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Aachen: Klitzpera trifft oder: Bayer schlägt Bayern

Aachen : Klitzpera trifft oder: Bayer schlägt Bayern

Zuhause wartete bereits die Familie aus München. Eltern, Schwester - alle waren aus der Heimat angereist. Der Hausherr hatte einiges zu erzählen und wohl auch zu erklären, als er später aufgekratzt nach Hause kam. Der Ur-Münchener Alexander Klitzpera hatte die Partie entschieden.

Beim FC Bayern ist er ausgebildet worden, ehe er in die Niederungen des Fußballs zog. Noch heute stellt ihn Hermann Gerland, Trainer von Bayerns Amateure, als Vorbild heraus. „Ich kenne keinen, der mit so viel Willen und Elan so viel aus seinem überschaubaren Talent gemacht hat.” Das ist aus Gerlands Mund ein maximales Lob. Am Samstag hat ihn Klitzpera wieder bestätigt, er hat seinen alten Bayern weh getan.

Natürlich waren die Kameras an diesem aufgeladenen Nachmittag auf Jan Schlaudraff gerichtet. Bayerns künftiger Neuzugang hatte mehrfach seine Qualitäten angedeutet, ein Geniestreich war nicht darunter. Dennoch könnte er der emotionslosen Gruppe (Ausnahme: Kahn) durchaus mit seinen Fähigkeiten und vor allem seinem Tempo weiterhelfen.

Schlaudraff entwickelt sich nicht nur auf dem Spielfeld zum Frechdachs. „Ich will das jetzt nicht loben, aber wir wollen ja auch keine stromlinienförmigen Spieler”, goutierte Bayerns Manager Uli Hoeneß die jüngsten Eskapaden des Jungstars.

Es war dennoch der Nachmittag von Alexander Klitzpera. Der 29-Jährige kam nicht als Chef einer maroden Abwehr in den Zeugenstand, vielmehr als Torschütze. Nebenbei hatte Aachen hatte gegen den Uefa-Cup-Kandidaten aus München gerade zum zweiten Mal in Folge keinen Gegentreffer kassiert - was einerseits durchaus glücklich war, andererseits eben Bundesliga-Vereinsrekord in diesem Jahrtausend. Es ist kein so schlechtes Zeichen für den Aufsteiger, dass sich die Journalisten primär für einen Abwehrspieler und weniger für einen Angreifer interessierten.

Fertig war der schöne Dreiklang, im dritten Jahr in Folge verließ der Rekordallesgewinner den Tivoli mit hängenden Schultern. „Beim ersten Mal waren wir krasser Außenseiter, beim zweiten Mal wussten wir, dass wie sie besiegen können, und dieses dritte Mal gegen einen vorgewarnten Gegner ist einfach unglaublich”, beschrieb Klitzpera.

Dessen Treffer riss den bayrischen Physiotherapeuten Gerry Hoffmann zu einem bayerisch-deftigen Dreiklang hin: „Drecksack, Sauhund, gut gespielt”, klopfte er grinsend dem Torschützen auf die Schulter.

Der beste Freund von Moses Sichone, „Tony aus Köln”, hatte nach dem morgendlichen Anschwitzen schon einmal den lobenswerten Hinweis gemacht, dass Klitzpera als Torschütze, nun ja, schon länger nicht mehr aufgefallen sei. Tony wünschte sich, dass der Abwehrchef im Erfolgsfall umgehend sein Trikot im Block V abgeben werde.

Der Plan wurde schon nach sieben Minuten von Schiedsrichter Manuel Gräfe rigoros gestoppt. Klitzpera hakte sich bei Roy Makaay unter, ließ sich partout nicht mehr abschütteln und sah die Gelbe Karte. Nur drei Minuten später hätte der geplante Trikottausch angestanden. Aachen feierte seinen Eckball, und Klitzpera durfte erstmals die gegnerische Hälfte erkunden.

Beim ersten Versuch patschte Kahn den Ball noch einmal zurück, dann kullerte Klitzpera das Spielgerät vorbei an den Torwart-Handschuhen durch die Beine von Demichelis ins Netz. Sein Premierentreffer in der Bundesliga fiel im Zeitlupentempo. Der geplante Trikottausch des vorbestraften Jublers hätte unweigerlich zur zweiten Gelben Karte geführt. Tony bekam die Trophäe erst nach Spielschluss überreicht.

Großen Ärger mit seiner Münchener Familie bekam Klitzpera nicht mehr. „Da sind einige längst Alemannia-Fans...”