Köln/Düren : Der „kölsche Tünn” aus Düren wird 50
Köln/Düren Er zählte zu den weltbesten Torhütern, ist der wohl einzige in einer Halbzeitpause entlassene Trainer und „Anpfiff” wurde für ihn zum Abpfiff im Nationaltrikot: Harald „Toni” Schumacher wird an diesem Samstag 50 Jahre alt.
„Ich habe zwar einige Nackenschläge hinnehmen müssen, aber mehr sind die guten Dinge hängen geblieben”, sagte der zweimalige Fußballer des Jahres. Die „guten Dinge” haben auch seine vielen Fans nicht vergessen: Der „kölsche Tünn” selbst zählt dazu das Double 1978 mit seinem Stammclub 1. FC Köln und den Gewinn der Europameisterschaft 1980. Dagegen denken Kritiker des geradlinigen Torwarts an Auftritte wie den mit der Autobiografie „Anpfiff”.
Dieses Buch mit umstrittenen Äußerungen zu Doping und Sex war der
wohl heftigste Nackenschlag in der Karriere des Rheinländers. Es
führte 1987 zum Ende der Länderspiel-Laufbahn und der Trennung vom
FC. Doch Schumacher selbst bereut den Ausflug als Autor nicht. „Ich
würde und müsste dieses Buch wieder so schreiben, auch während meiner
Karriere und nicht danach”, sagte er. „Lieber einen Knick in der
Laufbahn als im Rückgrat.”
Begonnen in Düren
Begonnen hatte diese Laufbahn des am 6. März 1954 in Düren geborenen Harald Anton Schumachers in der Wohnung seiner Eltern. „Mach mal den Herkenrath”, forderten sie den Sprössling auf, Keeper Fritz Herkenrath zu imitieren. Klein-Harald hechtete dann durchs Wohnzimmer und später erfolgreich durch Strafräume.
Weder dem früheren Nationalkeeper Toni Turek noch dem ehemaligen Kölner Schlussmann Toni Schumacher hat der gelernte Kupferschmied aber den „Toni” als Namen zu verdanken. „Als ich 1972 zum 1. FC Köln kam, hat Heinz Simmet gesagt: Einen Harald haben wir schon, ab heute bist Du der Tünn.” Und dabei blieb es. „Auf Harald höre ich gar nicht.”
463 Bundesligaspiele
Der Schlussmann schonte in 463 Bundesliga- und 76 Länderspielen weder sich noch seine Gegner: Beim WM-Halbfinale 1982 gegen Frankreich ging Patrick Battiston nach einem bösen Schumacher-Foul zu Boden. Anschließend sorgte der Torwart für noch mehr Ärger: Er sei bereit, Battiston die Jacket-Kronen zu bezahlen, verhöhnte Schumacher den Franzosen. Heute würde er sich zwar in dieser Hinsicht anders verhalten, „aber wenn der Ball kommen würde wie damals, würde ich da wieder genauso hingehen”.
Auch eigene Verletzungen trug er genügend davon. Mittlerweile ist er sieben Mal an den Knien operiert worden. Deshalb kann er nicht mehr Fußballspielen, doch eine Stunde Sport am Tag muss sein. Und dann kaut er auch wieder Kaugummi, wie früher ständig während der Spiele, „um genug klebrige Spucke für die Handschuhe zu haben”.
Überragende Leistungen
Mit zum Teil überragenden Leistungen führte der „Elfmetertöter” die deutsche Mannschaft auch bei der WM 1986 ins Finale - um dann ausgerechnet dort zu patzen. Ein Fehler Schumachers führte zum 0:1 gegen den späteren Weltmeister Argentinien. „Ich habe gehalten wie ein Arsch”, sagte der Freund klarer Worte nach dem 2:3. Der Traum eines Weltmeistertitels erfüllte sich für ihn nicht. „Das hat mich damals gewurmt, aber mit dem zeitlichen Abstand nicht mehr.” Vielmehr sei er stolz, überhaupt zwei WM-Finale erreicht zu haben.
Der temperamentvolle Torhüter, der sich selbst einst als „Raubtier” und „perfekte Maschine” bezeichnete, bestritt die letzten seiner Bundesligaspiele für Bayern München und Borussia Dortmund. In der Saison 1991/92 half der „Rekord-Abschiedsspieler”, der drei solcher Begegnungen bekam, in acht Partien bei den Bayern aus. 1996 durfte er für einen Kurzeinsatz ins Gehäuse von Meister Dortmund.
Die anschließende Trainierlaufbahn brachte ihm eine Demütigung: Als einziger Coach im deutschen Profifußball wurde Schumacher in der Halbzeitpause eines Spiels entlassen. Während der 1:5 (0:2)-Niederlage gegen Waldhof Mannheim am 15. Dezember 1999 schickte ihn Fortuna Kölns Präsident Jean Löring heim. „Da mache ich mir fast keinen Kopf drüber”, sagte der Berater einer Vermarktungs-Agentur.