Mönchengladbach : Wer das Ungeheuer Zufall weckt: Gladbachs groteske Niederlage
Mönchengladbach Noch vor wenigen Tagen musste Max Eberl Platz 9 in der Bundesligatabelle rechtfertigen. Am Samstagabend hätte man dem einst von ihm verkündeten Mindestziel für die Saison 2016/17 unerwarteten Charme abgewinnen können.
Doch jetzt ging es bereits um den 13. Rang, und die Leistungsdelle, von der Borussia Mönchengladbachs Sportdirektor immer noch ein wenig verniedlichend spricht, breitet sich zu einem kolossalen Schaden aus. Dass ausgerechnet der Erzrivale 1. FC Köln die Krise im Borussia-Park vertiefte, schmerzte zusätzlich. „Platz 13 und zwölf Punkte sind definitiv nicht das, was wir uns vorgestellt haben. Wir sind in einer Lage, in der wir uns nicht gern sehen“, sagte der Manager.
Fassungslos machte die Gladbacher vor allem der Spielverlauf. Die erste Halbzeit wirkte wie die Wiedergeburt der verschütteten Stärken. Unwidersprochen durfte Trainer André Schubert sagen: „Die Mannschaft ist mit sehr viel Mut ins Spiel gegangen, hat phasenweise klasse Fußball mit einem Höllentempo gespielt.“ Zu geringer Ausdruck einer spielerischen Überlegenheit war die Führung von Lars Stindl (32.).
Ibo Traoré mit einem Freistoß an die Latte, Thorgan Hazard, Stindl und Oscar Wendt hätten das groteske Endergebnis verhindern können. Stattdessen entpuppte sich Köln nach der Pause als Weltmeister der Effizienz: Den Gästen gelangen aus keiner Chance zwei Treffer. Beim 1:1 köpfte Jannik Vestergaard Anthony Modeste an den Schädel, der Abpraller landete im Tor (59.). In der Nachspielzeit knallte Marcel Risse aus 34 Metern einen indirekten Freistoß zum 2:1 für ins Netz.
Analyse aus Borussen-Sicht klar: Chancen nicht genutzt und bestraft worden. So weit, so „pech“! Doch es lohnt, die zweite Halbzeit einmal näher unter die Lupe zu nehmen. Und dabei darf man sich von zwei weiteren Chancen durch Hazard (50.) und dem eingewechselten Fabian Johnson (78.) nicht blenden lassen. Eine simple Personal-Änderung von FC-Trainer Peter Stöger reichte, um Gladbach nach der fast berauschenden ersten Hälfte enorme Probleme zu bereiten: Sechser Matthias Lehmann musste verletzt raus, mit Artjoms Rudnevs brachte der Österreicher einen zusätzlichen Stürmer und Gladbach in die Bredouille.
„Es hat ein bisschen gedauert, bis wir uns an die Umstellung gewöhnt hatten“, meinte Schubert. Das nun offensivere Spiel der Kölner offenbarte, wie empfindlich das Leistungsniveau der Schubert-Elf ist. Der FC riss keine riesige Lücken in den Abwehrverbund der Borussen. Aber Strobl & Co. verloren jetzt zu viele Zweikämpfe im Mittelfeld. Das hätte man mit einer Auswechslung von Mahmoud Dahoud korrigieren können. Doch Schubert wartete damit bis zur 89. Minute.
Gladbachs Spielkontrolle war weg. Nicht unmittelbar, aber mittelbar resultierten daraus die Nackenschläge. „Derzeit haben wir das Momentum nicht auf unserer Seite“, sagte Max Eberl und meinte damit aber wohl eher, dass der Zufall den Borussen in den vergangenen Wochen oft genug einen Strich durch die Rechung gemacht hatte. So auch diesmal, denn die Kölner Treffer waren zwar durchaus sehenswert, aber eben doch auch Zufallsprodukte.
Freistoß war die Vollendung
Spätestens nach dem 1:1 nahm das Schicksal seinen Lauf: Risses Freistoß war die Vollendung. „Ungerecht“, urteilte Eberl. Doch auch die Ungerechtigkeit hat eine Geschichte. Schuberts aggressives Umschaltspiel zeigte Borussia am ehesten bei der Wende in der vorigen Saison gegen Augsburg. Die Leistung in der zweiten Hälfte gegen den FC war nur noch ein schaler Aufguss dieser Spielart. Ein wenig Favre-Stil, ein wenig Schubert bietet den Gegnern Möglichkeiten — und seien es solch heimtückische Zufallsattacken.