Mönchengladbach : „Für Ajax war ich nie wichtig”
Mönchengladbach Selbst fünf Tage später sitzt der Schock noch tief. „Das war eines der schlechtesten Spiel, die ich je erlebt habe”, schüttelt Wesley Sonck den Kopf.
Von Ajax Amsterdam, dem selbsternannten Gralshütern des schönen Fußballs, in den buchstäblichen Abstiegs-Morast der Fußball-Bundesliga. Im Schnee-Treiben von Rostock war nicht nur das spielerische Vermögen der Advocaat-Elf kaum schemenhaft zu erkennen. Auch die sportliche Eigen-Beschreibung des flämischen Stürmers blieb ohne Konturen.
„Ich will immer gewinnen.” Nach dem 0:0 blieb ihm die Erkenntnis, dass unter den Prämissen der für ihn neuen Liga eine echte „knock partij” entstehen kann, in der - wenn Frau Holle auch noch ihren Teil dazu beiträgt - man sich als Stürmer vorkommt wie ein Fisch auf dem Wasser.
Doch deshalb „blubbert” der 26-Jährige nicht über einen fußballerischen Kultur-Schock. Auch wenn er in seiner belgischen Heimat ein Star ist und von Ajax kommt, trägt er die Nase nicht hoch. „Dann hätte ich auch in Amsterdam bleiben können.” Doch aus dem holländischen Missverständnis erlöste ihn ein Anruf von Dick Advocaat, kurz vor Weihnachten. „Eigentlich wollte ich bleiben. Aber dann hat mich die Aussicht, wieder in der Spitze zu spielen und eine neue Herausforderung anzunehmen, sehr gereizt. Wo, war gar nicht so wichtig.”
Aber anders als beim inzwischen zurückgetretenen Ronald Koeman, der den Belgier zum orthodoxen Rechtsaußen ummodeln wollte - „Das kann ich nicht” - , fühlt er sich von Advocaat und seiner Borussia als Wesley Sonck gefragt. „Ajax sah nur meinen Namen, schaute nur auf meine Tor-Quote. Für die Mannschaft bin ich nie wichtig gewesen. Mein Typ oder mein Charakter hat keinen interessiert.”
Das war bereits beim ersten Gespräch mit dem neuen Gladbach-Coach anders. Advocaat erforschte den Menschen Wesley Sonck. „Es ist doch klar: Wenn ich ein schwieriger Typ wäre, und du holst dann so einen für den Abstiegskampf ...”
Zweifel an seinen Fähigkeiten besitzt er trotz der Negativ-Erlebnisse in Amsterdam nicht. 67 Tore in drei Spielzeiten für Genk, Spieler der Saison 2001/2002, Champions League mit dem belgischen Außenseiter-Klub und „auch für Ajax habe ich in sechs Champions-League-Spielen vier Tore erzielt”. Da plagen ihn keine Alpträume, seine zwei Treffer für die Borussia würden nicht bald Zuwachs bekommen. Etwa morgen gegen den VfL Wolfsburg. Doch deshalb postuliert er nicht den Hurra-Stil: „In Rostock haben wir hinten auf die Null gesetzt. Gegen Schalke waren wir offensiv und hatten ein, zwei, drei Chancen, haben aber mindetens fünf zugelassen.”
Ob er gegen die „Wölfe” eine von zwei Spitzen oder Teil eines Dreierspießes ist, macht für ihn keinen großen Unterschied. „Hier habe ich die Freiheit zu wechseln, wenn ich etwa auf Rechts oder als hängende Spitze spiele. Bei Ajax konnte ich das nicht.” Seine Problemchen aber hat der freiheitsliebende Stürmer mit der Defensiv-Arbeit. „Dass ich als Spitze verschiebe und versuche, die gegnerischen Innenverteidiger zu stören, ist klar. Aber dass ich die Manndecker verfolgen muss, wenn sie in die Offensive gehen ... Das kostet enorm viel Kraft. Aber so ist der moderne Fußball.”
Ein Stürmer auf Achse. Da freut es den Familienmenschen, dass er einen neuen Lebensmittelpunkt gefunden hat. Zusammen mit Ehefrau Evy und den Kindern Jason (2) und Ami (5) wohnt Wesley Sonck seit kurzem in Aachen. „Die Lage im Dreiländer-Eck ist ideal und die Stadt sehr schön.” Überzeugt hat er auch seinen Freund und Landsmann Bernd Thijs. Der Mittelfeldstratege lässt sich ebenfalls in der Kaiserstadt nieder.