Diese Arbeit, die in keiner Tabelle einen Bonus bringt, durfte der Klub nicht aufs Spiel setzen; dann hätte komplett Einsturzgefahr bestanden - nicht nur sportlich.