Bochum : Nur der Zeitpunkt kommt überraschend
Bochum Torsten Knippertz präsentiert Samstag einen neuen Borussen-Song. „Niemals allein sein” hat Mönchengladbachs ehemaliger Stadionsprecher sein Werk betitelt. Die Botschaft ist keine Überraschung.
„Niemals allein” ist der Fan, weil er die Raute im Herzen trägt und, ganz einfach, weil er Borusse an sich ist. Gerührt und geschüttelt können die Fans zur schmusigen Melodie ihre Feuerzeuge anzünden, sich bedächtig hin- und herwiegen, von rechts nach links, den Schal überm Kopf. Ergreifend kanns werden.
Von vorne nach hinten zuckten die Körper der Fans Dienstagabend. Ruckartig. Dazu die Hände im Stakkato. Mit geballter Faust. „Wir ham die Schnauze voll”, dröhnte es durchs Ruhrstadion nach dem Abpfiff, immer wieder „wir ham die Schnauze voll”, und: „Trainer raus! Trainer raus!”
Schlechte Bilanz
Holger Fach (42) ist jetzt erst mal allein. Pathetisch formuliert: Die Raute ist raus aus seinem Herzen, Rausschmiss nach 13 Monaten.
Die Erklärung liefert Präsident Rolf Königs: „Unsere Bilanz mit neun Punkten aus den ersten zehn Saisonspielen, dazu das Aus im DFB-Pokal, ist nicht gut. Wir mussten uns deshalb fragen, ob wir mit Holger Fach unser Saisonziel - uns ohne Abstiegssorgen in der Bundesliga zu etablieren - erreichen. Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Beendigung der Zusammenarbeit für den Verein in der aktuellen Saison die richtige Entscheidung ist.”
Mit Fach geht Co-Trainer Stefan Mücke, bleiben dürfen Assistent Michael Oenning sowie Torwart-Trainer Uwe Kamps. Befördert wird Ex-Nationalspieler Horst Köppel: Der 56-Jährige, seit Saisonbeginn Coach der U23 in der Oberliga, wird zumindest am Samstag gegen Bayern München das Team coachen.
„Wir ham die Schnauze voll”: Für die Fans war es kein populistisches Gegröle, sie trieb ganz einfach die Angst um „ihren” Verein auf den Zaun. Die Spieler stellten sich Dienstagabend in der Kurve. „Sie haben uns nicht niedergemacht”, sagt Steffen Korell, „sie wollten nur ihre Sorgen loswerden.”
Holger Fach, oft ein Lautsprecher im Kreis der Elite-Trainer, war in Bochum sehr schweigsam; einen Besuch in der Kurve verkniff er sich, ebenso das obligatorische Interview bei „Premiere”. Vielleicht hat dieses nicht sehr professionelle Verhalten die Entscheidung der Borussen-Bosse beschleunigt.
Zumal die wirtschaftliche Situation mit dem Stadion-Neubau die „Handlungs-Schmerzgrenze” nach unten gesetzt haben dürfte. Die Trennung, die natürlich einvernehmlich beschlossen wurde, kam dennoch überraschend - vom Zeitpunkt her.
Die Leistung beim 0:3 in Bochum war nicht so schlecht, wie es das nackte Ergebnis vermuten lässt. Moral, Wille, Einstellung stimmten, und physisch haben die Spieler ohnehin keine Probleme.
Dafür viele andere: Elf Indianer laufen ohne Häuptling über den Platz; ein Gegentor stiftet heillose Verwirrung; torgefährliche Aktionen von Mittelfeldspielern sind eine Rarität; ohne Oliver Neuville ist der Angriff eine biedere Gemeinschaft, die kaum bewacht werden muss; und die Abwehr ist pro Spiel für mindestens einen Patzer gut, der den Gegner zum Toreschießen einlädt. Ein Sammelsurium, das beim Addieren nur einen Schluss zulässt: Borussia ist ein Abstiegskandidat.
Lob und Lamento
Diese Problematik erkennen, sie ausmerzen, das ist Aufgabe eines Trainers. Und daran ist Holger Fach gescheitert. Er hat die Borussia nicht weitergebracht.
Die Gründe für seine Lobpreisungen der Zugänge, seine stete Erwähnung der gesteigerten spielerischen Qualität, sie blieben dem Betrachter verborgen.
Und sein ewig wiederkehrendes Lamento über „Tore aus dem Nichts” und „überflüssige Fehler” haben seine Beliebtheit, sein Ansehen nicht gerade gesteigert. Und deshalb ist das Aus für Fach im Borussen-Park keine wirkliche Überraschung.
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