Rottach-Egern : Max Eberl: „Josip ist kein Kruse-Klon“
Rottach-Egern In den vergangenen zwei Jahren war bei Borussia Mönchengladbach das Duo Raffael und Kruse die Erstbesetzung im Sturm. Max Kruse hat sich nun vorzeitig davongemacht, um beim VfL Wolfsburg annähernd das doppelte Gehalt einzustreichen. Der Fohlenelf bricht mit Kruse ein Spieler weg, der in seinen zwei Jahren 25 Pflichtspieltore erzielte.
Ersetzen soll ihn, zumindest nominell, Josip Drmic. Der 22-jährige Schweizer mit kroatischen Wurzeln kommt von Ligakonkurrent Bayer Leverkusen nach Mönchengladbach. „Josip ist kein Kruse-Klon“, sagt Sportdirektor Max Eberl. Während sich Kruse überall auf dem Platz tummelte und eher Spielgestalter denn klassischer Stürmer war, ist der Strafraum das Revier von Josip Drmic. „Ich bin auch nicht unbedingt ein typischer Mittelstürmer“, wiegelt Drmic ab. In die Schublade, dass seine Spielweise für den Fußball in Mönchengladbach zu eindimensional sei, will er sich nicht stecken lassen.
In Nürnberg, wo der Schweizer Nationalstürmer 17 Tore in 33 Spielen erzielt hat, „bin ich auch auf die Flügel ausgewichen und habe mir die Bälle geholt“, betont er. „Ich werde mich hier bei Borussia anpassen und hoffe, dass ich die Wünsche des Trainers auf dem Platz umsetzen kann.“
Am Samstag im Testspiel gegen Stades Rennes lief er als hängende Spitze auf. „Ich hatte viele Ballkontakte, das war in Ordnung“, sagte Drmic anschließend. Dass er mit dem Treffer zum 2:2-Endstand seinen Torriecher unter Beweis stellen konnte, „war gut fürs Selbstvertrauen“.
Die Integration von Drmic ist ohnehin keine Einbahnstraße. „Es ist ein Wechselspiel“, erklärt Max Eberl. „Josip muss sich natürlich an das gewöhnen, was hier verlangt wird. Andererseits müssen wir uns auch an Josip anpassen.“ Kollege Oscar Wendt, seit 2011 bei Borussia, weiß: „Jeder neue Spieler bringt andere Qualitäten mit ein. Wir als Mannschaft sind gefordert, die Stärke von Josip optimal zu nutzen.“
Im heute endenden Trainingslager am Tegernsee wurde deutlich, dass der beiderseitige Annäherungsprozess noch nicht ganz abgeschlossen ist. „Das ist zum jetzigen Zeitpunkt normal“, sagt Max Eberl, der von seinem Neuzugang überzeugt ist. „Es gab für unsere Ansprüche keinen Besseren auf dem Markt.“
Drmic ist also die vermeintlich erste Wahl, wenn es um die Besetzung der Position neben Raffael geht. Wie schon in der letzten Saison heißt die Alternative Branimir Hrgota. Der junge Schwede avancierte in der Hinrunde der vergangenen Saison mit seinen Toren zum „Mister Europacup“, spielte jedoch in der Rückrunde fast gar keine Rolle mehr.
Jetzt, wo die Karten neu gemischt werden, gibt sich „Branne“ kämpferisch: „Ich habe mich jedes Jahr weiterentwickelt und keine Angst vor den anderen Spielern hier. Ich kenne meine Stärken und konnte schon zeigen, dass ich die Qualität für die Bundesliga habe.“
Eine weitere Option für die zentrale Position im Angriff ist André Hahn. Der ehemalige Augsburger startete im letzten Jahr auf der Außenbahn durch, verlor jedoch in der Rückrunde seinen Stammplatz. Zieht man die Eindrücke aus Training und Testspielen heran, so wird Hahn künftig in der Spitze eingesetzt werden. Er ist zwar alles andere als der „typische Favre-Spieler“, doch er bringt Einsatz, Willen und eine körperliche Präsenz mit, auf die auch Favre nicht (immer) verzichten mag. Zudem ist Hahn als Kopfballspieler offensiv wie defensiv wichtig.
Daneben gibt es für Lucien Favre weitere Variationsmöglichkeiten. Neuzugang Lars Stindl kann auch als hängende Spitze spielen, der aktuell an einer Knochenhautentzündung an der Fußwurzel laborierende Thorgan Hazard ebenso. Nationalspieler Patrick Herrmann, eigentlich auf der Außenbahn beheimatet, könnte gleichfalls zentral eingesetzt werden.
„Noch ist es zu früh, darüber zu sprechen“, wiegelt Favre die Nachfragen nach seinem Personalpuzzle in der Offensive ab. „Drmic muss sich noch etwas adaptieren, insgesamt brauchen wir die richtige Bewegung bei Ballbesitz.“ Nach der Rückkehr vom Tegernsee hat Favre noch genau drei Wochen Zeit bis zum ersten Pflichtspiel im Pokal beim FC St. Pauli. „Dann werden wir bereit sein“, ist sich Favre sicher. Mit einer Offensive, die auch ohne Max Kruse funktioniert.