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Fußball und Corona: Die echten Fans kehren zurück

Fußball und Corona : Die echten Fans kehren zurück

Mittlerweile dürfen in einigen Bundesländern wieder Zuschauer in die Fußballstadien. Günther von Fricken war am Samstag in Mönchengladbach dabei und schildert seine Eindrücke.

Mehr als 12.000 Pappfiguren bildeten bei den letzten Rückrunden-Heim-„Geisterspielen“ von Borussia Mönchengladbach die Kulisse im Borussia-Park, um zumindest so etwas wie Stadion-Atmosphäre zu schaffen. Einige, dafür aber echte, Zuschauer weniger waren am Samstag beim ersten Heimspiel der neuen Saison live mit dabei, als die Fohlen gegen Union Berlin antraten. Exakt 10.383 Fans hatten sich ein Ticket gekauft, nachdem die Politik eine Auslastung des Stadions von 20 Prozent erlaubt hatte. 10.804 Zuschauer hätten demnach kommen dürfen, doch vier Prozent der Plätze blieben leer.

Für mich persönlich auf den ersten Blick überraschend, denn nach Bekanntgabe des Vorverkaufsstarts, der zunächst Dauerkartenbesitzern und Vereinsmitgliedern ein Vorkaufsrecht einräumte, hatte ich eher nicht damit gerechnet, noch Tickets im freien Verkauf erwerben zu können. Doch offenbar fehlt bei einer Stadion-Auslastung von 20 Prozent vielen Fans das Gemeinschaftsgefühl eines vollen Stadions oder auch die Möglichkeit, beim Spiel mit der Familie oder Freunden zusammen zu sitzen. Denn verkauft wurden nur einzelne Plätze mit entsprechendem Corona-Sicherheitsabstand zum nächsten Platz. Klare Rahmenbedingungen, die zudem personalisierte Tickets und weitere Einschränkungen, Maßnahmen und Regelungen beinhalteten, die von allen Fans unbedingt zu beachten waren. Wobei – anders als in einigen Bundesliga-Stadien am ersten Spieltag – in Mönchengladbach die Maßnahmen noch verschärft wurden, denn am Mittwoch wurde eine Maskenpflicht im gesamten Stadion und damit auch auf den Sitzplätzen (Stehplätze waren nicht erlaubt) bekannt gegeben. Eine Maßnahme, die mir beim Ticketkauf noch nicht bekannt war, und zunächst auch wenig Freude hervorrief. Doch klar ist: Wer ins Stadion kommt, muss sich zu Corona-Zeiten an die Bedingungen halten und weil die Temperaturen nicht mehr sommerlich, sondern eher kühl waren, war die Maske am Ende auch weniger störend als gedacht.

Der Bitte der Borussia, frühzeitig ins Stadion zu kommen, waren viele Zuschauer gefolgt, von der staufreien Anreise über die Parkplatzsuche (alle Parkplätze waren geöffnet, es stand viel Parkraum zur Verfügung) verlief alles sehr entspannt. Am Eingang, bei gleicher Ordnerzahl wie bei sonstigen Heimspielen und es waren alle Stadion-Eingänge geöffnet, wurde von den Ordnungskräften geprüft, ob der Name auf dem Ticket mit dem Personalausweis übereinstimmte, auch hier, alles entspannt und stressfrei und von den Fans sehr verständnisvoll aufgenommen. Kein Gedränge, tatsächlich Sicherheitsabstand. Alles corona-gerecht.

Dann der Weg hin zum Sitzplatz und eine erste Warteschlange. Allerdings standen die Zuschauer hier für Speisen und Getränke an und die Warteschlange sah eigentlich nur so lang aus, weil auch hier alle Zuschauer auf Abstand zum Nächsten bedacht waren. Häufige Stadiondurchsagen zu den Sicherheitsbedingungen waren wohl unvermeidbar, fanden aber auch die nötige Beachtung bei den Fans. Allen Skeptikern, die sich gegen eine Öffnung der Bundesliga-Stadien ausgesprochen hatten, zum Trotze – das war bestens organisiert und von den Zuschauern gut umgesetzt, die sich natürlich darauf freuten, endlich wieder den Spielern applaudieren und zujubeln zu dürfen. Das merkte man schnell, als die ersten Akteure zum Warmlaufen den Platz betraten. Natürlich war es schon komisch, sich mit dem Sohn, mit dem man zusammen zum Stadion gekommen war, über drei Plätze hinweg zu unterhalten. Aber alle nicht verkauften Plätze waren abgeklebt und eine klare Platzordnung vorgegeben. Wobei man allerdings die Frage in den Raum stellen darf, warum im Sponsorenbereich vier Zuschauer direkt nebeneinander Platz nehmen durften.

 Günther von Fricken war einer der Zuschauer bei der Partie Borussia Mönchengladbach gegen Union Berlin. Ein Erlebnisbericht.
Günther von Fricken war einer der Zuschauer bei der Partie Borussia Mönchengladbach gegen Union Berlin. Ein Erlebnisbericht. Foto: Günther von Fricken

Ungewohnt kurz vor Spielbeginn die Stadion-Hymne, denn hier erklang wieder „Die Elf vom Niederrhein“, nachdem die eigentliche, aktuelle Fanhymne „Die Seele brennt“ aus Copyrightgründen verboten worden war. Der Stimmung tat das keinen Abbruch, eher im Gegenteil, denn die Fans lieben es, „Die Elf vom Niederrhein“ zu singen, was trotz Masken deutlich hörbar war. Apropos Stimmung: Die war trotz der reduzierten Kulisse zunächst seht gut, immer wieder gab es Fan-Gesänge, Anfeuerungen und Trommeln aus allen Bereichen des Stadions. Mit zunehmender Spieldauer wurde es allerdings phasenweise stiller, es herrschte schon ein wenig Enttäuschung und Tristesse, weil das Spiel der Fohlen wohl zu den schlechtesten Leistungen unter Trainer Rose zählt. Am Ende nur ein 1:1 und es dauerte eine Zeit, ehe sich die Spieler überlegten, noch in die Fankurve zu gehen. Da hatten aber schon viele Zuschauer das Stadion – übrigens auch hier mit Abstand und sehr geordnet – das Stadion verlassen und nur wenige nutzten das Angebot der Borussia, auf der Leinwand die Zusammenfassung der anderen Ligaspiele zu schauen, damit das Stadion koordiniert verlassen werden kann.

Mein Fazit: Der Stadionbesuch war ein guter Schritt zurück in die richtige Richtung auf dem Weg zur Normalität und die Fans haben allen Kritikern gezeigt: Es kann funktionieren. Das sieht auch ein Fußballfan, der aus Gangelt gekommen war, so, der mir nach dem Spiel sagte: „Fußball live ist und bleibt immer was Besonderes, ich persönlich war gerne im Stadion und würde auch wiederkommen. Ich kann aber auch die verstehen, die sagen, ganz oder gar nicht und mir wäre auch lieber, wir hätten Corona schon hinter uns und die Stadion wären wieder voll.“ Dem kann ich nur komplett zustimmen. Die Verantwortlichen der Borussia werden ebenfalls aus der Premiere des Bundesliga-Restarts mit Zuschauern ihre Lehren und Erfahrungen ziehen und schauen, was noch verbessert werden kann, damit beim nächsten Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg alle möglichen Tickets auch verkauft werden. Doch zunächst einmal heißt es für die Borussia zum Derby beim 1. FC Köln zu reisen. Dann am nächsten Samstag aber ohne jegliche Unterstützung eigener Fans...