Mönchengladbach : Gladbach bringt den Riesen zum Wanken
Mönchengladbach Einen Sieg konnte Borussia Mönchengladbach von vorneherein nicht schaffen: In puncto Ballbesitz ist Bayern München nicht zu schlagen. Und das versuchte Taktik-Fuchs Lucien Favre auch erst gar nicht. 34 zu 66 Prozent unterlagen Xhaka & Co. den Gästen in dieser Rubrik.
Doch mit einer hochkonzentrierten Abwehrleistung und überfallartigen Attacken brachte seine Elf die Übermannschaft nicht nur der Bundesliga ins Wanken. Und hatte sogar die Mehrzahl an hochkarätigen Torgelegenheiten. Aber der Riese fiel nicht. Selten aber war ein 0:0 im Borussia-Park so umjubelt wie an diesem Sonntagabend.
„Die Mannschaft wurde zu Recht gefeiert“, zeigte sich auch Max Eberl mehr als zufrieden. „In der zweiten Halbzeit ist den Bayern nicht mehr viel eingefallen. Ich bin nicht mal ein Prozent enttäuscht.“ Erst recht nicht damit, dass seine Mannschaft mit dem torlosen Remis Platz 2 verteidigte, punktgleich vor Wolfsburg und Hoffenheim. Ein Extra-Lob zollte Gladbachs Sportdirektor einem Nicht-Borussen. „Philipp Lahm ist ein Experte!“ Der Bayern-Kapitän hatte beeindruckt von der Leistung der Borussen prophezeit: „Gladbach wird sich oben festsetzen.“
Natürlich hatte Gladbachs Trainer nicht erst nach dem 5:0 in der Europa League gegen Limassol über den richtigen Weg gegrübelt, dem Deutschen Meister die erste Saison-Niederlage beizubringen. Das Spiel Borussia gegen Bayern ist schließlich auch das Duell ihrer beiden Trainer, Barca-Liebhaber Favre mit dem ehemaligen Barca-Trainer Pep Guardiola. Diesen Wettstreit vor den Augen von Millionen von TV-Zuschauern für sich zu entscheiden, ist dem Schweizer nicht viel weniger wert als drei Punkte.
Und die Gelegenheit schien günstig. Die Bayern kann man nur schlagen, wenn sie zu Beginn der Saison noch nicht im Rhythmus sind, oder Arjen Robben ausfällt. Ein Muskelproblem des Niederländers schien den Favre-Schülern in die Hände zu spielen, doch der Ausfall des grippeerkrankten Tony Jantschke nivellierte den scheinbaren Vorteil. Immerhin bereitete das Einrücken von Alvaro Dominguez, der zuletzt auf der Linksverteidiger-Position brilliert hatte, in die Abwehrzentrale den Gladbach-Anhängern nicht so viel Magendrücken — gegen Wirbelwind Robben hätte Oscar Wendt, der seine Stärken weniger in der Defensive hat, wohl wesentlich mehr Probleme bekommen als gegen Thomas Müller.
Die Dominanz des Tabellenführers tangierten diese Personalien allerdings nicht. Hyperstark trumpfte der Gast bis zur Pause auf. „Die erste Halbzeit haben wir absolut kontrolliert“, lobte Trainer Pep Guardiola.
Die Ball- und Kombinationsbeherrschung der Bayern war frappierend. Nur eine Mannschaft, deren defensive Struktur gefestigt ist, wird von diesem Pass-Stakkato nicht durcheinandergewirbelt. Borussia Mönchengladbach ist so eine Mannschaft. Die Übermacht der Münchner ging in dieser Phase zwar zu Lasten eigener Ballkon-trolle (nur 25 Prozent Ballbesitz). Aber sie rannten nicht wild hinter den überlegenen Bayern her, sondern verschoben diszipliniert und konzentriert. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Gastgeber, versuchen wir mitzuspielen, gehen wir unter. Lediglich Christoph Kramer vergaß in zwei, drei Szenen diese Demut und versuchte sich in vermeintlichen Weltmeister-Tricks, die prompt schiefgingen und Favre an der Linie toben ließen.
Die größte Chance — abgesehen von einem Alaba-Schuss, den Yann Sommer mit den Fingerspitzen an den Pfosten lenkte — aber besaß Max Kruse. Einen brillanten Pass von André Hahn versuchte er an Manuel Neuer vorbeizuspitzeln. Der Bayern-Keeper bekam gerade noch seine Hand an den Ball (34.).
Diese Szene war ein Versprechen für die zweite Hälfte. „Wir wollten mehr wagen“, beschrieb Favre den Plan. Und die Konter nahmen zu an Zahl und Qualität. Doch Manuel Neuer parierte gegen Hahn (52.), Herrmann (58.) und zwei Mal Raffael (67., 78.). „Er ist der Beste“, urteilte Guardiola lächelnd. Favres Urteil kam etwas gequälter. „Das 0:0 war okay.“
Für andere fühlte es sich sogar wie ein Sieg an...