Gladbachs Trainer Marco Rose : „Es geht ja nicht nur um uns“
Interview Mönchengladbach In Zeiten der Pandemie erinnert Mönchengladbachs Trainer Rose daran, dass nicht nur der Sport betroffen ist. Bei Borussia gehe man sehr verantwortungsvoll mit der Situation um. Doch jetzt beginnen auch die internationalen Spiele in der Champions League.
Marco Rose ist gespannt auf das, was da noch kommt. Mit der Bundesligapartie am Samstag gegen den VfL Wolfsburg (20.30 Uhr/DAZN) beginnt ein Spiele-Marathon, der ihm und seinem Team bis kurz vor Weihnachten eine Menge abverlangen wird. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur spricht er über seine Champions-League-Premiere und die schwierigen Corona-Zeiten.
Nächste Woche beginnt die Champions League. Für Sie eine Premiere. Ist die Freude durch die anhaltende Pandemie getrübt?
Marco Rose: Ja natürlich, weil wir auch sehen, dass es im Moment keine Chance auf die Rückkehr vieler Zuschauer gibt. Das ist dann schon eine andere Nummer. Dennoch müssen wir die Aufgaben annehmen und unseren Fans dann vor dem Fernseher Freude bereiten. Auch wenn einige damit hadern, wir versuchen schon den positiven Ansatz zu finden.
Borussia ist bislang gut durch die Krise gekommen, spielt da auch Zusammenhalt und Verantwortungsbewusstsein eine große Rolle?
Rose: Ja, wir müssen gemeinsame Lösungen finden und die Nerven behalten. Man muss im Moment oft von Tag zu Tag sehen. Die Gesellschaft versucht, eine gute Balance aus Sicherheit, dem Erhalt der Wirtschaft und des normalen Lebens zu finden. Wir sensibilisieren die Spieler immer wieder auch in der Zusammenarbeit mit der medizinischen Abteilung. Wir haben den Eindruck, dass unsere Jungs sehr verantwortungsvoll und mit der gebotenen Vorsicht damit umgehen. Aber auch uns trifft es, wir hatten auch schon Fälle. Aber wir versuchen, so unaufgeregt wie möglich damit umzugehen.
Befürchten Sie nach Ende der Testphase eine erneute Zwangspause, oder glauben Sie, dass das Hygienekonzept zumindest den Spielbetrieb weiterhin zulässt?
Rose: Es geht ja nicht nur um uns. Es geht um das große Ganze und viele Hygienekonzepte in der Kultur, in der täglichen Arbeit und um das normale Leben. Wir sollten alles dafür tun, einen neuerlichen Lockdown zu vermeiden, für mich ist das keine Option. Wir alle müssen verantwortungsvoll mit der Situation umgehen und eben auf einige Dinge verzichten.
Wie hat sich Ihre Arbeit in der Zeit verändert?
Rose: Eher weniger. Es fallen einige Medientermine weg und man merkt natürlich, dass soziale Kontakte fehlen. Eine Zeit lang geht das, aber es ist schon wichtig sich auch Auge in Auge gegenüberzusitzen und zu reden. Auch beim Training waren weniger Zuschauer, das merkt man natürlich. Es wäre schön, wenn wir wieder mehr Kontakte zu Fans haben und auch Autogramme schreiben könnten.
Ihre Champions-League-Premiere ist mit einem kleinen Jubiläum verbunden. Es wird Ihr 50. internationales Spiel als Trainer sein? Ist das etwas Besonderes für Sie?
Rose: Die Zahl ist nicht so wichtig, mehr die Erlebnisse und Erfolge, die damit verbunden sind.
Ist die Mannschaft bereit für die Champions League?
Rose: Wir haben uns gut vorbereitet und uns eine ordentliche Form erarbeitet. Wir sind bereit, aber wir vermissen auch noch einige Spieler. Das wird eine intensive Zeit und wir wissen, dass wir auch Ergebnisse benötigen, um da mit einem guten Gefühl durchzugehen.
Wie ist die personelle Situation?
Rose: Denis Zakaria hatte eine OP am Knie und solche Dinge benötigen auch Zeit. Er ist in einer Teilintegration, da müssen wir von Woche zu Woche schauen. Ich kann da keine Prognose abgeben. Valentino Lazaro kommt zurück, Laszlo Benes ist auf einem guten Weg, Breel Embolo haben wir bereits integriert.
Sie haben eine schöne, schwere Gruppe erwischt. Wie wichtig sind Gegner wie Real oder Inter für die Entwicklung der Mannschaft?
