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Mönchengladbach: Ex-Trainer Krauss wird 60: Größter Erfolg war Pokalsieg mit Gladbach

Mönchengladbach : Ex-Trainer Krauss wird 60: Größter Erfolg war Pokalsieg mit Gladbach

Am 24. Juni 1995 schaut die Welt nach Berlin: Der Künstler Christo und seine Frau Jeanne-Claude haben den Reichstag mit silberfarbenem Stoff verhüllt und versetzen die Betrachter in Staunen - doch für Borussia Mönchengladbach und den damaligen Fohlen-Trainer Bernd Krauss ist das Datum aus einem anderen Grund von besonderer Bedeutung. Gladbach gewinnt das DFB-Pokalfinale 3:0 gegen den damals aufstrebenden Zweitligisten VfL Wolfsburg.

Für Krauss geht mit dem Cupsieg gleich zu Beginn seiner Trainerlaufbahn ein Traum in Erfüllung. „Einen Pokal in Händen zu halten, ist überwältigend. Das war für mich wie ein kleines Sommermärchen”, sagt Krauss rückblickend. An diesem Montag (8. Mai) feiert der gebürtige Dortmunder seinen 60. Geburtstag - und die Borussia wartet weiter auf den ersten Titel seit 1995.

Die Chance, endlich wieder eine wichtige Trophäe zu gewinnen, hat der Fußball-Bundesligist vor wenigen Tagen durch das frustrierende Halbfinal-Aus im Elfmeterschießen gegen Eintracht Frankfurt verpasst. Dass er der Trainer ist, der mit der Borussia den bis dato letzten Titel gewann, erfüllt den Jubilar irgendwie mit Stolz. Auf der anderen Seite würde er sich über einen ähnlichen Triumph der Gladbacher freuen, fürchtet aber. „Eine solche Chancen kommt so schnell nicht wieder. Ich war gegen Frankfurt im Stadion. Das war extrem bitter.”

Zu Beginn seiner Trainerlaufbahn führt Krauss als erster Bundesliga-Coach die Vierer-Abwehrkette ein. Und er bringt den im Mittelmaß versunkenen Traditionsclub schrittweise wieder nach oben. „Wir spielten einen modernen Fußball. Schnell, einfallsreich, viel über die Flügel. Und Stefan Effenberg war unser Leitwolf.”

Selbst der FC Bayern profitiert vom Gladbacher Cup-Gewinn 1995, rutscht dadurch als Bundesliga-Sechster (!) noch in den UEFA-Cup. Manager Uli Hoeneß zeigt sich großzügig, schickt Weißbier und Weißwürste an den Niederrhein.

Jupp Heynckes, Gladbach-Coach in den 80er Jahren, hatte Krauss als Spieler 1983 von Rapid Wien losgeeist, wohin er als 20-Jähriger gewechselt war. 167 Mal trägt er das Fohlen-Trikot. Nach Ende der aktiven Zeit macht Krauss seinen Trainerschein in Köln. Vier Jahre ist er Chefcoach in Mönchengladbach, bevor er im September 1996 nach Differenzen mit Präsident Karl-Heinz Drygalsky zurücktritt.

Danach geht er zunächst ins Baskenland, wo er Real Sociedad San Sebastian trainiert. Dann folgt er dem Lockruf aus Dortmund. Der junge Michael Skibbe kann dort die hoch gesteckten Erwartungen nicht erfüllen. Doch auch Krauss scheitert, kommt mit dem sündhaft teuren Starensemble nicht zurecht und hält nur 67 Tage durch. Nach vier Unentschieden und sieben Niederlagen wird er beim BVB entlassen. „Ich hätte das Angebot nicht annehmen dürfen, war emotional zu sehr mit Dortmund verwachsen. Außerdem stimmte die Chemie nicht in der Mannschaft.” Der legendäre Udo Lattek übernimmt dann das Kommando, und rettet gemeinsam mit Matthias Sammer den BVB vor dem Absturz.

Krauss hat nach seiner unglücklichen Dortmunder Episode zwar finanziell weitgehend ausgesorgt, als Trainer ist er aber fortan nur noch im Ausland gefragt. Es folgt eine Odyssee über Mallorca, Aris Thessaloniki, Wacker Mödling, Damash Gilan (Iran), Baniyas (Vereinigte Arabisch Emirate), CD Teneriffa, Schwadorf (Österreich) und Sportive du Sahel (Tunesien). „In mir hat immer das Feuer gebrannt, aber in Deutschland war ich als Trainer nicht mehr erwünscht. Mein Ruf hatte schwer gelitten. Ich habe vergeblich auf einen Anruf gewartet. Manchmal hatte ich das Gefühl, mir fällt die Decke auf den Kopf.”

Doch Krauss hat die schwierigen Phasen des Lebens gut gemeistert. Seinen Dortmund-Crash und die Folgen sieht er längst mit der Gelassenheit eines Sechzigers in spe. Heute ist er als Scout im Auftrag einer Sportmanagement-Agentur (Coaches & More) viel unterwegs, beobachtet Fußball-Talente und ist zufrieden. Sein größtes Match vor 22 Jahren, als der Reichstag verhüllt war, wird er nicht vergessen.

ZUR PERSON: Bernd Krauss ist in Dortmund geboren. Er ist verheiratet mit Andrea. Aus erster Ehe hat er zwei Söhne (37 und 35 Jahre). Als Aktiver begann er in der Jugend beim SV Schüren (1971-1976). Dann wechselte der Abwehrspieler zu Borussia Dortmund (ein Spiel), bevor er von 1977 an sechs Jahre für Rapid Wien spielte. Krauss wurde österreichischer Staatsbürger und bestritt 22 Länderspiele für das Nachbarland. Seine beste Zeit als Profi hatte er bei Borussia Mönchengladbach (1983-1990), wo er auch als Trainer Erfolge feierte. 1995 führte er die Fohlen zum DFB-Pokalsieg. Insgesamt stand Krauss als Coach bis 2012 bei 13 Vereinen unter Vertrag.

(dpa)