Mönchengladbach : Advocaat will sich nicht entschuldigen
Mönchengladbach Der Prophet aus Luxemburg: „Am Samstag redet ihr eh nur mit dem, der das Tor geschossen hat”, hatte Jeff Strasser am Donnerstag noch leicht indigniert angemerkt.
Wieder einmal war Borussia Mönchengladbachs Kapitän der Frontmann, der den täglichen Anspruch der Medien an Spieler-Statements (fast) klaglos befriedigte.
Der Verteidiger sollte Recht behalten. Vaclav Sverkos wurde von den Berichterstattern noch härter bedrängt als zuvor durch Thomas Rytter bei seinem golden Schuss zum 1:0 über Wolfsburg.
Doch was Strasser am Donnerstag noch nicht ahnte, war seine neue Rolle: Trainer Dick Advocaat setzte seinen Kapitän überraschend auf die Bank. Der Redefluss versiegte, auch auf dem Spielfeld.
Und das lag neben sportlichen Gründen auch wohl in der Absicht seines Trainers. „Nico van Kerckhoven ist ein Spieler mit sehr viel Erfahrung. Er brachte die nötige Ruhe, gegen eine Mannschaft, die in der Offensive so stark ist.”
Rede-Lizenz erloschen
Das ist wörtlich zu nehmen. Denn anders als Strasser versteht der belgische Routinier sein Chef-Dasein nicht als Lizenz zum Dauer-Kommentar oder -Anweisung. „Kleine Anweisungen reichen”, sagt der 34-Jährige. „Viel verstehen kann man dort unten eh nicht bei dem Lärm der Fans, auch wenn das nicht ganz so extrem ist wie auf Schalke.”
Überrascht hat van Kerckhoven seine Aufstellung in der Startelf schon. Schließlich liegt sein „letztes Spiel drei Monate zurück”. Doch seine Leistung kam für ihn nicht unverhofft. „Für mein Alter bin ich noch gut drauf.”
Die gute Organisation, die ihm allenthalben bescheinigt wurde, führte zu einem überraschenden Ergebnis: „Hinten die Null ist wichtig”, gestand van Kerckhoven ganz in der Tradition seines ehemaligen Lehrmeisters Huub Stevens. Doch die kann auch glücklich zustande kommen.
Im Fall der Wölfe aber, in der Offensive mit überdurchschnittlichen Stürmern wie Klimowicz, Petrow und Brdaric bestückt, verbuchte die Abteilung Defensive eine sensationelle Bilanz. Allenfalls ein Kopfball von Brdaric in Halbzeit 1 konnte wohlwollend als Torchance bezeichnet werden.
Maßgeblichen Anteil daran besaß ein weiterer Belgier. Bernd Thijs mutierte für den „Hasen” Andres dAlessandro zum nervtötenden „Igel”: Den Spruch „Ick bun all hier!” verkniff sich Thijs.
Doch der Mittelfeldstratege bewies in jedem Zweikampf, dass auch ein von Mutter Natur langsamer ausgestattetes Lebewesen mit dem entsprechenden Biss und der geistigen Schnelligkeit einen Schritt eher am Ball sein kann. „Er war die ganze Woche krank”, wunderte sich auch sein Trainer. Und kam zum Schluss: „Vielleicht sollte er das immer sein ...”
Eine Dauer-Erscheinung sollte aber in den Augen des Trainers die spielerisch reichlich schwache Leistung seiner Elf nicht werden. Hinten hui - vorne pfui. „Wir wollen immer gewinnen und gut spielen. Aber das geht nicht immer zusammen”, urteilte der Holländer.
Ein schlechtes Gewissen aber wollte er sich von einem ebenso hartnäckigen wie anspruchsvollen Nachfrager nicht einreden lassen. „Wenn Sie ein schönes Spiel sehen wollen, gehen Sie zu den Amateuren oder zu einem Freundschaftsspiel. Hier geht es um Abstiegskampf.”
Kompaktheit und Aggressivität hießen die Zauberworte. Diese 0:0-lastige Ausrichtung versüßte Vaclav Sverkos mit sein Tor. Minutenlang hatten die Fans schon seine Einwechslung gefordert. „Habe ich gar nicht gehört”, witzelte der 21-jährige Tscheche in seiner jungenhaft-charmanten Art, „aber ich habe sie dafür bezahlt.”
In Minute 79 erhörte Advocaat das „bestellte” Volksbegehren. Sieben Minuten später verzückte Sverkos die Gladbach-Anhänger mit einem brillanten Fallrückzieher: „Da habe ich es ihnen zurückgezahlt.”