1. Sport
  2. Fußball
  3. Borussia Mönchengladbach

Borussia Mönchengladbach: Warum Hütters Verpflichtung kein Schurkenstück ist

Borussia Mönchengladbach : Warum Hütters Verpflichtung kein Schurkenstück ist

Trainer Adi Hütter wechselt von Eintracht Frankfurt zu Borussia Mönchengladbach – obwohl er mit seinem alten Verein Champions League spielen könnte. Am Niederrhein erwartet ihn mehr Kontinuität.

Für Fußball-Romantiker ist es ein Schurkenstück, Teil 2. Für Realisten ein Lehrstück. Marco Rose nutzt eine Klausel im Vertrag mit Borussia Mönchengladbach, um vorzeitig im Sommer zu Borussia Dortmund zu wechseln. Adi Hütter nutzt eine Klausel in seinem Vertrag mit Eintracht Frankfurt, um eben dann Rose in Mönchengladbach zu beerben.

Dieses Trainer-Gebaren bringt einen Großteil der Fans auf die virtuellen Barrikaden, es ist die Zeit der selbsternannten Moralisten. An ihren Taten sollt ihr sie erkennen: Nun muss man in diesem Zusammenhang nicht unbedingt auf das plakative Verhalten nicht nur Gladbacher Anhänger gegenüber Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp oder Ralf Rangnick hinweisen. Inte­ressanter ist es zu hinterfragen, warum sich Hütter auf drei Jahre – oder zwölf Monate weniger – mit Gladbach einlässt, wo er doch in Frankfurt mit höchster Wahrscheinlichkeit Champions League spielen könnte?

Natürlich hat das etwas mit dem hessischen Club zu tun. Die Eintracht wird am Ende der Saison nicht nur ohne Sportdirektor Bruno Hübner dastehen, auch Sportvorstand Fredi Bobic strebt nach neuen Ufern und will den Main gegen die Spree eintauschen.Kontrastprogramm an der Niers: Vor wenigen Monaten haben Sportdirektor Max Eberl und Geschäftsführer Stephan Schippers ihre Verträge um fünf Jahre verlängert. Mehr Kontinuität und Verlässlichkeit geht kaum.

Endgültig zum Lehrstück wird das Wirken und Werken am Borussia-Park, seit Rose und Eberl die anstehende Trennung öffentlich gemacht haben. Mit jeder Niederlage wuchs der Druck auf den Sportdirektor, den vermeintlich „untreuen“ Trainer vorzeitig zu schassen. Eberl widerstand der Versuchung.

Enorme Außenwirkung

Das hat wenig mit Treue zu tun, denn der Schritt von treu zu treudoof ist klein. Es hat mit Professionalität, Vernunft, Vertrauen und mit Verantwortung zu tun. Eberl, einer der emotionalsten Protagonisten im bezahlten Fußball, sah und sieht in Marco Rose den Fußballlehrer, der auch für diese letzte Phase der Saison der beste ist. Die vergangenen Ergebnisse bestätigen den Manager. Dieses Festhalten am baldigen BVB-Trainer war nicht als Visitenkarte gedacht. Es ging um die Sache – Borussia Mönchengladbach. Und dennoch besitzt es eine enorme Außenwirkung – für Trainer im Allgemeinen und Adi Hütter im Besonderen.

Mönchengladbach bietet sicherlich nicht die höchsten Gehälter, aber für Trainer zum Beispiel einen Arbeitsplatz mit verlässlichen, klaren Strukturen und der Gewissheit, auch in einer sportlichen Krise mit echter Rückendeckung weiterarbeiten zu können.

Womöglich gab dieser aktuelle Beweis der fast schon traditionellen Verlässlichkeit der Gladbacher Verantwortlichen für Hütter den Ausschlag, von seinem am 28. Februar gegebenen Versprechen („Ich bleibe!“) zurückzutreten. Wenn es nur ums Geld gehen würde, hätte es sich gelohnt, dem Buhlen eines englischen Clubs zu folgen. Gladbach hat eine spannende Mannschaft, und es muss nicht gleich Ausdruck von Verwerflichkeit sein, wenn sich ein Trainer beim Zeitpunkt seines Wechsels auch daran orientiert, dass mit seinem derzeitigen Club so etwas wie der Höhepunkt erreicht ist.

Gehen, wenn es am Schönsten ist: Für die Verlassenen eine bittere Maxime. Die galt für den Österreicher aber auch schon bei seinem Engagement bei den Young Boys Bern. Die Trainer der Neuzeit sind lieber Herr der Entscheidungen, sichern auch mit Klauseln ihre Selbstbestimmung ab, nachdem sie jahrezehntelang nur – gut bezahlte – Spielbälle von Fußball-Managern waren.

„Die Entscheidung, zur neuen Saison ein neues Kapitel aufzuschlagen, habe ich mir nicht leichtgemacht“, sagte Hütter und schwärmte von „drei unglaublich erfolgreichen und intensiven Jahren“ in Frankfurt. Die Frankfurt-Fans werden die Qualifikation für die Champions League als vergiftetes Geschenk ansehen, aber der 51-Jährige verspricht: „Wir haben eine historische Chance. Alles, was für mich jetzt zählt, ist der Erfolg der Eintracht.“

Das reklamiert ebenso Max Eberl für sich, auch bei der Entscheidung pro Hütter. „Er ist für unsere Mannschaft und unseren Verein der beste Trainer für die ab dem Sommer vor uns liegenden Herausforderungen und Ziele.“ Dass dies aktuell auch für Marco Rose gilt, kann der 44-Jährige erneut am kommenden Samstag beweisen: im Heimspiel gegen – Trommelwirbel! – Eintracht Frankfurt.