Mönchengladbach : Kein Grund für eine Euphorie
Mönchengladbach Dick Advocaat ist kein Philosoph, aber auch kein Blender. Sein Credo: „Ich habe eine klare Linie, von der ich nicht abweiche.” Und eine klare Ansprache.
Deshalb würde dieser wunderschöne Satz von René C. Jäggi niemals über Advocaats Lippen kommen.
Noch fehle ein „ausreichend stabiles Fundament für Luftschlösser auf Wolke sieben des Fußball-Himmels”, hatte Kaiserslauterns Chef nach dem 2:1-Sieg des FCK über Rostock vor neun Tagen verkündet.
Luftschloss, Wolke sieben, Fußball-Himmel: So mancher Fan der neu formierten Borussia wollte schon wieder „was bauen”, doch Advoccat baut vor: „Es war eine gewisse Euphorie hier nach den sieben Punkten aus den ersten drei Spielen. Ich hoffe aber, jetzt hat jeder verstanden, dass wir weiter gegen den Abstieg spielen.”
Die klaren Worte musste der Niederländer nach der 1:3-Schlappe gegen Schalke 04 sprechen, nach einer enttäuschenden Vorstellung vor 53414 Zuschauern im ausverkauften Borussia-Park.
In der Statistik wird die Führung der Borussia als Foulelfmeter geführt. Doch dass der Ex-Schalker Jörg Böhme den Ball vom Elfmeterpunkt versenken durfte (38.), lag allein am Wohlwollen von Schiedsrichter Lutz Wagner, der Christian Panders Einsatz gegen den zudem im Abseits stehenden Wesley Sonck als unsauber wertete.
Es hat zwar schon überraschendere Elfmeter-Pfiffe gegeben - aber nicht viele. Ob Milan Fukal Gerechtigkeitsfanatiker ist, wissen wir nicht. Doch der Tscheche ließ es sich nicht nehmen, den Schalker Ausgleich vorzubereiten.
Einen Steilpass der Gäste „klaute” er dem hinter ihm postierten Keeper Kasey Keller und schob den Ball Sven Vermant in die Füße. Der ist dummerweise Schalker, bediente Ailton - und der vollstreckte.
Was insofern überraschte, hatten doch zuvor Ailton, Vermant und Pander dreimal in besten Positionen keine Lust aufs Toreschießen, als Borussias Defensive keine Lust auf Abwehr-Arbeit hatte.
Überraschend hatte Advocaat Joris van Hout im Sturmzentrum zwischen Sonck und Oliver Neuville eine Chance gegeben und seine Gedanken von einer Stärkung des Mittelfelds verworfen.
Doch das Übel des schwachen Gladbacher Spiels lag genau dort. Thijs ist nicht mehr der Stratege der ersten drei Rückrundenspiele, Böhme und Kluge gefielen allein durch Fleiß, da verbuchte die Borussia im Vergleich zu den abgeklärten Schalkern mit Poulsen, Vermant und Kobiaschwili im Zentrum klar mehr Minuspunkte.
Und nachdem sich auch die Außen Sand und Asamoah - letzterer wurde vom einzig überzeugenden Borussen Marcell Jansen abgemeldet - etwas zurückzogen, wars um die Borussia geschehen. Schalke spielte - mit der Borussia. „Wir wollten auch mitspielen”, sagte Advocaat und fand das gar nicht gut, denn „wir sind noch ein bisschen weg von Mannschaften wie Bremen oder Schalke”.
Dass zum Beispiel diese beiden Mannschaften mehr Qualität haben als die Borussen, weiß man spätestens nach den letzten 180 Liga-Minuten. Auch in der Abwehr. So „pennte” Jeff Strasser vor dem schon entscheidenden 1:2 durch Ailton, der erneut einen feinen Pass von Vermant locker verwertete (66.).
Und auch bei seinem dritten Tor hatte der Brasilianer alle Zeit der Welt, auch wenn Mike Hanke bei der Verlängerung von Asamoahs Pass auf den Torjäger im Abseits stand (79.).
Borussia bäumte sich nur halbherzig auf, selbst konditionell hatten die am Donnerstag noch im UEFA-Cup aktiven Schalker keine Probleme - bei den Gastgebern lähmte der Rückstand dagegen die Kräfte.
Nächsten Samstag gilt es, diese alle zu mobilisieren. „Jedes Spiel ist ein Finale”, sagt Dick Advocaat. Das nächste findet beim Tabellenletzten Hansa Rostock statt. Und da sollten die Borussen wieder mal ein bisschen am Fundament bauen.