Mönchengladbach : Lieber live überzeugen als auf einem Video
Mönchengladbach Am Sonntag liefen die Mönchengladbacher Profis aus. Ihnen steckte das Spiel gegen Alemannia in den Beinen. Am Montag fuhr Oliver Kirch auf dem Fahrrad und dehnte die müden Bänder und Muskeln. Er hatte auch ein 90-minütiges Spiel in den Knochen.
Und noch eine zermürbende Heimfahrt von Dresden zurück zum Borussia-Park am Tag zuvor. Einsatz im Wilden Osten: Der 23-Jährige spielte mit der U23 in der sächsischen Landeshauptstadt (0:1). Bus statt Flugzeug - einer der Unterschiede zwischen einem Einsatz in der Bundesliga und der 3. Liga. „Es wäre komisch, wenn´s keine weiteren gäbe”, sagt Kirch.
Wie gegen Mainz
Klar, das Niveau ist auch nicht unbedingt vergleichbar, obwohl gerade Dresden „eigentlich eine Zweitliga-Mannschaft besitzt”. Schmerzhaft war dagegen eine Parallele. „Es war wie bei uns in der Vorrunde”, erinnert sich Kirch, „wie gegen Mainz. Wir hatten sie absolut im Griff und bekommen dann kurz vor Schluss das 0:1.”
Er selbst spielte zu Beginn vor der Abwehr, übernahm dann aber hinten rechts für Dennis Puhl, der Gelb-Rot gefährdet war. Das Pech bleibt der U23 hold, vom Glück verwöhnt ist Oliver Kirch derzeit auch nicht gerade. Stammspieler in der Hinrunde, nun ein Einsatz bei der Reserve-Mannschaft. „Hauptsache ich habe 90 Minuten durchgespielt”, bleibt der Blondschopf gelassen. Und zieht abseits der Niederlage ein persönliches Fazit: „Gut gefordert worden, solide gespielt.”
Der Aufforderung von Cheftrainer Jos Luhukay, in der U23 Spielpraxis zu suchen, hätte es nicht bedurft. „Das hätte ich sowieso vorgeschlagen”, sagt Kirch, der in der Vergangenheit nach seinen zahlreichen Verletzungen mehr Kontakt zur Zweiten Mannschaft hatte, als ihm lieb sein konnte.
Jetzt aber stößt ihm der „Abstieg” und die Distanz zum Profi-Kader schon etwas bitter auf. Nicht einmal im Fernsehen konnte er seine erstklassigen Kollegen gegen Aachen beobachten. Da musste er in Dresden trainieren. Und auch eine Woche zuvor erlebte er den Auswärtssieg in Bielefeld nur in der Zusammenfassung am Fernseher. Ein Test gegen Uerdingen stand an. „Das ist schon eine schwierige Geschichte: Damals war ich verletzt, jetzt bin ich fit.”
Eine leichte Kniereizung in der Vorbereitung setzte Kirch kurzfristig außer Gefecht. Ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als die erste Elf in den Testspielen sich herauskristallisierte. Und Schwups war er draußen, noch weiter als sein Kumpel Peer Kluge, der auch nach einer leichten Blessur im Training plötzlich seinen Stammplatz verlor.
Obwohl Kirch in der Hinrunde zu den Besseren gehört hatte. Für Beide läuft auch der Vertrag Ende der Saison aus. Die Verhandlungen mit Kirchs Berater Karl-Heinz Förster wurden vor der Winterpause aufgenommen, aber nicht weitergeführt. „Sie sind unvollendet”, formuliert der 23-Jährige. Immerhin gab es ein kurzes Gespräch mit Heynckes-Nachfolger Jos Luhukay.
„Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht nur zum Kader gehören, sondern spielen will - die Einstellung findet er gut. Er hat mir versprochen, auf mich zu achten.” Das Urteil wird Luhukay sich vom U23-Trainer Horst Wohlers und Augenzeuge Max Eberl, Chef der Jugendabteilung, einholen. „Aber er hat mir gesagt, ich müsse keine drei Tore machen und drei vorbereiten, sondern nur 90 Minuten Gas geben.”
Über seinen neuen Vorgesetzten ist der Westfale voll des Lobes, auch nicht in dem Bestreben, sich einzuschleimen: „Gute Analysen, gute Ansprache, klares Konzept, immer sehr nett, aber mit einem geraden Weg wie die Disziplinarmaßnahmen zuletzt gezeigt haben.” Dass es für den Niederländer nach dem 2:0 in Bielefeld wenig Grund gab, die Mannschaft zu ändern, akzeptiert Oliver Kirch. Doch jetzt drängt er in den Kader. Schließlich geht es um einen Traum: „Einmal im Westfalenstadion spielen, das wollte ich schon, bevor ich Profi wurde.”
Familientreffen
Am Samstag spielt Borussia in Dortmund, und dort ist die Kirch-Familie geboren, lebt immer noch sein Patenonkel, ein glühender wenn auch inzwischen skeptischer BVB-Fan. „Der hat schon Karten gekauft, für meinen Vater und viele andere. Und wenn ich nicht dabei bin, ist eine für mich.” Aber noch lebt er seinen Traum. Am Mittwoch könnte er sich ihm nähern: Dann absolviert die U23, aufgerüstet durch einige Spieler aus dem Erstliga-Kader, einen Test in Homberg. Kirch ist dabei - und auch Jos Luhukay.
Der Kirch-Test: „Mein Problem ist ja, dass der Trainer mich gar nicht kennt.” Selbst in der B-Elf hat er in der Vorbereitung kaum gespielt. Video-Tapes aus der Hinrunde als vertrauenserweckende Maßnahme hat er sich dennoch verkniffen. Lieber in Homberg live überzeugen. Und dann auf das Wochenende warten. „Ich erwarte gar nichts, ich hoffe nur.” Auf seine Premiere im Westfalenstadion, wie er den heutigen Signal-Iduna-Park nur nennen will. Und wenn´s nicht klappt, „bin ich sehr traurig”.