Mönchengladbach : Dieter Hecking: Erst der „Tauchurlaub“, dann die Strukturarbeit
Mönchengladbach Manche Glücksfälle zeigen ihre ganze Strahlkraft erst im Konjunktiv: Wen hätte Borussia Mönchengladbach zum Schubert-Nachfolger erkoren, wenn nicht Dieter Hecking parat gestanden hätte? Wem hätte der ambitionierte Tabellenvierzehnte sonst noch zugetraut, die Saison für den Verein noch halbwegs befriedigend enden zu lassen?
Die Krise beim VfL Wolfsburg und der Rauswurf seines Trainers ermöglichte erst, Hecking als sportlichen Krisenmanager für Borussia zu engagieren.
Man muss nicht naiv oder romantisch veranlagt sein, um zumindest die Voraussetzungen zu sehen, dass sich zwei getroffen haben, die zueinander passen. Noch einen sozial nur schwer ertragbaren Fußballlehrer hätte womöglich auch den langmütigen Sportdirektor überfordert. Max Eberl wäre auch auf keinen Fall noch einmal ein Abenteuer mit einem Nachwuchs-Trainer (in zweifacher Hinsicht) eingegangen. Zweimal Risiko hintereinander verbot sich.
Auf Seiten von Hecking werden finanzielle Erwägungen für die Liaison nicht vordergründig gewesen sein. Der Rausschmiss beim VW-Klub wurde vertragsgemäß mit einem süßen Finanzpolster abgefedert. Damit kann man auch mal leichter akzeptieren, bei einem unsubventionierten Verein wesentlich weniger zu verdienen.
Und bereits das erste Beschnuppern der Verantwortlichen löste Optimismus und Wohlbehagen aus. Offiziell vorgestellt wird Hecking erst am 4. Januar. Fast gelöst aber schaut Eberl bereits jetzt nach vorn: „Wir wollen uns auf das Positive im kommenden Jahr freuen.“
DFB-Pokal, Europa League und Bundesligaklettertour nach oben: Der neue Trainer fühlt sich diesem Aufgabenfeld gewachsen. „Ich habe aus der Ferne beobachtet, dass Borussia immer mit realistischen Zielen arbeitet. Im Verein weiß man, was machbar ist. Und die Fans in Mönchengladbach können das gut einschätzen“, erklärte er im Interview mit Borussia.
Auch der Titeltraum des Sportdirektors ist für Dieter Hecking keine Utopie. „Wer einmal wie ich in Berlin war, den Pokal hochgehalten hat und jetzt die Möglichkeit hat, es wieder zu schaffen, möchte das wieder erreichen.“ Fürs Kerngeschäft Bundesliga und die Bonbons auf nationaler und europäischer Ebene wird Max Eberl versuchen, ihm einen fußballerischen Helfer an die Seite zu stellen.
Der avisierte Abwehrspieler mit Routine und Führungsqualitäten könnte neben dem Trainer einen Beitrag leisten bei der großen Aufgabe: mehr Struktur. Sollte der „schwierige“ Deal klappen, hätte Hecking eine Option zur Lösung des zentralen Problems — im defensiven Mittelfeld. Durch den neuen Innenverteidiger könnte Andreas Christensen der sensiblen Zone vor der Abwehr mehr Sicherheit verleihen.
Die Aufgabenmappe des 52-Jährigen ist prall gefüllt: „Ich habe jetzt ein paar Hausaufgaben für die Weihnachtstage. Ich werde jetzt tiefer in die Materie eintauchen“, verkündete Hecking. Sein „Tauchurlaub“ ist notwendig, vor einem Tiefenkoller aber ist er bestens geschützt — er ist Westfale.