Rose: Wenn wir uns richtig gut entwickeln wollen, brauchen wir auch einige positive Ergebnisse. Daraus ziehst du am meisten. Nachhaltige Entwicklung entsteht durch Erfolgserlebnisse. Vor dem Ergebnis steht immer eine Leistung und wenn die gut ist, dann wirst du auch häufig belohnt. Wenn wir das schaffen, hätten wir einen großen Schritt gemacht. Wir haben uns schon eine Menge erarbeitet und stehen natürlich auch für eine gewisse Art von Fußball.
Inter Mailand verbindet man in Mönchengladbach mit einem ganz besonderen Spiel. Wann haben Sie erstmals von diesem aus der Statistik gelöschten 7:1 und dem Büchsenwurf erstmals gehört.
Rose: Ich hatte davon gehört, bevor ich bei Borussia angefangen habe. Und nach der Auslosung war das natürlich ein Thema.
Dass man diese Coladose jetzt fast 50 Jahre später im Borussen-Museum betrachten kann, ist auch ein Stück der großen Tradition dieses Clubs?
Rose: Das ist Tradition, dass man sich solche Erlebnisse von früher erzählt. Aber ganz genau kenne ich die ganze Geschichte ehrlich gesagt gar nicht.
Real ist ein Traumlos für alle: Trainer, Spieler, Zuschauer. Wahrscheinlich noch mehr für ihre Franzosen im Team, weil es gegen Zinedine Zidane geht?
Rose: Ich weiß gar nicht, ob die Jungs bei der Auslosung direkt an Zidane gedacht haben. Ich glaube Marcus Thuram hat vielleicht eher daran gedacht, dass ihm Sergio Ramos über den Weg laufen wird, als daran, dass sein Vater mit Zidane 1998 Weltmeister geworden ist. Aber das ist schon ein tolles Los. Ein Weltklasseverein mit großer Strahlkraft. Wir wissen allerdings auch, dass wir nicht einmal im Bernabeu-Stadion spielen, sondern im kleinen Trainingsstadion. Das schmälert das Ereignis schon ein wenig. Am Ende spielen aber ja dennoch Kroos, Benzema und Ramos.
Wen halten Sie für den stärksten Gruppengegner?
Rose: Das kann ich so gar nicht sagen. Vom System her erwarten wir Inter sicher eher mit einer Dreier-Abwehrreihe, Real und Donezk mit Viererkette. Inter spielt ein flexibles Pressing, Real wird sehr auf Kontrolle und individuelle Qualität setzen und Schachtjor ist ein Team mit guten Fußballern, vielen Brasilianern, das gut verteidigt und umschaltet. Jedes Spiel wird eine Herausforderung für uns.
Alle Positionen in ihrem Team sind auf den ersten Blick doppelt besetzt, aber eigentlich sogar dreifach, weil viele Spieler verschiedene Positionen besetzen können. Ein Vorteil?
Rose: Ja, gerade wenn wir so viele Spiele haben wie jetzt. Es ist immer gut, wenn du mehrere polyvalente Spieler hast. Das erleichtert es in der einen oder anderen Situation, auch wenn wir zwischen den Grundordnungen wechseln.
Ist der vielseitige Spieler zukünftig noch mehr gefragt als der Spezialist?
Rose: Das glaube ich nicht. Man braucht immer Spezialisten, einen Mittelstürmer wie Lewandowski oder einen Flügelstürmer wie Mbappé. Die Mischung machts es.
Ein prominenter Spieler auf dem Transfermarkt war Mario Götze? Haben Sie mal über ihn nachgedacht?
Rose: Ich schätze ihn als Typ und als Fußballer. Ich habe großen Respekt vor seiner bisherigen Lebensleistung. Er hat sich auch in schwierigen Situationen immer gut verhalten. Aber wir haben auf seiner Position nicht gesucht, deshalb war er für uns auch kein Thema. Er hat sich aus seinem gefühl heraus für eine Aufgabe entschieden, die er jetzt mit voller Überzeugung macht. Das spricht auch für ihn als Typ.
Die vielen Länderspiele und die Berufung von Spielern aus dem zweiten Glied haben für Kritik gesorgt. Wie sehen Sie die Problematik?
Rose:Zunächst einmal sind wir natürlich stolz darauf, dass wir so viele Nationalspieler haben. Am Dienstag haben auch einige gegeneinander gespielt. Grundsätzlich haben wir irgendwann gesagt, dass wir wieder spielen wollen. Da wäre es kontraproduktiv, wenn wir uns nun bei der Nationalmannschaft querstellen. Die Situation ist nicht einfach. Wir sollten versuchen, so gut wie möglich zusammenzuarbeiten. Ich finde der Bundestrainer macht es sehr gut. Es geht ja jetzt nicht darum, dass sich eine Mannschaft für die EM einspielt, sondern die Jungs gesund und bestmöglich durch diese Phase zu bringen. Da findet der Bundestrainer eine gute Mischung von Spielern. Ich verstehen seinen Ansatz.