Mönchengladbach: Gladbach: Haben Raffael & Co. genügend Frische getankt?

Natürlich ist bei den Nationalspielern die Akku-Ladezeit beschränkt, aber davon sind Borussias Stammspieler nicht übermäßig betroffen. Max Kruses Einsatzzeiten für die Löw-Elf sind rein körperlich zu vernachlässigen, Reisestrapazen (Polen) ebenfalls. Obendrein kann ein Abstecher zur Eliteauswahl beflügeln und den Kopf vom Alltagsdasein zwischen Bundesliga und Europa League frei machen. So paradox es klingt, das könnte sogar und womöglich verstärkt für Christoph Kramer zutreffen, auch wenn der Marathonmann im Gladbacher Mittelfeld vom Bundestrainer mit einer Magen-Darm-Grippe vorzeitig nach Hause geschickt wurde. Der Aufsteiger fällt zwar für das Spiel am Samstag bei Hannover 96 aus. Doch trotz stabiler Leistungen drängte sich zuletzt auch schon mal der Eindruck auf, der „Weltmeister“ könnte eine mentale Pause nötig haben.

Sein gewachsener Status auch im Borussia-Team schien zuweilen mit einem gewachsenen Anspruch an sich selbst und seine Leistung einherzugehen. Das Laufwunder, zu dessen Stärken bis vor wenigen Monaten auch der klare und sichere Pass gehörte, versucht sich schon mal in einer Spielmacher-Rolle, die, wenn nicht grundsätzlich abwegig, so zumindest doch etwas zu belastend ist. Den Ball auf der Suche nach einem schwierig-kreativen Pass zu lange zu halten, ist ein Symptom dieser neuen Selbst-Forderung. Die Zwangspause kann also auch eine Chance sein, von einem derzeit noch überhöhten Führungsanspruch wieder runterzukommen.

Xhakas neue Stabilität

Kramers Mittelfeldpartner bekommt weder eine Pause noch würde diese an seinem Selbstverständnis etwas ändern. Granit Xhaka hat in dieser Saison endgültig zur fußballerischen Stabilität gefunden. Trotz Doppel-Einsatzes für die Schweizer „Nati“ kann es sich Favre nicht leisten, dem Kreativspieler eine Auszeit zu gönnen. Kramer-Ersatz Havard Nordtveit kann eine lenkende Funktion im Spielaufbau per se nicht übernehmen. Dem norwegischen Nationalspieler wird anders als Xhaka der Trip zur Landesauswahl eher genutzt als geschadet haben: Als überwiegender Bankdrücker bei Borussia war sein Akku gut gefüllt, die Länderspiele halfen Nordtveit sogar, in einen Rhythmus zu kommen, den ihm Favre in letzter Zeit nicht bieten konnte.

Für Norwegen spielte er zuletzt als Innenverteidiger. Diese Defensivqualitäten könnten ihm in Hannover zunutze werden. Die Norddeutschen liegen zwar „nur“ auf Rang acht, in der Heimtabelle (3) aber sogar vor Mönchengladbach (4). Alle fünf Tore haben sie bei ihren drei Heimsiegen erzielt und nur einen von acht Gegentreffern in der HDI-Arena kassiert.

Diese häusliche Stabilität ist eine Herausforderung für Favre und seine Borussia. Ihr 2:1-Torverhältnis in der Fremde zeugt nicht gerade von Angriffswucht, sondern eher ebenfalls von Stabilität und Risikoscheu. Doch am Samstag hat der Schweizer Trainer etliche Kandidaten, die frisch, weniger fromm aber frei Offensivakzente setzen könnten. Kruse ist wie erwähnt kaum geschlaucht zurück, Raffael hatte Zeit, sich an seine verlorene Höchstform anzunähern, André Hahn könnte nach der für ihn ungewohnten Beanspruchung die für seine Spielweise nötige Kraft zurückgewonnen haben.

Und dann ist da noch ein Rohdiamant, der von Lucien Favre immer mehr geschliffen und bald verstärkt funkeln wird: Thorgan Hazard. Belgiens Spieler des Jahres 2013 hat nach einer Eingewöhnungszeit die Qualität, Gladbachs „stürmisches“ Erfolgsduo-Duo Raffael/Kruse zu sprengen. Kurzfristig aber wird die Startelf-Chance des Leihspielers vom FC Chelsea eher auf der linken Außenbahn in Konkurrenz zu Ibrahima Traoré und Fabian Johnson liegen.

Voraussichtliche Aufstellung: Sommer - Korb, Stranzl, Jantschke, Dominguez - Hahn, Nordtveit, Xhaka, Hazard - Raffael, Kruse